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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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dem An­hal­ter Bahn­hof einen Na­men, be­vor er sich seit 1880 ganz der frei­en Schrift­stel­le­rei wid­me­te. Auch sei­ne klei­ne Ges pens­ter­ge­schich­te zeich­net sich durch lie­bens­wer­ten Hu­mor aus.
     
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    Am Ran­de des Kie­fern­wal­des lag ein wüs­tes, san­di­ges Feld. Es war ganz sich sel­ber über­las­sen; es wuchs dar auf, was woll­te, und das war recht we­nig, denn es ge­hör­te viel gu­ter Wil­le da­zu, auf die­sem Fel­de zu ge­dei­hen. Ei­ni­ge ke­gel­för­mi­ge Wa­chol­der­bü­sche hat­ten mit zä­her Ener­gie es vor sich ge­bracht und zeig­ten sich von fer­ne ge­se­hen als ein­zel­ne dunkle Ge­stal­ten dar­über zer­streut, schein­bar in trau­ri­ges Nach­den­ken ver­sun­ken über ih­ren trüb­se­li­gen Be­ruf. Ei­ne tap­fe­re und lis­ti­ge Sor­te von Sand­gras, das un­ter der Ober­flä­che in si­che­rer Tie­fe strah­len­för­mig lan­ge schnur­ge­ra­de Schos­sen treibt und aus die­sen in ab­ge­mes­se­nen Ent­fer­nun­gen sei­ne spit­zi­gen Blät­ter em­por­sen­det, hat­te ein­zel­ne Stre­cken über­spon­nen, an ge­schütz­te­ren Or­ten hat­te röt­li­ches Hei­de­kraut zu klei­nen Flä­chen sich zu­sam­men­ge­drängt, und auf ei­nem nied­ri­gen Sand­hü­gel stand ei­ne knor­ri­ge, ver­krüp­pel­te Kie­fer, bald mit bloß­ge­leg­ten Wur­zeln, bald auch wie­der fuß­tief im San­de ver­gra­ben, je nach des re­gie­ren­den Win­des all­mäch­ti­ger Herr­scher­lau­ne. Die­ser klei­ne Sand­hü­gel, der an son­nen­hel­len Ta­gen als ein blen­den­der Punkt in der ebe­nen Land­schaft weit­hin sicht­bar war, hat­te sich noch nicht für sei­ne end­gül­ti­ge Form ent­schie­den, und un­ter Bei­hil­fe gü­ti­ger Luft­strö­mun­gen sich in im­mer neu­en Ge­stal­ten der er­staun­ten Um­ge­bung zu zei­gen, war sein un­abläs­si­ges Be­stre­ben.
    Der Fleck war ein­sam und lag an der letz­ten Gren­ze der Stadt­fel­der; nie­mand such­te dort et­was, weil dort nichts zu fin­den war. Ei­ne kur­ze Zeit­lang war es an­ders ge­we­sen, bald nach der Ab­hol­zung des küm­mer­li­chen Wal­des, der vor Jah­ren dort ge­stan­den hat­te. Es ward be­kannt­ge­macht, daß die Bür­ger der Stadt an die­ser Stel le ge­gen ei­ne ganz ge­rin­ge Ge­gen­leis­tung Kar­tof­fel­land er­hal­ten könn­ten, und es fan­den sich zwei Nach­barn, de­ren Her­zen dies An­er­bie­ten mit va­gen Hoff­nun­gen und hoch­flie­gen­den Spe­ku­la­tio­nen er­füll­te und die in wun­der­ba­rer Ver­blen­dung von die­sem ›Ur­bo­den‹ ei­ne üp­pi­ge Ern­te er­war­te­ten. Wei­se Män­ner zuck­ten die Ach­seln, ge­wich­ti­ge Acker­bür­ger ga­ben ab­mah­nen­de Ratschlä­ge aus dem rei­chen Schatz ih­rer Er­fah­rung, al­lein der Dä­mon der Hab­gier hat­te die Her­zen der bei­den Män­ner ver­här­tet, al­so daß ihr Sinn ver­blen­det war.
    Ei­nes Ta­ges ließ der ei­ne der­sel­ben, ein Schus­ter, sämt­li­che land­wirt­schaft­li­chen Schät­ze, wel­che sei­ne flei­ßi­ge Kuh den Win­ter über pro­du­ziert hat­te, auf­la­den und hin­aus­fah­ren. Er schwang sel­ber die drei­zin­ki­ge Ga­bel und schau­te mit Be­frie­di­gung auf den rei­chen Se­gen, der ihm ver­hei­ßend ent­ge­gen­dampf­te.
    Am an­de­ren Tag fand bei dem Nach­bar Schnei­der ein ähn­li­ches Er­eig­nis statt. Aber ach, es war nur ei­ne Ka­ri­ka­tur des­sen, was wir vor­hin ge­se­hen ha­ben. Der ar­me Schnei­der hat­te es nur zu ei­nem Ex­em­plar je­nes Tie­res brin­gen kön­nen, des­sen männ­li­che Mit­glie­der von al­ters her zum Schnei­der­stand in ei­ner von ge­wis­sen­lo­sen Spöt­tern viel­fach aus­ge­nutz­ten Be­zie­hung ste­hen, und wer die ge­rin­gen Leis­tun­gen die­ses Vier­füß­lers für den vor­lie­gen­den Zweck aus ei­ge­ner An­schau­ung kennt, der wird es be­greif­lich fin­den, daß der dün­ne Schnei­der und sei­ne küm­mer­li­che Ehe­hälf­te es ver­moch­ten, im Lau­fe des Ta­ges auf zwei Hand­kar­ren die gan­ze wohl­zu­sam­men­ge­spar­te Samm­lung auf den Acker zu be­för­dern. Seuf­zend be­trach­te­te das Ehe­paar dort den in üp­pi­gen Hü­geln sich dar­stel­len­den Reich­tum des Nach­barn – ach,

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