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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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werden. Dorther kommt die Straße von Königsberg, die sich in dem Gebüsch vor uns mit der unserigen vereinigt. Das Örtchen hier unten am Walde heißt Pilwiski; dort weiter links jener spitze Turm gehört dem Städtchen Schirwindt an. Seht euch die Lage der Orte genau an, Freunde; denn ich könnte euch noch in dieser Nacht nach beiden zu verschicken haben, da ich vermute, daß der Stab in denselben liegt.«
    Während Rasinski seine beiden Begleiter auf diese Weise mit der Gegend bekannt machte, war sein Regiment herangekommen. Er setzte sich jetzt an die Spitze desselben und ließ es im geordneten Zuge gegen das Lager vorrücken.
    Noch bevor er die ersten Posten erreicht hatte, sprengte ihm ein Generalstabsoffizier entgegen: »Ich bin beauftragt, Herr Oberst,« redete derselbe ihn an, »Ihnen die Stelle anzuweisen, wo Sie mit Ihrem Regimente das Biwak zu beziehen haben. Ihre Ankunft war bereits gemeldet. Sie werden Ihr Lager dort drüben auf jenem Hügel zunächst der kaiserlichen Garde einnehmen.« Rasinski erkannte sogleich die Auszeichnung, welche in dieser Bestimmung lag, und sprach, indem er für die Meldung dankte, seine Freude darüber lebhaft aus. Von dem Generalstabsoffizier geführt, rückte das Regiment jetzt mitten durch das Lager seinem Biwaksplatze zu. Das mannigfaltigste Schauspiel bot sich auf diesem Zuge dar. Zuerst kam man an langen Reihen schwerer Geschütze, an dicht aufgefahrenen Parks von Munitionswagen vorbei. »Das sind die ehernen Knochen des Kriegsungeheuers«, sprach Ludwig zu Bernhard im Vorüberreiten.
    »Oder vielmehr seine feuerspeienden Rachen«, erwiderte Bernhard. »Mir ist seltsam zumute,« fuhr er nach einigen Augenblicken fort; »indem ich in diese Tore des Kriegs einziehe, erscheine ich mir gegen die ungeheuern Massen der Kräfte plötzlich so ganz unbedeutend, ich verliere so vollständig das Gefühl eigener Tatkräftigkeit, daß ich mir vorkomme wie eine Nußschale, die auf dem brandenden Ozean schwimmt. Aber etwas zu tun werde ich hier bekommen für mein Skizzenbuch, denn alle zehn Schritte sehe ich ein köstliches Genrebild vor mir, und ich merke, daß man nur einmal durch ein Feldlager geritten zu sein braucht, um ein Philipp Wouwerman zu werden, wenn man sonst den Pinsel dazu hat und keiner ist.«
    Man war jetzt an die ersten Biwaks der Infanterie gekommen und konnte mit Muße die Gruppen betrachten, welche sich um die Feuer gelagert hatten. In der Ferne hörte man die halbverwehten Töne der Feldmusik, welche die Marseiller Hymne spielte. Gleich im Vordergrunde lagen ein Dutzend Grenadiere um ein stattliches Feuer. Ein bärtiger Sappeur rührte eifrigst die Nachtkost im Feldkessel um. Er war jeden Augenblick genötigt, seinen langen Bart vor der aufflackernden Flamme zu sichern; einige junge Leute, die seine Not ansahen trieben ihren Spott mit ihm. Einer lag mit verbundenem Kopf und schlief; seine Kameraden hatten ihm mit Kohle einen ungeheuern Schnurrbart gemalt. Zwei standen und fochten scherzhaft mit den Händen. Die übrigen saßen oder lagen im Kreise umher und betrachteten müßig das vorbeiziehende Regiment, schienen jedoch keine sonderliche Aufmerksamkeit auf die für sie so alltägliche Begebenheit zu wenden. Ohne Umstände deuteten sie mit Fingern auf das, was ihnen auffiel, und einer drehte sogar dem ihn scharf anblickenden Bernhard mutwillig eine Nase, worüber die andern ein helles Gelächter aufschlugen.
    Einige Schritte weiter war eine andere Gruppe gelagert, welche aufmerksam einem musikalischen Genie zuhörte, das auf einer kleinen Querflöte die Romanze »Il pleut,il pleut,bergère« blies. Dieses Lieblingsliedchen schien die Zärtlichkeit eines Sergeanten zu entflammen, der hinter dem Kreise seiner gelagerten Kameraden einer niedlichen Marketenderin die feinsten Galanterien zu sagen suchte und ihr das Kinn mit einem gewissen väterlichen Wohlwollen streichelte, obgleich seine lebhaften Augen eine viel feurigere Zuneigung zu dem muntern Mädchen verrieten. Sie nickte wohlgefällig mit dem Köpfchen zu dem Takte der Melodie und achtete nicht sonderlich auf den Liebhaber, dem sie nur dann und wann die Hand abwehrend zurückschlug.
    »Die Liebe ist überall zu Hause,« sprach Bernhard lachend; »auch im Biwak treibt sie ihre Blüten. Der ewig dürre Boden, wo sie gar nicht fortwill, glaube ich, ist mein Herz. Denn wenigstens von den Blüten glücklicher Liebe kann ich noch kein sonderliches Herbarium aufweisen.«
    Ludwig schwieg; er hing seinen ernsten

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