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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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Bernhard bitter.
    »Wenn ein Geistlicher hier wäre, würde er wohl mit hinausgehen,« antwortete der Sergeant; »aber hängt ihr an dergleichen?« – »Nein«, nahm Ludwig das Wort. »Ich bin gefaßt, hinüberzugehen. Doch, wenn jemand meine letzten Vermächtnisse erfüllen wollte – das würde mir ein unendlicher Trost sein. Einen Gruß möchte ich gern nach der Heimat senden.« – »Was ich besorgen kann, will ich tun«, sprach der Sergeant. – »O so geht –«
    Hier öffnete sich die Tür. St.-Luces, Beaucaire und zwei Schreiber traten ein. St.-Luces wollte das Wort nehmen; er schien befangen zu sein. Ludwig sah ihm frei, unerschüttert ins Gesicht; Bernhard hielt flammende Blicke auf ihn gespannt. –»Ein höchster Richterspruch«, begann St.-Luces mit unsicherer Stimme, der er jedoch einen feierlichen Ton zu geben suchte. – »Richterspruch?« unterbrach ihn Bernhard; »Machtspruch, werden Sie sich ausdrücken, mein Herr!« – »Ihr wagt es«, rief St.-Luces mehr verwirrt als zürnend oder entschlossen.
    »Ich wage jetzt alles! Es scheint mir nicht, daß ich etwas zu verlieren hätte, daher wird es Ihnen eben nicht gelingen, mir eine sonderliche Furcht einzustoßen. Ersparen Sie sich die Mühe einer Einleitung und Verlesung eines Urteils, das wir bis zum letzten Hauch nur für eine Gewalttat erklären werden.«
    »Verfahren Sie in der Ordnung, Herr von Beaucaire«, befahl St.-Luces und biß sich auf die Lippen. Dieser las jetzt mit unbewegter Stimme und Miene Ludwigs und Bernhards Todesurteil.
    Nicht die leiseste Veränderung ging in den Zügen der Verurteilten vor. »Ich bin zum Tode verurteilt,« sprach Ludwig, »obgleich ich mich vor Gott für völlig unschuldig halte und diesen meinen Freund nur als einen gewissenlos Gemordeten betrachten kann, der nicht einmal nach euerm Gesetz der Willkür schuldig wäre. So wird mir wenigstens das Recht jedes Verurteilten zustehen, die Vollziehung meines letzten Willens zu fordern. Ich erbitte mir meine Papiere und meine Brieftasche zurück!« – »Diese werden bei den Akten bleiben müssen,« entgegnete Beaucaire eiskalt; »sie enthalten die Beweise euerer Schuld.«– »Wohl denn, auch das! So fordere ich Feder und Papier, um meinen letzten Willen aufzusetzen.«
    Beaucaire zog die Uhr heraus und sah dabei St.-Luces fragend an. Dieser verneinte weder noch bejahte er. »Es ist zu spät zu dieser Forderung,« erwiderte Beaucaire nach einigen Augenblicken; »Sergeant, sind Ihre Leute in Bereitschaft?« – »Sie sind es!« – »So lassen Sie sie eintreten. Wir müssen abmarschieren!« – »Also auch das wird mir versagt? Ein heiliges Recht, das dem niedrigsten Verbrecher zusteht?« – »Die Umstände verbieten es!« antwortete St.-Luces, wagte aber nicht, den Blick zu Ludwig zu erheben. »Nun denn,« rief dieser mit dem Ausdruck des edelsten Zorns, »so falle das Verbrechen, das ihr an uns begeht, auf euer Haupt zurück! Vater im Himmel! Dein ewiger Rat versagt mir Erbarmen, ich murre nicht; aber deine Gerechtigkeit wird Vergeltung üben an diesen Frevlern! Ich bin zu stolz, von euch noch etwas zu erbitten. Der Allgütige wird die stärken und erheben, der meine Abschiedsworte einen letzten matten Strahl des Trostes in das Dunkel ihres Schmerzes senden sollten! Fort! Ich habe auf dieser Erde nichts mehr zu tun als zu sterben!«
    Bernhard stand schweigend wie eine finstere Gewitterwolke. Eine furchtbare Totenstille herrschte im Saal. Die Soldaten, zwölf Mann, marschierten herein. »Trennt die Delinquenten«, befahl St. Luces. Der Sergeant wollte zwischen sie treten, doch sie reichten einander die Hände; treu und redlich sahen sie sich ins Auge, keine Träne drang daraus hervor. »Leb' wohl, Bruder!« rief Bernhard mit männlich kräftiger Stimme. – »Auf Wiedersehen!« sprach Ludwig fest, ernst, gläubig, und erhob sein Auge nach oben.
    Die Krieger traten zwischen sie; jede Sektion nahm einen der Verurteilten in ihre Mitte. »Gewehr auf! Vorwärts, marsch!« Im gleichförmigen, dumpf durch die Gewölbe hallenden Schritt verließen sie das Gemach. Im Vorübergehen an Beaucaire warf Bernhard ihm einen furchtbaren Blick zu, so daß selbst dieser abgehärtete Bösewicht erblaßte.
    St.-Luces bemerkte es und sprach: »Seien wir auf unserer Hut; diesem verwegenen Burschen traue ich alles zu.«
    Beide folgten dem Kommando in einiger Entfernung. Der Weg ging über den Hof, zu einer kleinen Seitenpforte des Gebäudes hinaus. Es dämmerte kaum. Nur die letzten

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