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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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Gedanken nach, die durch Bernhards Worte lebhaft aufgeregt waren.
    »Nun Tölpel«, rief Bernhard etwas verdrießlich, denn ein mächtiger Dragoner, dem ein dichter schwarzer Busch von Pferdehaaren vom Helme herabhing, ritt auf einem wahren Brauerpferde dicht an ihm vorbei und rannte ihn fast vom Sattel. Der Kerl steckte jedoch den Tölpel ein, ohne sich umzusehen, und ritt seiner Wege.
    »Ein unverschämter schnauzbärtiger Esel, der dort seine langen Beine über den plumpen normännischen Gaul gehängt hat,« polterte Bernhard; »der Kerl machte einen förmlichen Chok gegen mich mit seinem Elefanten.
    »Das sind die Höflichkeiten des Lagers«, rief Jaromir lächelnd, der Bernhards Unfall gesehen hatte. »Du wirst so lange welche einstecken müssen, bis du sie wieder austeilen lernst.«
    »Pah!« erwiderte Bernhard, »in diesem Punkte bin ich als Meister geboren; bei Grobheiten gleiche ich gewissen Echos, welche den Schall nicht nur vervielfältigen, sondern auch verstärkt zurückgeben. Bei mir wäre das Sprichwort: «Wie man in den Wald hineinschreit, so schallt es wieder heraus», nicht ganz richtig angewendet, denn ein grober Flegel bekommt mich in einem Hohlspiegel zu sehen, wo ich ihm ein grimmiges Gesicht schneide.«
    Man kam jetzt an ein Kavalleriebiwak, wo die Pferde in langen Reihen an ausgespannten Leinen standen. Das mutige Stampfen und Wiehern der Rosse machte das Schauspiel lebendiger. Eins derselben riß sich los, als das Kavallerieregiment anrückte, und wollte den brüderlichen Reihen zueilen; sogleich waren einige Dragoner hinterdrein, um es zu greifen, doch es schlug unbändig aus, warf einige Feldkessel um, daß die eben fertige Abendkost in die Kohlen geschüttet wurde, und entsprang dann in wilden Bogensätzen. Die Infanteriebataillone, welche in der Nähe lagen, erhoben ein jubelndes Gelächter über diese Jagd und suchten das Tier durch Geschrei zurückzujagen. Die polnischen Reiter drehten gleichfalls lachend die Köpfe nach dem Schauspiel um, als plötzlich Rasinskis Kommandowort: »Richtet euch! Augen rechts!« sie in die strengen Fesseln des Dienstes legte. Es war ein französischer General, welchem Rasinski auf diese Art den Zoll des militärischen Ehrengrußes abtrug. Er ritt einen prächtigen Grauschimmel, dessen Zäumung und Schabracke reich mit goldenen Verzierungen und Stickereien bedeckt war. Grüßend faßte er an den Hut und betrachtete im Vorüberreiten die Leute mit einem großen, aufmerksamen Auge. Die athletische Gestalt, das ernste Feuer im Blick, die strengen Züge auf der hohen Stirn, alles dies zusammen verlieh ihm jene Gewalt der Persönlichkeit, wodurch der Soldat ein so unbedingtes Vertrauen zu seinem Führer gewinnt. Auch standen von beiden Seiten die Leute im Lager ehrfurchtsvoll still und hielten sich in strenger dienstlicher Haltung, bis er vorüber war.
    Ludwig, auf den die Erscheinung einen ganz besondern Eindruck gemacht hatte, fragte leise den ihm zur Seite reitenden Boleslaw: »Wer ist dieser General?«
    »Der Marschall Davoust, Fürst von Eckmühl«, erwiderte dieser mit ernster, gewichtiger Miene, welche die Bedeutung wahrnehmen ließ, die der berühmte Feldherr auch für ihn hatte.
    »Der Marschall Davoust«, sprach Ludwig weiter zu Bernhard, und beide sahen ihm mit gespanntem Auge nach, bis er sich in das Getümmel des Lagers verlor.
    Es fing schon an zu dunkeln, als das Regiment den Platz, der zu seiner Lagerstätte bestimmt war, erreichte. Der Raum, welchen es einnehmen durfte, war durch die Örtlichkeit genau abgesteckt. Man befand sich nämlich auf einem Hügel, der, auf der Oberfläche kahl, ringsumher von Buschwerk begrenzt wurde. Einige hundert Schritte seitwärts hatte man auf der Spitze eines andern, etwas höhern Hügels das Zelt des Kaisers aufgeschlagen. Die dreifarbige Fahne wehte von demselben herab. Zwei Mann der Alten Garde standen Wache davor. Generaloffiziere, Adjutanten, Ordonnanzen kamen und gingen ununterbrochen. Bernhard schaute unverwandt nach dem Gezelt hinüber, wo sich in diesem Augenblicke das Geschick Europas entschied. Indessen blieb ihm nicht lange Zeit zu müßigen Betrachtungen; die angenehmste Arbeit des Soldaten, sich in seinem Biwak einzurichten, begann. Die Ställe für die Pferde wurden durch Pikettpfähle mit umgeschlungenen Furagierleinen abgeteilt. Man bestimmte die Feuerstellen; einige holten Holz und Stroh, andere Wasser herbei. In kurzer Zeit loderten die Biwakfeuer lustig auf; die Kameraden lagerten sich umher,

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