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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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hinausstreckte. Auf der Spitze derselben schwankte eine junge Tanne, die ihre zähen Wurzeln um den Stein geklammert hatte. Unsere Wanderer glaubten sich ganz einsam auf dieser Höhe, als ihnen zu ihrer Verwunderung ein weißes Windspiel entgegensprang, sie anfangs von weitem anbellte, dann aber sich zutraulich näherte und Lodoiskas Liebkosungen durch ein freundliches Anspringen und ein schmeichelndes Hinaufdrücken des Kopfes gegen ihren Schoß erwiderte.
    Munter vorausspringend verschwand das leichtfüßige Tier hinter dem Felsblock. »Vermutlich rastet dort ein Jägersmann,« sprach Benno, »denn hier oben gibt es für den Jagdlustigen oft eine reiche Ausbeute.«
    Man war indessen ganz nahe an den Felsen gekommen und ging, um zu sehen, ob man wirklich nicht allein sei, um denselben herum». Auf der andern Seite fand man, wie Benno richtig vermutet hatte, zwei Herren in Jagdkleidung, die jedoch, von der Arbeit des Tages ermüdet, im festen Schlafe lagen und weder durch das Gebell des Windhundes noch durch die Annäherung der Gesellschaft daraus erwachten. »Es müssen Badegäste sein,« sprach Benno leise, »denn ich habe sie schon gestern in Teplitz gesehen. Sie wohnen vermutlich im Goldenen Löwen, denn dort gingen sie nach der Morgenpromenade hinein, und ich sah sie, obwohl ich über eine Stunde in dem Hause gegenüber verweilte, nicht wieder herauskommen.«
    Indem fiel in der Nähe ein Schuß; das Windspiel schlug laut an, die Jäger fuhren aus dem Schlafe empor. Sie schienen sehr erstaunt, eine so zahlreiche Gesellschaft von Herren und Damen in ihrer Nähe zu sehen; rasch sprangen sie daher auf und begrüßten die Angekommenen, indem sie sich zugleich wegen der Lage, in der man sie getroffen, entschuldigten. Es waren Franzosen. Als große Liebhaber der Jagd hatten sie die Einladung eines böhmischen Edelmanns, dessen Bekanntschaft sie auf der Reise von Prag nach Teplitz gemacht hatten, auf seinem Territorium zu jagen, mit Freuden angenommen, waren aber von ihm abgekommen und ruhten hier oben aus, um Kräfte zur Fortsetzung ihres Vergnügens zu sammeln. Der eben gefallene Schuß mußte von ihrem Freunde herrühren, denn man erblickte bald darauf seinen schönen Hühnerhund. Es dauerte auch nicht lange, so sah man ihn unter den Bäumen hervortreten und gerade auf die Gesellschaft zuschreiten. Es war der Baron Sedlazek, ein reicher Gutsbesitzer der Umgegend, den Erlhofen, Arnheim und Benno sehr wohl kannten. Man begrüßte einander mit der erhöhten Teilnahme, welche ein Begegnen am ganz unvermuteten Orte erzeugt, und der Baron bat um Erlaubnis, sich mit seinen beiden Freunden, die er als die Herren von St.-Luces und Beaucaire vorstellte, der Gesellschaft anschließen zu dürfen, was natürlich höflich angenommen wurde. Marie hatte währenddessen zufällig entfernt gestanden und daher die Namen der Ankömmlinge nicht gehört; sonst würde sie freilich aufs heftigste erschrocken sein, da sie wußte, wie nahe sie mit dem Schicksal ihres Bruders zusammenhingen. Von Ansehen kannte sie keinen derselben.
    Man trat jetzt gemeinschaftlich den Rückweg nach dem Schlosse an. Die beiden Fremden wußten sich mit französischer Gewandtheit und Galanterie den Damen zu nähern und waren bald so bekannt mit ihnen, als wären sie die ältesten Freunde. Da man sich im Hinabgehen vereinzeln mußte, hielt der ältere der Fremden, St.-Luces, den Rittmeister ein wenig zurück und fragte ihn mit der gewöhnlichen geselligen Neugier nach Stand und Namender Anwesenden. Auch Beaucaire drängte sich zu hören heran. Die Namen Erlhofen, Benno, selbst die der Gräfin und Lodoiskas schienen sie ziemlich gleichgültig zu lassen; als aber Arnheim Marien nannte, fiel der ältere Fremde ihm überrascht in die Rede: »Wie? Rosen? Aus Dresden? Haben Sie gehört, Beaucaire?«– »Allerdings«, erwiderte dieser mit einer Miene, deren seltsamer Ausdruck dem Rittmeister auffiel. »Kennen Sie die junge Dame?« fragte er erstaunt.–»Ein wenig, verehrtester Freund,« erwiderte St.-Luces, »ein wenig. Ich habe sie in Dresden, wo ich mich vor einigen Monaten aufhielt, mehrmals im Theater gesehen, und, da mir ihr angenehmes Äußere auffiel, sie mir nennen lassen. Dies ist unsere ganze Bekanntschaft.« Dabei warf er jedoch so seltsame Blicke zu Beaucaire hinüber, daß der Rittmeister wohl merkte, es müsse hier eine andere Beziehung obwalten, die seine Neugier nicht wenig spannte. Denn er mochte sich's gestanden haben oder nicht, er hatte eine lebhafte

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