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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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iri­schen Whis­ky sau­fend, an­ge­tan mit ei­nem Win­ter­man­tel, in der Hand al­te Waf­fen und auf dem Helm ein grü­nes Licht, das einen geis­ter­haf­ten Schim­mer auf sein Ge­sicht warf.
    Jen­seits der Ram­pe ver­klang die Ou­ver­tü­re in ei­nem düs­te­ren Fi­na­le. Die Büh­ne war voll­kom­men dun­kel. Auf der Sei­te, wo der Geist auf- und ab­tritt, stritt man sich flüs­ternd. Noch im Hut und Man­tel rann­te ich quer über die Büh­ne, vor­bei an den matt­blau an­ge­strahl­ten Zin­nen von Hel­sin­gör, und traf auf den Prin­zi­pal, ne­ben dem Joe Ru­bens und John Mc­Car­thy stan­den. Letz­te­rer war of­fen­sicht­lich be­reit, als Geist auf der Büh­ne auf­zu­tre­ten, denn er trug über sei­ner For­tin­bras-Rüs­tung einen schwar­zen Um­hang und grü­ne Schlei­er.
    Nicht weit von ih­nen ent­fernt stand Fran­cis Far­ley Scott in ei­nem ähn­li­chen Auf­zug, oh­ne Rüs­tung, aber in einen Um­hang ge­klei­det, der weit ge­nug war, um dar­un­ter sein Kö­nigs­ko­stüm zu ver­ber­gen, auf dem Kopf einen Helm, der noch be­ein­dru­cken­der war als der Johns.
    Ih­re Ge­stal­ten ho­ben sich dun­kel vor den bläu­li­chen Ku­lis­sen des Schlos­ses Hel­sin­gör ab. Wir fünf wa­ren die ein­zi­gen auf die­ser Sei­te der Büh­ne. F.F. fleh­te ges­ti­ku­lie­rend um die Er­laub­nis, so­wohl den Geist als auch den Kö­nig Clau­di­us spie­len zu dür­fen, da er die Rol­le bes­ser be­herr­sche als John und, was wohl das wich­tigs­te war, Gu­thries Stim­me per­fekt ge­nug nach­ah­men kön­ne, um so­gar des­sen Kin­der zu täu­schen und auf die­se Wei­se viel­leicht ih­re Il­lu­sio­nen über ih­ren Va­ter zu be­wah­ren. Sy­bil hat­te durch ein Loch im Vor­hang ge­späht und al­le ge­se­hen, die ges­tern abend da­bei­ge­we­sen wa­ren. Gu­thries Kin­der und ih­re Freun­de und Be­kann­ten hiel­ten die gan­ze zwei­te, drit­te und vier­te Rei­he im Par­kett be­setzt, un­ge­niert plau­dernd und strah­lend vor Be­geis­te­rung und Auf­re­gung.
    Es ist nicht über­trie­ben, wenn ich be­haup­te, daß der Prin­zi­pal sehr auf­ge­bracht über F.F. war, aber auch et­was ge­rührt, was den letz­ten Teil sei­ner Ar­gu­men­ta­ti­on be­traf. Mit sen­ti­men­tal-he­ro­i­schen Er­klä­run­gen die­ser Art pfleg­te F.F. oft sei­nen un­still­ba­ren Hun­ger nach per­sön­li­chem Ruhm zu ka­schie­ren. Wahr­schein­lich glaub­te er so­gar, was er sag­te.
    John Mc­Car­thy füg­te sich be­reit­wil­lig den An­ord­nun­gen des Prin­zi­pals. Er ist ein Schau­spie­ler, der sich um in­ne­re Drang­sa­le nichts schert, es sei denn, es han­delt sich dar­um, ge­nau buch­zu­füh­ren über die Stun­den sei­nes Schla­fes und über je­den Pen­ny, den er aus­gibt. Auf der Büh­ne in­des kann John mit na­tür­li­cher Leich­tig­keit Ge­füh­le ver­kör­pern, die er an­sons­ten zu füh­len voll­kom­men au­ßer­stan­de ist.
    Der Prin­zi­pal brach­te F.F. mit ei­ner ener­gi­schen Ges­te zum Schwei­gen und schick­te sich ge­ra­de an, einen Ent­schluß zu fas­sen, als ich ei­ne sechs­te Per­son in den Ku­lis­sen na­he un­se­rer Grup­pe ste­hen sah, ei­ne schwar­ze Ge­stalt, die aus­sah wie ein in Se­gel­tuch ge­wi­ckel­ter Christ­baum, mit ei­nem großen Helm auf dem Kopf, der trotz des Schlei­ers dar­über kei­nen Zwei­fel an sei­ner Be­stim­mung zuließ. Ich pack­te den Prin­zi­pal am Arm und deu­te­te stumm auf die Fi­gur. Die­ser stieß einen der­ben Fluch aus, ging auf die Fi­gur zu und sag­te, sich ver­le­gen räus­pernd: »Gu­thrie, du al­ter Hun­de­sohn, kannst du denn über­haupt noch auf­tre­ten?«
    Die Fi­gur grunz­te be­stä­ti­gend.
    Joe Ru­bens zog ei­ne Gri­mas­se, die so­viel wie ›Show Busi­neß‹ be­deu­te­te, dann griff er sich einen Speer vom Gar­de­ro­ben­tisch und eil­te, kurz be­vor sich der Vor­hang hob, quer über die Büh­ne, um sei­nen Auf­tritt als Mar­cel­lus nicht zu ver­säu­men. Die ers­ten Ver­se des Dra­mas er­tön­ten, zu­erst noch et­was laut, aber at­mo­sphä­risch wun­der­bar dicht, dann lei­ser, be­klem­men­der:
    »Wer da?«
    »Nein, mir ant­wor­tet: steht und gebt Euch kund.«
    »Lang le­be der Kö­nig!«
    »Ber­nar­do?«
    »Er selbst.«
    »Ihr kommt

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