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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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die­ser Kopf aber hat­te kein mensch­li­ches Aus­se­hen mehr, es war das ei­nes Un­ge­tüms mit weit vor­ste­hen­den furcht­ba­ren Zäh­nen und mit feu­ri­gen Au­gen, die wie Irr­lich­ter durch den un­heim­li­chen, das Ge­mach er­fül­len­den Ne­bel leuch­te­ten.
    Ana­to­le, der plötz­lich nüch­tern ge­wor­den, stand einen Au­gen­blick stumm, mit ge­sträub­tem Haar und von Ent­set­zen über­wäl­tigt da.
    Der Geist aber streck­te sei­ne lei­chen­far­be­nen, mit lan­gen Fühl­fä­den ver­se­he­nen Hän­de dro­hend nach ihm aus.
    Ana­to­le, der sich von ei­nem na­men­lo­sen Grau­en er­füllt fühl­te, schrie laut auf vor Furcht und ver­such­te so schnell wie mög­lich den Aus­gang zu ge­win­nen.
    Er prall­te ge­gen den Ka­min, ver­letz­te dann sei­ne Schul­ter an der Ecke des Bü­fetts und sprang, da er die Tü­re nicht fin­den konn­te, end­lich durch das Fens­ter. Auf die­se Wei­se ge­lang es ihm ja ziem­lich schnell, die Stra­ße zu er­rei­chen, wo er je­doch ohn­mäch­tig lie­gen blieb. Er kam mit ei­nem Schen­kel­bruch und ver­schie­de­nen erns­ten Kon­tu­sio­nen da­von.
    »Wenn ich be­den­ke«, mur­mel­te der Geist des al­ten Herrn, der wie­der sei­ne ur­sprüng­li­che Ge­stalt an­ge­nom­men hat­te, »wenn ich be­den­ke, daß man doch im­mer wie­der zu die­sen ab­ge­dro­sche­nen al­ten Far­cen zu­rück­grei­fen muß! Da­bei wird be­haup­tet, die Men­schen sei­en skep­tisch ge­wor­den!«

Die Klein­odi­en des Tor­men­to von
Paul Busson
     
     
    Der ös­ter­rei­chi­sche Schrift­stel­ler Paul Bus­son, 1873 in Inns­bruck ge­bo­ren und 1924 in Wi­en ge­stor­ben, war Of­fi­zier, dann Re­dak­teur. Er schrieb Ge­dich­te, No­vel­len, Ro­ma­ne so­wie Jagd- und Tier­ge­schich­ten. Ei­ne ech­te Trou­vail­le ist sei­ne fan­tas­ti­sche Ge­schich­te ›Die Klein­odi­en von Tor­men­to‹, die 1905 in der ös­ter­rei­chi­schen Rund­schau er­schi­en.
     
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    Mit ei­nem hef­ti­gen Ruck hielt die Drosch­ke vor ei­nem großen, vor­neh­men Hau­se. Der jun­ge Arzt stieg ei­lig aus und lief am Por­tier vor­bei die brei­te Trep­pe hin­auf. Im ers­ten Stock, in der halb­ge­öff­ne­ten Woh­nungs­tü­re, war­te­te der Die­ner, der ihn so­eben te­le­fo­nisch aus dem Kaf­fee­haus ge­ru­fen hat­te. Auf dem klei­nen Mes­sing­schild stand der Na­me: Je­ro­me Ker­dac.
    Der Die­ner schloß so­fort die Tü­re hin­ter dem Ein­ge­tre­te­nen, nahm ihm Hut und Man­tel ab und schob ihn mit zit­tern­den Hän­den in ein großes, halb­dunkles Zim­mer; der He­bel klapp­te – hel­les Licht strahl­te von ei­nem ve­ne­zia­ni­schen Glas­lüs­ter aus.
    Dr. Klaar schritt auf das brei­te Bett zu, in dem der Kran­ke lag. Im Licht kreis­te noch ei­ne dün­ne Wol­ke bläu­li­chen Pul­ver­damp­fes. Es roch nach ver­seng­tem Lei­nen. Des Dok­tors Fuß stieß an einen har­ten Ge­gen­stand – es war der Re­vol­ver, mit dem Ker­dac sich an­ge­schos­sen hat­te.
    Der Mann im Bett hielt die Au­gen ge­schlos­sen. Sein wei­ßes Ge­sicht war ma­ger und un­be­weg­lich, und er at­me­te ganz schwach. Der Arzt beug­te sich über ihn und hob die em­por­ge­zo­ge­ne Bett­de­cke. Un­ter der lin­ken Brust war der Re­vol­ver an­ge­setzt wor­den. Ein run­des, klei­nes Loch mit dunklen Rän­dern, ein paar fei­ne Blut­sprit­zer auf dem Hemd ne­ben den ver­kohl­ten Stel­len, die den Ku­gel­riß im Hemd um­ga­ben, das war al­les. Vor­sich­tig glitt des Arz­tes Hand über den Rücken des Be­wußt­lo­sen. Die Ku­gel be­fand sich noch im Kör­per. Das Herz schi­en ver­letzt zu sein. Viel war je­den­falls nicht mehr zu ma­chen.
    Dr. Klaar ließ sich noch ein­mal kurz in­for­mie­ren. Der Die­ner sprach schlu­ckend und stot­ternd; er hat­te sich von sei­nem Schreck of­fen­bar noch nicht er­holt. Sein Herr sei schon seit ei­ni­ger Zeit hoch­gra­dig ner­vös und me­lan­cho­lisch ge­we­sen; oh­ne ei­gent­lich krank zu sein, woll­te er oft wo­chen­lang das Bett nicht ver­las­sen, auch ha­be er Ta­ge hin­durch kei­ne Nah­rung zu sich ge­nom­men. Manch­mal hät­te er, wie es schi­en, Fie­ber ge­habt, ir­re ge­re­det und Schreck­bil­der ge­se­hen, die ihn be­droh­ten. Be­son­ders

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