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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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Neigung für Marien gefaßt, und diese unvermutete Bekanntschaft, welche St.-Luces mit ihrem Namen zeigte, regte allerlei eifersüchtigen Verdacht in ihm auf.
    »Sagen Sie mir doch,« fuhr dieser indessen fort, »ist diese junge Dame allein oder mit ihren Verwandten hier?« – »Soviel ich weiß nur mit ihrer Mutter,« entgegnete Arnheim, »welche jedoch ihrer Kränklichkeit wegen zu Hause geblieben ist.«
    »Also ihr Bruder ist nicht mit hier?«
    »Ihr Bruder? Ich weiß von keinem. Es ist indessen nicht unmöglich, daß er hier gewesen, ist oder erwartet wird; da ich erst seit einigen Tagen die Ehre habe, das Fräulein zu kennen, so kann ich über ihre nähern Familienverhältnisse durchaus keine Auskunft geben.«
    »Also dürfte man den Bruder noch erwarten?« fragte St.-Luces mit einem Eifer, welcher zeigte, daß ihm daran gelegen war.
    »Darüber würde die Dame Ihnen wohl selbst am besten Auskunft geben können«, erwiderte der Rittmeister, dem das gegenseitige Anblicken beider Fremden, ihre bedeutenden Augenwinke immer auffallender und unangenehmer wurden. Sie fragten indes nicht weiter, und Arnheim suchte sich von ihnen loszumachen, was ihm um so leichter wurde, da beide ziemlich weit zurückblieben und leise, aber emsig miteinander sprachen. Um so angelegentlicher bestrebte er sich dagegen Marien zur Seite zu kommen, um ihr zu sagen, daß sie von jenen Fremden gekannt sei, und womöglich zu erfahren, wie es mit jener Bekanntschaft die von ihrer Seite durchaus nicht geltend gemacht worden war, zusammenhängen möge. Bei einer Wendung des Pfades gelang es ihm, durch einen kecken Sprung den Abhang hinunter die vor ihm Gehenden abzuschneiden und Mariens Nachbar zu werden. »Sie sind die einzige Dame der Gesellschaft,« sprach er, nachdem einige unbedeutende Worte hin und wieder gewechselt waren, »welche den beiden Fremden nicht unbekannt ist. Sie behaupten schon in Dresden das Glück gehabt zu haben–« – »Daß ich nicht wüßte,« entgegnete Marie ein wenig schnell; »sie scheinen mir französische Offiziere zu sein, mit denen ich durchaus nicht in Bekanntschaft gestanden habe.« – »Vielleicht in keiner nähern,« antwortete Arnheim; »doch war dem ältern Herrn Ihr Name bekannt, und er versichert, Sie öfters im Theater gesehen zu haben.«
    »Unmöglich,« entgegnete Marie, »ich bin seit länger als einem Jahre nicht im Theater gewesen, und niemals, wenn französische Garnison in Dresden stand.« Ihre Antwort war so lebhaft, daß Arnheim ihr mißfällig gewesen zu sein fürchtete; und in der Tat fühlte sich Marie auch fast beleidigt, da sie bei ihrem tiefgewurzelten Haß gegen die Feinde ihres Vaterlandes es fast für einen Frevel gehalten haben würde, mit französischen Offizieren Umgang gehabt zu haben, selbst wenn sich in jener Zeit nicht so leicht eine üble Nachrede an Bekanntschaften dieser Art geknüpft hätte. »Ich darf beteuern,« sprach Arnheim, »daß ich nur wiederhole, was mir die Herren selbst gesagt haben.«
    »Ich glaube Ihnen das sehr gern,« entgegnete Marie milder, weil sie glaubte, Arnheim fühle sich verletzt; »aber Sie wissen, es liegt in der Art der Franzosen, überall gewissenlos zu verfahren, selbst mit dem Rufe eines Mädchens. Die Bekanntschaft dieser Herren mit mir ist möglich, wenn sie mich auf der Straße oder beim Spaziergange gesehen haben; sie besteht aber, ich versichere es Ihnen nochmals, nur von ihrer Seite.«
    Arnheim, dem es lieb war, daß keine seiner Vermutungen sich bestätigte, brach das Gespräch ab, welches Marien so sichtlich verletzte. Und so war von den beiden Fremden weiter nicht mehr die Rede.
    Der Weg abwärts ließ sich rascher zurücklegen als aufwärts; man erreichte denn auch bald den Schreckenstein wieder, wo man noch eine kurze Zeit verweilte und dann, als die untergehende Sonne eben den hellen Himmel mit rosigem Duft überhauchte, und der bleiche Vollmond gegenüber im lichten Äther schwebte, die Gondel wieder bestieg, um auf den Wellen des schönen Stromes bis an das Städtchen hinunterzutreiben. Die Gesellschaft überließ sich dem Genuß der Wasserfahrt und des in der Tat entzückenden Abends. Die gefürchtete Kühle war nicht eingetreten, sondern nur laue Lüfte kräuselten die Wellen. Die Häupter der Berge waren auf der einen Seite von purpurnem Dämmerschein umflossen, auf der andern zog sich das flüssige Nebelsilber des Mondlichts duftend um die schwarzen Gipfel. Die Elbe spiegelte Himmel und Ufer in sanft wallenden Linien klar

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