18 Geisterstories
glau ben und noch weniger kann dein Rat und Trost etwas helfen.
Ich konnte nichts erwidern, sein Elend schien so groß, daß er vielleicht vollkommen recht hatte. Reden, Erzählungen und Klagen sind oft nur Stacheln in der Todeswunde. Ich bat ihn, mich mit seiner Frau bekanntzumachen. Er führte sie herein, sie war ebenso leidend wie er, aber man sah, daß sie schön mußte gewesen sein. Sie war groß und edel gebaut, ihr blaues Auge war von einer durchdringenden Klarheit und ihre Stimme hatte den lieblichsten und seelenvollsten Klang. Nach wenigen Gesprächen nahm ich Abschied, weil der Doktor hereintrat, und ich bedang mir nur aus, daß Franz den Freund künftig nicht mehr abweisen dürfe.
Ruhe war mir nötig, mich zu sammeln, und ich suchte den einsamsten Platz auf, um mich in meinen Gedanken und Gefühlen wieder zu finden. Wie sonderbar erschien mir in diesen Augenblicken das menschliche Leben, Liebe, Freundschaft, Tod und Gesundheit. In meiner Träumerei wurde ich durch eine freundliche Stimme unterbrochen, die mich anredete. Es war der Badearzt, ein gutmütiger, nicht mehr junger Mann, welcher sich zu mir setzte. Ich habe erfahren, begann er, daß Sie ein Jugendfreund unsers armen Kranken sind, und ich habe Sie aufgesucht, um mit Ihnen über seinen ebenso kläglichen als rätselhaften Zustand zu sprechen. Mir ist noch keine ähnliche Krankheit vorgekommen, ich verstehe sie nicht, und deshalb tappe ich auch nur mit meinen Mitteln im Dunkeln, und weiß auch nicht, ob ihm das hiesige Wasser irgend heilsam sein kann, ihm oder der kranken Frau, die an demselben Leiden dahinschwindet. Ich habe keinen Namen für dieses Fieber der Auszehrung, welches allen bisherigen Gesetzen spottet. Nach manchen Stunden möchte ich sie beide für wahnsinnig halten, wenn sich nicht die Vernunft in ihnen unwiderleglich offenbar te. Sollte ihr Verstand aber auch nicht verletzt sein, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß beide gemütskrank sind. Und das Schlimmste ist, daß der Graf nicht spricht und erzählt, sondern im Gegenteil allen Fragen über seinen Zustand, jeder Erörterung über die Ursache, den Anfang desselben, ängstlich ausweicht. Erzürnen kann und mag ich ihn nicht, und meine Fragen und Forschungen haben ihn schon einigemal aufgebracht, und doch scheint es mir nötig, die Geschichte der Krankheit von ihm zu erfahren. Und das ist meine Bitte an Sie, geehrter Herr, daß Sie, als sein Vertrauter, Ihren Einfluß auf ihn dahin wenden, daß er Ihnen und mir die Entstehung seines Übels bekennt. Erfahre ich diese, so ist es vielleicht erst möglich, ihm und der Frau Hilfe zu verschaffen. Kommt die Krankheit aus dem Geiste, wie ich fast schon überzeugt bin, so kann der Arzt nur etwas ausrichten, wenn er im Vertrauen ist; wird ihm dieses versagt, so kann er nicht nur durch seine Vorschriften, selbst durch ein unbehütetes Wort zum Mörder werden. Ich beschwöre Sie also, alles zu tun, damit der Leidende sich uns eröffne.
Ich versprach, zu versuchen, was der vernünftige Mann verlangte, denn ich selber hatte mir schon dasselbe sagen müssen. Als ich aber dem Freunde am folgenden Tage deshalb Vorstellungen machte, fand ich die Aufgabe viel schwieriger, als ich sie mir gedacht hatte, denn er war in diesem Punkte unzugänglich. Erst als ich meinen Bitten Tränen zugesellte, als die leidende Frau endlich selbst auf meine Seite trat, weil der Wunsch in ihr lebendig war, daß der Arzt ihrem Gatten helfen möchte, gab er nach; doch bedang er sich aus, daß, was er uns vortragen werde, im stillen Zimmer bei mir geschehen müsse, von keinem Diener gestört, denn er könne seiner Frau nicht zumuten, bei der Erzählung zugegen oder nur in der Nähe zu sein.
So ward es auch eingerichtet. Mein Gartenstübchen war
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