Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
Vom Netzwerk:
noch das Pech zu ver­fol­gen – zwei Näch­te lang lag dich­ter Ne­bel über der Stadt, in der wir ge­ra­de spiel­ten, die Grip­pe gras­sier­te, und Har­vey Wil­kins Sha­ke­s­pea­re-Com­pa­ny war uns zwei Wo­chen vor­aus. Als wir in der nächs­ten Stadt spiel­ten, stell­te sich her­aus, daß der Vor­ver­kauf sehr zäh an­lief, kein Wun­der, mein Na­me war dort un­be­kannt, und das Thea­ter er­freu­te sich kei­ner großen Be­liebt­heit. Mir wur­de klar, daß ich die Trup­pe aus­be­zah­len muß­te, so­lan­ge über­haupt noch et­was Geld in der Kas­se war, da­mit mei­ne Schau­spie­ler nach Hau­se fah­ren konn­ten. In die­ser Nacht er­wi­sch­te ich Props beim Sau­fen, aber ich hat­te nicht das Herz, ihm des­we­gen Vor­wür­fe zu ma­chen – in der Tat glaub­te ich nicht, daß ich da­mals ir­gend je­man­den hät­te ta­deln kön­nen, mich selbst na­tür­lich aus­ge­nom­men, wenn er sich an die­sem Abend einen Rausch an­ge­trun­ken hät­te. Aber dann ka­men wäh­rend der Vor­stel­lung die Schau­spie­ler und Büh­nen­ar­bei­ter, die mit uns reis­ten, von sich aus zu mir in die Gar­de­ro­be und sag­ten, sie wür­den für wei­te­re zwei Wo­chen gern oh­ne Ga­ge ar­bei­ten, wenn ich der Mei­nung sei, daß wir auf die­se Wei­se un­se­re Ver­lus­te wie­der ein­spie­len könn­ten. Nun ja, ich nahm ihr An­ge­bot selbst­ver­ständ­lich an. Dann be­ka­men wir präch­ti­ges Wet­ter und fan­den ein paar Or­te, die nach Sha­ke­s­pea­re ge­ra­de­zu hun­ger­ten. Die Din­ge rück­ten wie­der ins rech­te Lot, und noch vor En­de der Spiel­zeit konn­te ich die fäl­li­gen Ga­gen aus­be­zah­len. Spä­ter ent­deck­te ich, daß Props sie zu die­sem Schritt über­re­det hat­te.«
    Gil­bert Us­her blick­te mich aus feuch­ten Au­gen an, sei­ne Lip­pen zuck­ten: »Al­lein hät­te ich es nie­mals ge­schafft, denn mei­ne Trup­pe war in die­ser ers­ten Sai­son noch ziem­lich un­po­pu­lär. Au­ßer­dem hat­te ich die Schau­spie­ler viel zu hart an­ge­faßt und war un­fä­hig ge­we­sen, mei­nen Sar­kas­mus zu zü­geln. Auch hat­te ich da­mals noch nicht ge­lernt, je­man­den um Hil­fe zu bit ten, als ich Hil­fe drin­gend nö­tig hat­te. Aber Bil­ly Simp­son tat, was in sei­ner Macht stand, ob­wohl er da­zu all sei­nen Mut zu­sam­men­neh­men muß­te. Sie wis­sen ja, daß er ge­wöhn­lich recht flink mit der Zun­ge ist, vor al­lem, wenn er freund­li­che Zu­hö­rer hat. Aber wenn ihm et­was Au­ßer­or­dent­li­ches ab­ver­langt wird, muß er sich of­fen­sicht­lich erst Mut antrin­ken. Ich fra­ge mich …«
    Sei­ne Stim­me ver­stumm­te, er stell­te sich vor den Spie­gel, band sei­ne Kra­wat­te ab und sag­te brüsk: »Es ist bes­ser, Sie zie­hen sich jetzt um, Bru­ce. Und küm­mern Sie sich bit­te um Gu­thrie.«
    Als ich die Ei­sen­stu­fen zu mei­ner Gar­de­ro­be hin­auf­eil­te und da­bei fast mit Ro­bert Den­nis zu­sam­men­ge­sto­ßen wä­re, schos­sen mir selt­sa­me Ge­dan­ken durch den Kopf. Kaum hat­te ich mich in das Ko­stüm des Gül­dens­tern ge­wor­fen, als Ro­bert zu mir kam, der den Laer­tes spiel­te und des­halb spä­ter auf­trat. Wenn Ham­let auf dem Spiel­plan stand, brauch­te er sich nicht be­son­ders zu be­ei­len. Im üb­ri­gen lag uns bei­den dar­an, so we­nig Zeit wie mög­lich in der Gar­de­ro­be zu ver­brin­gen.
    Be­vor ich wie­der hin­un­ter­ging, sah ich noch ein­mal nach Gu­thrie Boyd, den ich je­doch nicht an­traf. Aber in sei­ner Gar­de­ro­be brann­te Licht, und ich konn­te dar­in nichts be­mer­ken, was zum Ko­stüm des Geis­tes ge­hör­te – un­mög­lich, den großen Helm zu über­se­hen! –, und so nahm ich an, daß er schon vor mir hin­un­ter­ge­gan­gen war.
    Nur noch ei­ne hal­be Stun­de. Der Vor­hang war noch zu, aber im Zu­schau­er­raum brann­ten schon die Lich­ter, und auch die Büh­ne war jetzt hel­ler be­leuch­tet. Von der Trup­pe war kaum je­mand zu se­hen. Ich ent­deck­te Props, der auf sei­nem Stuhl hin­ter dem Re­qui­si­ten­tisch saß und ge­nau­so aus­sah wie im­mer – viel­leicht be­deu­te­te der Drink nur ei­ne vor­über­ge­hen­de Ent­glei­sung und nicht gleich­zei­tig ein alar­mie­ren­des Kri­sen­sym­ptom un­se­rer Trup­pe.
    Nach

Weitere Kostenlose Bücher