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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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aushalten muß, während sie in ihren warmen Pelzen und bei den vollen Magazinen sitzen! – Mögt ihr verbrochen haben, was ihr wollt, euch ohne Urteil und Recht hier erfrieren und verhungern zu lassen, das habt ihr nicht verdient. Ihr habt das Ansehen eines braven Kerls, und ich muß euch sagen, es hat mich gefreut, daß ihr euch oben so stolz benahmt. Das ziemt dem Soldaten. Drum will ich etwas für euch wagen. Aber ihr müßt mir euer Wort als Kamerad geben, daß ihr mir gehorcht.« – »Wenn ich's nicht erfüllen kann, so sage ich's euch zuvor und lasse mich hierher zurückbringen«, antwortete Bernhard fest. – »So kommt mit auf die Wachtstube. Doch ihr dürft mit niemand auch nur ein einziges Wort sprechen!« – »Ich werde schweigen wie diese Mauern. Aber mein Freund?«
    – »Auch er soll, aber unter derselben Bedingung, die Nacht mit uns zubringen.«
    – »Meine Hand hierauf in seinem Namen.« – »So kommt!«
    Bernhard faßte unwillkürlich beide Hände des Sergeanten, schüttelte sie mit warmer Heftigkeit, sah ihm ins Gesicht und rief: »Wahrhaftig, ich bin euch Dank schuldig und mehr als mein Leben! – Und euch auch, wackerer Kamerad und Landsmann«, setzte er hinzu und wandte sich zu dem redlichen Cottin. »Ja, es ist ein edler Stand, der des Kriegers. Ich ergriff ihn nur mit innerstem Widerwillen; aber ich habe ihn achten, verehren gelernt. Er erhebt über die niederträchtigen Lumpereien des Lebens und adelt so die Gesinnungen des Geringsten. Unter großen Geschicken wird der Mensch selbst groß. O ihr wißt nicht, wie elend die dort oben sind, die sich so hoch über euch zu stehen dünken! Wahrlich, es tut mir weh, daß dieses verächtliche Gesindel solchen Männern Befehle geben, sie zur Verantwortung ziehen darf.«
    Er konnte sich nicht bezwingen; er mußte die beiden Wackern an sein Herz drücken. »Gut, gut, Kamerad,« rief endlich der Sergeant fast unwillig, da er merkte, daß er seine ganze dienstliche Haltung verloren hatte; »nun macht nur fort.« – »Erst sagt mir, wie ihr heißt,« fragte Bernhard dringend; »denn ich möchte den Namen eines Ehrenmannes auch gern jenseits mit hinübernehmen.« –»Ich heiße Ferrand,« antwortete der Sergeant, »wenn ihr's durchaus wissen wollt. Doch laßt uns jetzt eilen.«
    »Ich werde euerer ohne Schreibtafel gedenken«, beteuerte Bernhard und nahm nochmals seine Hand. Ferrand drängte vorwärts; sie gingen. In Bernhards Seele kehrte jetzt ein Strahl der Hoffnung zurück. Er hatte sie wirklich schon aufgegeben und war gefaßt auf das Äußerste. Doch dieses günstige Zeichen hielt er für eine gute Vorbedeutung; dem einen, fürchterlichsten Tode war er doch wenigstens entronnen, und noch konnte er sich nicht überreden, daß der Himmel ihn nur deshalb so vielfach in der dringendsten Gefahr beschützt habe, um ihn durch übermütige Willkür zugrunde gehen zu lassen.
    So trat er in die unter dem Tore gelegene, finstere Wachtstube; zu andern Zeiten würde sie ihm als ein düsterer Kerker erschienen sein, jetzt gewann sie die Gestalt eines freundlichen, behaglichen Aufenthalts für ihn. »Hier, setzt oder legt euch auf die Bank dort in jener Ecke,« sprach der Sergeant; »aber haltet euer Wort, sprecht mit niemand und verlaßt die Stelle nicht.«
    »Ihr sollt mich als einen feigen Schurken mit Füßen zertreten, wenn ich euch nicht so gehorche, als wäre ich mit Ketten angeschlossen. Und könnte ich mich mit einem Schritt, mit einem Wort retten, ich wollte starr und stumm bleiben wie die Gräber draußen im Eis und Schnee.« Mit diesen Worten setzte er sich und hüllte sich, da der Frost ihn noch durchschauerte, dicht in den Mantel ein.
    Ferrand ging und kehrte nach einigen Minuten mit Ludwig zurück. Dieser trat mit einem Zug wehmütiger Freude um die Lippen ein und sein Auge suchte den Freund. Freudig winkte Bernhard ihm zu, legte aber den Finger auf den Mund. Ludwig gab ein Zeichen, daß er den Wink verstehe, und nahm in einer andern, ihm angewiesenen Ecke Platz. Der Sergeant ließ hierauf die Soldaten in einen Kreis zusammentreten und redete sie an: »Freunde, ich habe ein Werk der Barmherzigkeit an diesen beiden getan und lasse sie die Nacht hier zubringen, doch ohne daß sie einander sprechen dürfen. Ist einer unter euch, der mir unrecht gibt, so sage er's, und sie sollen sogleich in ihre Gefängnisse zurück, wo sie aber bis morgen vor Hunger und Kälte umkommen müssen. Meint ihr also, daß ich recht getan, so mögen sie hier bleiben,

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