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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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der milde Regen, der goldene Strahl der Sonne; sein sind die Blitze und Donner des verfinsterten Himmels. Er sende seinen Diener aus, zu segnen oder zu rächen, die Frommen zu belehren und sanft zu ihm zu führen, oder die Frevler in den finstern Abgrund der Hölle, aus dem sie aufgestiegen sind, zurückzuschleudcrn: Gregor wird sein greises Haupt gehorsam dem Willen des Vaters beugen.
    Während er in diese Betrachtungen versenkt, das Antlitz der sinkenden Sonne, diesem schönen Bilde seines Lebens, zuwandte, hatten sich die Flügeltüren des Saales geöffnet, und Graf Dolgorow war eingetreten. Trotz seines stolzen Ganges, trotz des Herrscherblicks, der unter seiner hohen Stirn flammte, erschien er doch in seinem ganzen Wesen wie von Gram und Unmut gebeugt. »Ich habe wichtige Dinge mit euch zu besprechen, Vater Gregor,« begann er, indem er rasch auf den Greis zuschritt und diesen hinderte, von dem Sessel aufzustehen; »wir müssen die Augenblicke ergreifen, in denen wir allein sind.« Mit diesen Worten zog er einen Sessel heran und nahm dem Geistlichen gegenüber Platz. – »Es ist eine ernste Zeit«, erwiderte Gregor und schüttelte langsam das ehrwürdige Haupt.
    »Bevor wir von den Dingen reden, die das Land und uns alle betreffen, habe ich von etwas zu sprechen, was mich allein angeht. Der fremde Herr, welcher mich begleitet, ist der Fürst Ochalskoi, Oberst im Heere des Kaisers. Ich will meine Tochter Feodorowna mit ihm vermählen; allein sie widerstrebt mir und sucht sich durch den törichten Entschluß, das Kloster zu wählen, meinem väterlichen Befehle zu entziehen. Ihr, Gregor, habt den meisten Einfluß auf ihr Herz; von euch erwarte ich es, daß ihr sie zum Gehorsam zurückführt!«
    Der Priester wollte antworten, doch Dolgorow unterbrach ihn: »Laßt mich endigen Vater. Ihr wißt vielleicht nicht, was ich in diesen verhängnisvollen Zeiten dem Dienste des Vaterlandes geopfert habe. Der dringende Trieb, an wichtigen Standpunkten zu stehen, Ehrenstellen und Ämter zu erlangen, durch die ich teilhatte an der Leitung der Weltgeschicke, ließ mich alles daransetzen. Mein ansehnliches Vermögen ist zerrüttet, und noch bin ich nicht an dem Ziele, wo sich diese Aufopferungen vergelten. Die Vermählung meiner Tochter mit dem Fürsten würde mich dahin führen; nicht nur sein unermeßlicher Reichtum, sondern auch seine mächtigen Verbindungen gewähren mir die Mittel dazu. Ja, ich bin ihm schon so verpflichtet, daß ich mich nur durch ihn in der Stellung erhalten kann, die ich jetzt behaupte. Es gilt das Glück, die Ehre ihres Vaters; ihr werdet Feodorownas Pflichten jetzt richtig zu erkennen wissen. Euch vertraut sie; von euch, frommer Vater, erwarte ich Hilfe. Ich könnte sie zwingen; doch ich möchte gern das Äußerste vermeiden. Auch fürchte ich, der Stolz des Fürsten würde sich weigern, eine Gattin aufzunehmen, die nicht Bitte, sondern Befehl in seine Arme führt. Denn er liebt Feodorowna!«
    Gregor schwieg einige Augenblicke, dann antwortete er sanft, doch fest: »Es tut mir wehe, wenn Vater und Tochter in Zwiespalt leben; allein ich kenne das Herz Feodorownas, es ist edel, groß, sanft und gut. Hat sie es heiligen Dingen zugewendet, will sie wirklich abscheiden aus dieser glänzenden Welt, um sich der klösterlichen Stille zu widmen, so darf der Diener des Herrn sie von diesen nächsten und reinsten Wegen zur ewigen Glückseligkeit nicht abwendig machen.« – Der Graf stand heftig auf und blickte den Priester mit rollenden Augen an: »Wie, auch von euch erfahre ich Widerstand? Ist etwa das der fromme Beruf des Geistlichen, ungehorsame Kinder in Schutz zu nehmen wider ihre Väter? Aber wißt, wollt ihr es aufs Äußerste treiben, so tue ich es auch, und der Erfolg wird lehren, ob der Eigensinn eines Mädchens, beschützt von einem Priester, den eisernen Willen eines Vaters zu brechen vermag.«
    Gregor blickte den Grafen ernst, aber ohne zu zürnen, an. »Ihr mißversteht mich sehr, Herr Graf,« antwortete er, »wenn ihr glaubt, daß ich den Ungehorsam einer Tochter gegen ihren Vater in Schutz nehmen wolle; vielmehr das Gegenteil. Denn ich will sie prüfen, ob sie wirklich einem Gebot ihres Vaters im Himmel gehorcht; und das werdet ihr doch nicht leugnen, daß seine Rechte den eurigen vorangehen.« Der Graf drückte vor Zorn die Lippen zusammen und schwieg; heftig ging er einigemal in dem Saale auf und nieder, während Gregor ruhig auf seinem Sessel blieb und in seiner ernsten, frommen Haltung, wie

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