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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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dem Allmächtigen empor, daß er sie aus dieser Gefahr erretten möge. Da warf sich plötzlich der Strom der Menge seitwärts, weil man eine zweite Tür geöffnet hatte. Diesem Zuge folgte die Gräfin, und so erreichte man nach einigen Minuten das Freie, wo für den Augenblick wenigstens Sicherheit war. Jetzt erst konnte Marie der mütterlichen Freundin die Gefahr entdecken, in der sie schwebte. Diese schlug sogleich einen Umweg durch einige Nebengassen ein, um unbemerkt den Palast zu erreichen. Sie beruhigte Marien durch die Versicherung, daß es in Warschau niemand wagen werde, das Heiligtum der Gastfreundschaft zu stören, selbst wenn man ihren Aufenthalt entdeckt haben möchte. »Indes bezweifle ich es,« fuhr sie fort, »denn hätte einer dieser Männer uns erkannt, so würden sie ihr Auge unverwandt auf uns geheftet haben; doch habe ich nichts derart bemerkt.« Auch Lodoiska trat dieser Meinung bei.
    Durch diese Zusicherung einigermaßen beruhigt, schöpfte Marie wieder freien Atem. Hatte die Gräfin recht, so war sie in der Tat einer großen Gefahr aufs glücklichste entgangen. Denn bei dem damaligen Zustande der Dinge hatte sie, in Deutschland wenigstens unbedingt, von der Willkür eines solchen Feindes, wie Beaucaire und mutmaßlich auch St.-Luces, alles zu fürchten. Es gab keine andere Rettung als Flucht oder irgendeinen mächtigen Schutz. Auf diesen hoffte Marie durch das Ansehen der Gräfin; sich selbst überlassen, wäre sie verloren gewesen; denn der geringste Verdacht, in politische Umtriebe verwickelt zu sein, reicht ja hin, selbst gegen Frauen die härtesten Maßregeln zu verfügen, und Marie wußte nur zu gut, daß sie und ihre Mutter denselben nur durch Rasinskis geschickte und tätige Verwendung und durch den glücklichen Umstand der Abreise St.-Luces aus Dresden entgangen waren. Was damals der Bruder für sie getan, das hoffte sie jetzt von der Schwester. Um Gewißheit über die Lage der Dinge zu erhalten, meinte die Gräfin, sei es nötig, Arnheim, wenn auch nicht ganz, doch zum Teil ins Geheimnis zu ziehen; ein Vertrauen, dessen Marie ihn nach dem, was er ihr diesen Morgen eröffnet hatte unbedingt würdig hielt. Man war zwar in der Kirche von ihm getrennt worden, doch zweifelte man keinen Augenblick, daß er sich sehr bald wieder im Hause der Gräfin zeigen werde. Indessen wurde es Mittag und er erschien nicht. Dies erregte einige Besorgnisse in Marien, obwohl sie über ihre eigene Lage schon ruhiger wurde, da sie mit Recht voraussetzte, wenn Beaucaire sie bemerkt hätte und sie verfolgen wolle, so würde sie schon jetzt die Wirkung seiner boshaften Tätigkeit erfahren haben; denn er konnte sie nicht anders als in Gesellschaft der Gräfin und Lodoiskas, die er beide kannte, gesehen haben, und dies reichte hin, ihm ihren Aufenthalt zu entdecken. Endlich gegen Abend ließ sich Arnheim melden. Hätte er gewußt, wie sehnlich man ihn erwartete, so würde er längst dort gewesen sein; allein ihn hielt gerade das Gefühl zurück, welches ihn so mächtig an diesen Ort zog. Denn man scheut sich nicht selten am meisten, da einen Besuch zumachen, wo man so überaus gern ist, weil man das Fehlschlagen der Absicht so fürchtet, daß man nicht selten lieber gar keinen Versuch wagt. Für seinen Abendbesuch aber hatte Arnheim einen gültigen Vorwand, oder vielmehr einen dringenden Grund; denn er sollte noch in der Nacht als Kurier abgehen. Um neun Uhr war er zum Gesandten beschieden, um seine Depeschen zu empfangen. Als er mit dieser Entschuldigung seines Besuchs denselben einleitete, erschien es klar, daß seine Hilfe in der Angelegenheit, die man ihm vertrauen wollte, nicht mehr möglich sei. Doch er kam von selbst darauf, denn im Gespräche äußerte er: »Es scheint, daß Warschau alle Badegäste aus Teplitz versammeln will; soeben traf ich wieder zwei beim Gesandten, die beiden Franzosen, welche auf jener Landpartie nach Aussig zu uns stießen.«
    »Haben Sie dieselben gesprochen?« fragte die Gräfin mit etwas zu hastigem Tone, als daß er nicht hätte auffallen sollen. – »Nur ganz flüchtig,« entgegnete Arnheim; »aber weshalb? Wünschen Sie vielleicht –«
    »O ja, wir wünschen wirklich etwas, könnten Sie um einen wichtigen, dringenden Dienst bitten«, nahm die Gräfin das Wort und blickte Marien an. – »Mit größter Freude stehe ich Ihnen zu Befehl«, entgegnete Arnheim. – »Es ist die Frage, ob Sie es noch können. Unser Wunsch ist nämlich der, daß diese beiden Franzosen,

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