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1801 - Die Herreach

Titel: 1801 - Die Herreach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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übrig, was man noch erkennen konnte.
    Später pflegte er durch die Hügellandschaft am Rand der Stadt zu laufen, nachdenklich und verwirrt.
    Aber irgendwann hörte auch das auf.
    Es gab jetzt Dinge, die ihm halfen, ins normale Leben zurückzufinden. Im fernen Moond war die Massenherstellung von Büchern erfunden worden, so daß man Werke aus Philosophie und Technik bald überall erhalten konnte. Mittlerweile funktionierte so etwas in großen Städten nicht mehr per Tauschgeschäft, sondern mit Geld. Und davon besaß Szonkars Wohngruppe reichlich. Im Gebet tat er sich als diszipliniert und phantasievoll hervor, so daß er bald die Aufmerksamkeit der ortsansässigen Clerea-Priester erweckte. Aber er war viel zu alt, um zu den Jüngern Kummerogs berufen zu werden.
    Szonkar schien wie jedermann in einem genügsamen Leben zu versinken. Er zeugte Nachkommen, alterte schneller als andere und entwickelte eine körperliche Hinfälligkeit, die ihn bald sterben lassen würde. In den Städten wurde niemand sehr alt.
    An diesem Punkt entwickelte er zum letzten Mal Energie. Szonkar hörte auf, nur Gedanken hin und her zu wälzen, und bereitete statt dessen eine weite Reise vor. Was nutzte es, Modelle zu entwickeln, die Welt umzudrehen und aus anderen Winkeln zu betrachten, wenn niemand diesen Gedanken folgte?
    Alle dachten nun, der alte Szonkar unternehme eine Pilgerfahrt; zum Beten nach Moond, an den KummerogTempel. Die Tatsache, daß er außer einigen Vorräten auch einen Beutel mit Sand füllte, hätte die anderen warnen sollen.
     
    *
     
    Vor dem Kummerog-Tempel an einem Massengebet teilzunehmen war das erhebendste Gefühl, das Szonkar jemals zuteil geworden war. Er hatte den Riesen Schimbaa rütteln und zerren und klopfen sehen. Und nun die Brücke über den Taumond, über das stinkende Kloakenwasser ans andere Ufer, wo der Cleros residierte.
    Er hatte immer geglaubt, es sei schwierig, dieses Bethaus zu betreten. Aber das stimmte nicht, man konnte so leicht hinein wie in eine gewöhnliche Hütte, wenn man angemeldet war. Es wimmelte von weißen Kutten. ClereaPriester gingen in großer Zahl aus und ein. Zum ersten Mal sah er ein violettes Gewand mit Oval-Symbol; es wurde von einem Mahner getragen, einer erhabenen Persönlichkeit.
    Szonkar irrte lange durch die Gänge.
    „Zum Auditorium?" fragte er am Ende eine Priesterin.
    Widerwillig blieb sie stehen, über die Störung erbost, dann zeigte sie auf eine Art Bretterverschlag, der nach Werkzeugkammer aussah, und sagte: „Du stehst davor, Alter."
    Szonkar öffnete die Tür. Er schaute in einen kleinen Saal mit vollständig kahlen Steinwänden. Sieben Herreach warteten mit allen Zeichen von Ungeduld, und die Blicke, die er auffing, waren nicht von Freundlichkeit geprägt. Es fing nicht gut an. Aber was er zu sagen hatte, war von großer Wichtigkeit.
    Einer von ihnen - Szonkars Herz blieb beinahe stehen! -war der oberste Künder des Kummerog. Der einzige Träger von Gelb, der seines Wissens existierte. Hinzu kamen drei violettgekleidete Mahner, die anderen trugen normales Weiß. Einer der Herreach bediente ein hochmodernes klapperndes Gerät, eine Maschine mit eingestanzten Schriftzeichen, mit der man freie Blätter beschriften konnte.
    „Wir haben dich erwartet, Sonka."
    „Ich heiße Szonkar."
    „Ah."
    Er fing ohne Vorrede einfach an, sprach von der Reise der Nomadin Bluus und von den Gedanken, die sie ausgelöst hatte.
    „Die einzig mögliche Erklärung", sagte er laut, „die alle bekannten Phänomene gleichzeitig vereint, ist folgende: Es handelt sich bei der Welt um eine Kugel. Versteht ihr mich? Keine unendliche Scheibe, wie wir immer dachten ... Ganz im Gegenteil."
    Szonkar sprach vom Horizont; wieso man darunter verschwinden konnte und trotzdem noch vorhanden war; von einer endlosen Reise, die immer wieder über dieselben Punkte führte.
    Ob der oberste Künder seinen Argumenten folgte oder nicht, das war schwer zu entscheiden. Die anderen ganz genauso, in einer Reihe verharrend, die Nas-Organe in maskenhafter Starre.
    Denkt einfach nach! Stellt euch die Welt als Kugel vor, als riesengroßen Klumpen Erde und Stein.
    Der erste Teil war nun vorbei. Niemand sagte ein Wort.
    „Aber das war nur der Anfang", sprach er in die Stille. „Um den zweiten Teil meines Weltbildes zu erklären, habe ich euch etwas mitgebracht."
    Szonkar zog den Beutel Sand, den er die ganze Zeit bei sich getragen hatte, hervor und ließ den Inhalt auf eine Tischplatte rieseln. Nun reagierten sie

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