Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
Vom Netzwerk:
da der Bruder auf die erste nur durch ein ernstes Schweigen, wobei er sinnend vor sich hinblickte und langsam das Haupt schüttelte, geantwortet hatte. »Das Vaterland,« erwiderte er jetzt, »fordert außer der ganzen Kraft unsers Lebens auch manche andere Opfer desselben; wir bringen sie willig, allein verargen wird man es uns doch nicht, wenn wir nicht unempfindlich gegen den Schmerz sind, den uns der Verlust oder das Aufgeben solcher Güter verursacht, welche von den meisten als die höchsten geschätzt werden, ja nicht selten für das Ziel des Daseins selber gelten.«
    Die Schwester sah ihn mitleidig an und reichte ihm die Hand; er drückte sie stumm und blickte ihr wohlwollend, dankbar in das treue Auge.
    Die Aufmerksamkeit der übrigen wurde jetzt durch einen andern Gegenstand in Anspruch genommen. Alisette trat ein. Gleich einer Frühlingsgöttin schwebte sie über die Schwelle des Gemachs, denn sie trug einen ganzen Busch junger Rosen in der Hand, deren sie eine vorgesteckt hatte. Freundlich grüßend streifte sie an den Männern vorüber und ging mit leichten Schritten auf die Gräfin zu, welche, ernst sinnend in Gedanken verloren, die Annäherung dieser lieblichen Flora nicht bemerkt hatte. Auch Rasinski erblickte sie erst, als sie schon dicht vor ihm stand, und sprang höflich und ein wenig betroffen auf, um sie als eine Fremde zu begrüßen. »Da bin ich,« sprach sie wohllautend und verneigte sich mit Grazie; »darf aber das Schweizermädchen auch in so vornehmem Kreise erscheinen?«
    »Willkommen, willkommen,« erwiderte die überraschte Frau des Hauses; »und welch eine Fülle der Gaben bringt meine holde Sirene mit!« rief sie, als sie den vollen Strauß duftender Rosen erblickte; »mein ganzer Garten hat noch keine Knospe aufzuweisen, aber in Ihrer Hand blüht schon der ganze Rosenmonat!«
    »Es ist eine Galanterie, welche ich, ich weiß nicht wem zu danken habe«, entgegnete Alisette. »Ich befand mich noch in der Garderobe und war eben mit dem Umkleiden beschäftigt, als es anpochte. Konstanze, meine Jungfer, öffnete die Tür zu einer kleinen Spalte und fragte, wer da sei. Statt der Antwort reichte eine unbekannte Hand mir diesen herrlichen Strauß hinein. Es ist eigentlich grausam, nicht wahr, so viele schöne Rosen einem so schnellen Tode zu weihen ? Alle Blumenstöcke in Warschau muß der unbekannte, freigebige Freund geplündert haben, denn sie sind noch selten und im Freien blüht gewiß noch keine einzige.«
    »Glücklich diejenigen, welchen eine so holde Bestimmung ward«, sprach Rasinski artig. Erst jetzt blickte Françoise ihn an und war überrascht, einen Fremden zu sehen. »Mein Bruder«, stellte die Gräfin ihn vor und machte ihn mit ihr dadurch bekannt, daß sie gleich von dem unbeschreiblichen Genuß erzählte, welchen Alisettens Kunst diesen Abend allen bereitet habe. Diese schien sehr glücklich zu sein, daß sie eine solche Anerkennung fand, wehrte aber mit bescheidenen Worten und Mienen alle Lobsprüche ab. Dann nahm sie mutwillig die Rosen und rief: »Ich muß dankbar sein für soviel Güte. Soviel Huldigungen, soviel Rosen! Hier, hier.« Und damit überreichte sie jedem mit scherzender Freundlichkeit eine Rose; Regnard aber erhielt keine. »Sie haben mich nicht gelobt, Ihnen gebe ich auch keine Blume. Dafür sollen Sie zwei haben«, wandte sie sich zu Jaromir und gab ihm die beiden schönsten des ganzen Straußes. Ohne seinen betroffenen Dank abzuwarten, kehrte sie mit leeren Händen zur Gräfin zurück, welche sie scherzhaft drohend mit den Worten empfing: »Verschwenderin! so gehen Sie mit den Gaben Ihres Verehrers um? Wenn er nun hier wäre?« Dabei warf sie einen Blick auf Regnard.
    »Möchte er doch, so würde er sehen, daß sein Geschenk mir die größte Freude gemacht hat. Tausendmal mehr, als wenn ich es in einem Glase auf meiner Toilette traurig verwelken sähe. Und um mir eine Freude zu machen, hat er es mir doch hoffentlich geschenkt.«
    Lodoiska war still, gleich einer Erscheinung in den Saal getreten und stand unvermutet neben der Gräfin. »Ach, da sind Sie ja,« rief Alisette aus und näherte sich ihr begrüßend; »wie, und Sie sollten keine Rose haben, und haben mich doch am allerschönsten gelobt? Oder glauben Sie, ich hätte Ihre Tränen nicht gesehen? Wenn ich Sie anblickte, war es mir, als sähe ich in einen Spiegel, dessen reiner Kristall mir die unverhüllte Wahrheit zeigte. Wenn meine Töne Sie zu Tränen oder zum Lächeln bewegten, dann wußte ich,

Weitere Kostenlose Bücher