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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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der al­ten Vet­tel Scha­den­freu­de zu emp­fin­den! Sie hör­te ihm ganz ru­hig zu und sag­te dann: Warum so bö­se? Wenn Ihr mir für mei­ne Be­mü­hung und Weis­heit nicht noch et­was schen­ken wollt, so laßt mich ru­hig gehn. Denn die Men­schen kön­nen es frei­lich nicht gut ver­tra­gen, wenn man ih­nen so ihr ei­ge­nes In­ne­res an das Ta­ges­licht zieht. Was kann ich denn da­für, daß in dei­nem Freun­de da nicht mehr und Bes­se­res steckt? Er ist nicht mein Sohn, noch mein Zög­ling. – Sehn Sie, mei­ne Freun­de und Zu­hö­rer, so woll­te die Wahr­sa­ge­rin ih­re vo­ri­ge Grob­heit durch ei­ne neue gut­ma­chen und recht­fer­ti­gen. – Franz war auch wie­der be­sänf­tigt und gab der Bett­le­rin einen Du­ka­ten, in­dem er sag­te: Pflegt Euch, Al­te: wo wohnt und hau­set Ihr?
    Wo ich bin, ant­wor­te­te sie, mein Dach wech­selt so oft, daß ich nicht sa­gen kann, wie es aus­sieht: nicht sel­ten ist es of­fen, und mein Ka­me­rad der Sturm­wind. Na­tur nen­nen sie’s, wo die Men­schen nichts hin­ge­baut ha­ben. Aber ich dan­ke und muß Euch Eu­re Freund­lich­keit ver­gel­ten. – Mit Ge­walt faß­te sie schnell die wi­der­stre­ben­de Hand des Freun­des, hielt sie zwi­schen den knö­cher­nen Fin­gern fest und be­trach­te­te sie lan­ge, dann ließ sie den Arm mit ei­nem tie­fen Seuf­zer fal­len und sag­te mit ei­nem To­ne, der tie­fe Trau­er aus­drück­te: Sohn! Sohn! Ei, du stammst aus ei­nem bö­sen Blut, von schlim­men Vor­fah­ren ein schlim­mer Sproß. Aber zum Glück bist du der letz­te dei­nes Stam­mes, denn dei­ne Kin­der wür­den noch schlim­mer wer­den. Was ein­mal bö­se an­ge­fan­gen hat, muß auch ein bö­ses En­de ge­win­nen. Ei! Ei! und dei­ne Phy­sio­gno­mie! Dei­ne Mie­nen! Dein gan­zes Ge­sicht! Ist mir doch fast zu­mu­te, als wenn ich einen Mör­der vor mir sä­he. Ja, ja! Du hast ein jun­ges, schö­nes und vor­neh­mes Mäd­chen um­ge­bracht. Auf ih­rem Ster­be­bet­te hat sie lan­ge mit Gram und Angst ge­run­gen. Könnt ihr denn nicht treu sein und eu­re Schwü­re hal­ten, ihr Bö­se­wich­ter? Nicht Mes­ser, De­gen und Flin­te tö­ten und schnei­den. Auch Bli­cke, auch sü­ße Wor­te: o die ver­füh­re­ri­schen Re­den und all das lü­gen­haf­te Schön­tun! Nun bricht die glän­zen­de Hül­le zu­sam­men und wird der Ver­we­sung ge­ge­ben, die erst eu­er dum­mes Au­ge blen­de­te. Schön­heit! o du un­glück­se­li­ge Ga­be des Him­mels! Und auch du, Mord­ge­sell, bist schön ge­nug, um noch an­de­re um­zu­brin­gen. Die Flü­che des Va­ters ver­fol­gen dich nun. Du magst nun hier im Wal­de, oder in dei­nen schön ta­pe­zier­ten Stu­ben sein. Meinst du nicht, fühlst du es nicht, wie sie, recht aus dem Her­zen kom­mend, das Un­glück und Elend auf dich hin­we­hen, wie der Sturm­wind die dür­ren Blät­ter in die Tie­fe des Ge­bir­ges hin­streut? Wo ist dei­ne Ru­he, dein Glück, dein Ver­trau­en? Al­les zer­stiebt wie Flug­sand in der dür­ren Ebe­ne; kei­ne Frucht kann hier Wur­zel fas­sen.
    Mit ei­nem Ma­le jauchz­te die Wahn­sin­ni­ge laut auf und lief schrei­end und wi­der­wär­tig sin­gend in den dich­tes­ten Wald hin­ein. Als ich mich um­sah, er­schrak ich, denn mein Freund war to­ten­bleich ge­wor­den; er zit­ter­te so hef­tig, daß er sich auf einen Gras­hü­gel wie ohn­mäch­tig nie­der­set­zen muß­te. Ich setz­te mich zu ihm und such­te ihn zu trös­ten und zu be­ru­hi­gen. Ist die­se Be­ses­se­ne, rief er aus, von der Wahr­heit be­geis­tert? Sieht sie wirk­lich Ver­gan­gen­heit und Zu­kunft? Oder sind es nur wahn­sin­ni­ge Lau­te, die sie in tie­ri­scher Ge­dan­ken­lo­sig­keit her­aus­stößt? Und wenn dies ist, – sind die­se zu­sam­men­ge­wür­fel­ten Wor­te nicht viel­leicht die ech­ten Ora­kel al­ler Zei­ten ge­we­sen.
    Er über­ließ sich den Trä­nen und lau­ten Weh­kla­gen, er rief jetzt laut in die Lüf­te, was er bis da­hin so sorg­sam in sei­nem In­ners­ten ge­heim­nis­voll ver­schlos­sen hielt. Ja Fluch, Fluch! rief er aus, al­lem Ta­lent, der Re­de, der An­mut und al­len Ga­ben, die uns ein scha­den­fro­hes Schick­sal mit­teilt, um uns und an­de­re zu ver­der­ben! Könnt’ ich nicht dem ers­ten ih­rer freund­li­chen

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