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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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Entschlossenheit ihrer Seele war durch diesen unvermuteten Schlag bis zur Erstarrung gelähmt. Denn da sie die Leiden der Mutter kannte, öffnete das Wort alle Tore der düstersten Ahnung in ihrer Brust. Sie mußte sich von der Frau Holder an einen Sessel leiten lassen, auf dem sie sich ermattet niederließ. »Seien Sie nicht zu besorgt,« sprach diese tröstend, »der Arzt hat die beste Hoffnung gegeben. Nur möglichste Ruhe hat er uns anempfohlen, damit der Zufall sich nicht wiederhole. Gehen Sie darum nur ruhig schlafen, ich will schon weiter am Bette der Kranken wachen. Sie weiß einmal, daß ich bei ihr bin, und würde vielleicht erschrecken, wenn sie plötzlich sähe, daß Sie die Pflege übernommen haben. Denn sie hat streng geboten, Ihnen bei Ihrer Rückkunft nichts zu sagen, weil morgen doch alles wieder gut sein würde, und Sie dann den Schreck nicht gehabt hätten. Das wagte ich aber doch nicht, ganz so auf mich zu nehmen. Nun müssen Sie aber auch hübsch ruhig hier auf Ihrem Zimmer bleiben und sich niederlegen, denn sonst werden Sie am Ende auch noch krank. Sie müssen ja ganz erschöpft sein von der langen Spazierfahrt!«
    Marie war es freilich, doch würde sie Kräfte genug in sich gefunden haben, um auch diese neue Anstrengung zu ertragen, wenn nicht der plötzliche Schreck sie so heftig getroffen hätte. Aber, sie durfte sich's nicht ableugnen, in dem Zustande der Aufregung, in welchem sie sich jetzt befand, würde sie zur Krankenpflege völlig untauglich gewesen sein. Daher mußte sie das wohlwollende Anerbieten der Wirtin annehmen, die mit sorglicher Teilnahme entschieden darauf drang, daß Marie sich niederlegen und wenigstens einige Stunden der Ruhe pflegen solle. Sie tat es, obwohl sie überzeugt war, daß kein sanfter Schlaf sie erquicken werde; doch verursachte die große Ermüdung des Körpers, verbunden mit der Erschütterung ihrer Seele, eine solche Abspannung ihrer Kräfte, daß sie wenigstens in eine Art von Betäubung versank, während welcher die Aufregung des Gemüts, überwunden durch die Kraft der Natur, schwieg. So gewann der Körper die notwendige Erholung, die sie sich freiwillig nicht gewährt haben würde.
    Nach einigen Stunden trat Frau Holder an ihr Lager und weckte sie mit sanfter Anrede. Sie stand schnell auf, kleidete sich flüchtig an und ging zur Mutter hinein. Mit Festigkeit nahm sie sich's vor, ihre Seele zu beherrschen und ihren bangen Schmerz auch nicht durch die leisesten Spuren zu verraten. »Guten Morgen, meine beste Mutter,« sprach sie mit leichtem Hauch des Tons, »wie geht es dir? Ist dir etwas besser?«
    Die Kranke zeigte in den sanften stillen Zügen ihres Angesichts den ruhigen Ausdruck der Ergebung in ihre Leiden; jene Ergebung, mit der sie seit langen Jahren alle harten Schläge des Geschicks in christlicher Fassung trug und sich der frohen Ereignisse niemals überhob. Sie lächelte die Tochter mild an, jedoch ohne zu sprechen, und bot ihr die auf dem Bette ruhende Hand durch ein leichtes Umwenden und Öffnen dar, hatte indes die Macht nicht, sie zu erheben. Marie durchschaute mit dem Scharfblick liebender Sorge die leichte Hülle der Ruhe, unter der die Mutter ihren Zustand zu verbergen suchte. Bei dem ersten Anblick des lieben, duldenden Angesichts fühlte sie die entsetzliche, unausweichbare Wahrheit – sie ist für dich verloren! An dem matten Auge, an der blassen Lippe erkannte sie es, noch mehr als an der stummen Begrüßung, an jenem Versagen der Sprache, das der freundlichen Mutter so ganz unähnlich sah. Ihr Herz zuckte unter der Berührung dieses neuen Jammers, der über sie kam; doch sie behielt die Festigkeit, und ihr Mund lächelte, während ihre Brust von namenlosem Schmerz zerrissen wurde.
    »Meine liebe, gute Mutter,« sprach sie, »während ich leichtsinnige Freude in Fülle und Übermaß genoß, mußte ein entsetzliches Unheil dich treffen und dir in der kurzen Zeit, die der Herstellung deines schwachen Körpers gewidmet war, ein neues Leiden bereiten! Aber gewiß hoffe ich, es werde ebenso schnell vorübergehen, als es plötzlich gekommen ist. Bleibe nur recht ruhig, antworte mir gar nichts, tröste mich nicht, heiße mich nichts tun; ich vermag alles, was du bedarfst und wünschest, in deinen Augen zu lesen, und meine wachsame Aufmerksamkeit wird erraten, was du nicht durch Winke ausdrücken kannst.«
    Sogleich legte sie auch Hand an, um das eingesunkene Lager der Kranken wiederherzustellen und ihrer bedrängten Brust eine freiere Lage

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