1809 - Hetzjagd durch den Hyperraum
verloren und handlungsunfähig wurden, war mit Myles Kantor und Adams vereinbart, daß Merlin die Kontrolle über unseren Bordsyntron und damit die RICO übernehmen würde. Das sollte aber wirklich nur das allerletzte Mittel sein.
Dagegen mußte Gucky sofort fort.
Der Kleine Saß zitternd in einem Sessel, in dem er fast - völlig verschwand, und biß sich mit dem einzigen Nagezahn die Unterlippe blutig. Seine Augen drohten aus den Höhlen zu quellen. Er klammerte sich mit den Fäustchen so fest an die Lehnen wie einer, der in tausend Meter Höhe an seinem letzten Halt hing.
Wir anderen erlebten noch den Vorgeschmack. Wir litten darunter, wie jetzt plötzlich etwas an uns zu zerren schien, als wirke eine starke Schwerkraft aus verschiedenen, schnell wechselnden Richtungen. Wir konnten es immerhin noch aushalten, und Hermon von Ariga hatte die Hände auf seinen Feuerknöpfen. So schnell wollte ich nicht aufgeben, doch Gucky durfte keinen Moment länger auf der RICO bleiben.
„Spring schon, los!" befahl ich ihm hart.
Meine Stimme war so heftig, daß das Wunder geschah und er fast auf der Stelle gehorchte. Gucky starrte mich an wie einen Geist, stieß einen spitzen Schrei aus - und war im nächsten Augenblick verschwunden.
Eine Nachricht aus der GILGAMESCH bestätigte uns, daß der Teleporter dort angekommen sei und sich bereits erhole. Myles forderte uns zur Rückkehr auf, aber das wies ich entschieden zurück. Ich verbot ihm, schon jetzt durch Merlin die Kontrolle übernehmen zu lassen.
„Entfernung jetzt unter sechshunderttausend Kilometer", meldete Sevia, die den ersten Schock überwunden hatte. Ihre Stimme klang heiser, aber sie hielt sich tapfer.
„Noch näher heran, Gerine!" rief ich, um das stakkatoartige Hämmern zu übertönen, das aus den Hyperlautsprechern kam und im Gleichklang war mit dem - tatsächlichen oder nur eingebildeten - Hämmern in meinem Schädel. Ich kämpfte gegen den Schwindel an und merkte, daß meine Arme nicht mehr so wollten wie ich. „Hermon, bist du in Ordnung?"
„Mir ging es nie besser", preßte er schwer verständlich zwischen den Zähnen hervor.
Auf seiner Stirn hatten sich erste Schweißperlen gebildet. Die Augen tränten heftig.
„Wir müssen eine Landung unbedingt verhindern, sonst dürfte der Planet verloren sein! Noch ein letzter Warnschuß - und dann Zielfeuer! Wenn es nicht anders geht, schießen wir den Igel ab!"
„Verstanden, Atlan!"
Er zögerte keine Sekunde, sondern handelte schnell und konsequent. Wie er die Hände bewegte, zeigte, daß auch er Probleme mit der Beherrschung seines Körpers hatte.
Ich hatte das instinktive Gefühl, auf Mark und Knochen durchleuchtet zu werden.
Unmittelbar vor dem Bug des Fremden, der weiter der Planetenoberfläche entgegengesunken war, explodierte eine weitere Transformsalve.
„Fünfhundertfünfzigtausend Kilometer!" rief Sevia.
Der Brechreiz wurde immer noch stärker, mein Kopf schien platzen und der ganze Körper sich auflösen zu wollen. Als würde das Innerste nach außen gedreht! So, wie es in den Hilferufen derjenigen immer wieder anklang, die ebenfalls mit den Igelschiffen in Berührung gekommen waren.
Dies und das Gefühl der Abtastung ...
Ich wußte nicht, wie lange wir das ertragen konnten, wie lange wir Herr unseres Willens blieben. Gerine schrie ich zu, daß sie nicht noch näher an den Igel herangehen und die Kapazität der Schutzschirme verstärken solle.
Das Fremdschiff schälte sich aus der verblassenden Glutwolke. Es hatte seinen Kurs nach wie vor um keine Winkelsekunde geändert und flog mit gleichbleibender Geschwindigkeit.
„Hermon - jetzt!"
Das Rufen tat mir weh. Mein Schädel dröhnte wie eine mächtige Glocke, nur vom Klang der eigenen Stimme.
Wieder hörte ich Sevia schreien, aber auch andere. Diesmal war es nicht mehr der Schreck, jetzt war es nackte Qual. Ich biß die Zähne zusammen und sah, daß Hermon getroffen hatte. Das Igelschiff war von seiner Salve diesmal voll erwischt worden.
Zwar tauchte es nun wieder aus der Feuerglut auf, aber es änderte seinen Kurs.
Es floh!
„Wir haben ihn!" schrie Hermon. „Das hat gesessen, der kommt nicht so ..."
Was dann geschah, verschlug ihm die Sprache - uns allen.
Für einige wertvolle Sekunden hatte das Stakkato, hatten der Druck im Kopf und das Kribbeln im Leib fast aufgehört. Ganz kurz hatten wir glauben dürfen, der unheimliche Fremde ergriffe tatsächlich die Flucht.
Doch genau das hatten wir wohl glauben sollen.
Während ich
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