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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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und Blumen um deine Gebeine sprossen! – Du hättest ein dauerndes Denkmal verdient! Nimm vorlieb! Hier wird es keinem besser geboten! – Leb' wohl!« – Er wandte sich. Tiefer und tiefer ging er, entschlossen, die letzten Kräfte an seine Rettung zu setzen, aber gefaßt, daß es vergeblich sein werde, in den Wald hinein.

Viertes Kapitel.
    Während Ludwig und seine Mitgefangenen durch den Wald geführt wurden, spähte dieser mit sorgenvollen Blicken umher, ob er Bernhard nicht entdecke. Er wußte kaum, ob er hoffen oder fürchten sollte, ihn zu sehen. Es wäre ein unbeschreiblicher Trost für ihn gewesen, jedes Leid mit dem Freunde gemeinschaftlich zu tragen; doch wehrte seine edle Seele sich gegen die leisesten Keime dieser geistigen Selbstliebe. Er hegte die geheime, wenngleich schwache Hoffnung, daß Bernhard glücklicher in seinem Unternehmen gewesen sein und bald Rasinski und die Freunde erreicht haben werde.
    Nach einer Wanderung von einer Stunde erreichte man einen freien Platz, der jedoch rings vom Walde umschlossen war. Hier loderten hohe Wachtfeuer, an denen Scharen von bewaffneten Landleuten lagen. Mit Erstaunen sah Ludwig auch viele Frauen, die der allgemeine Haß gegen den Feind von ihrer friedlichen Wirksamkeit abgelenkt und mitten in das kriegerische Treiben der Männer hineingeführt hatte. Einige bereiteten Speisen, andere putzten Gewehre; eine ältere sah er einen Verwundeten verbinden. Anfangs schien man die Ankommenden nicht besonders zu beachten. Doch als man der Gefangenen, die sie mitbrachten, ansichtig wurde, strömten alle neugierig herbei, diese Unglücklichen zu sehen. Die Hoffnungslosigkeit in den Zügen derselben stach schreckenvoll gegen den Ausdruck des Hohnes und der wilden Freude der Sieger ab. Ludwig bedurfte seiner ganzen Kraft, um sich die männliche Fassung zu bewahren. Der Umstand, daß er nicht wie die übrigen der Kleider beraubt war, sondern noch in einen warmen Mantel gehüllt, wenigstens nicht vor Frost zittern durfte, kam ihm dabei sehr zustatten. Doch erweckte er dadurch auch die Habgier der sich rings andrängenden Feinde, deren Gesinnungen er aus ihren Gebärden und dem laut und lauter werdenden Murmeln erriet. Endlich trat ein bärtiger Koloß, der wohl glauben mochte, sich vor den andern etwas erlauben zu dürfen, auf ihn zu und wollte ihm die Mütze vom Kopfe nehmen. Ludwig trat unwillkürlich einen Schritt zurück und wehrte dem Russen mit der Hand. Da erhob dieser im Zorn seinen einer Keule ähnlichen Knittel zu einem furchtbaren Schlage auf. Unfehlbar hätte er Ludwigs Haupt zerschmettert; doch plötzlich ertönte der laute Schrei einer weiblichen Stimme, und in demselben Augenblicke brach eine edle Gestalt, in kostbare Pelze gehüllt, doch mit verschleiertem Angesicht, durch die Reihen der Umstehenden und warf sich dem gehobenen Arme des Russen entgegen.
    Zornig wandte sich dieser um; doch als er sah, wer seine Tat hinderte, verwandelte sich sein Grimm in die tiefste Unterwürfigkeit, und er trat mit knechtisch ehrfurchtsvollen Verbeugungen zurück. Ludwig war von dem Wunder dieser neuen Rettung, die sich in der Schnelle des Augenblicks vollendete, wie betäubt; er heftete seine Blicke auf die Retterin, vermochte aber kein Wort des Dankes hervorzubringen. Sie stand selbst vor Schrecken ganz außer Fassung, aus tiefster Brust mühsam atmend, kaum vermögend, sich auf den Füßen zu erhalten, vor ihm und hielt die Hände wie zum Dankgebet gefalten. Endlich schlug sie den Schleier zurück, indem sie mit unnachahmlichem, rührend zitterndem Tone der Stimme sprach: »Erkennen Sie mich?« Als trete eine himmlische Erscheinung, ein rettender Engel des Allmächtigen plötzlich strahlend vor ihn hin, so sank Ludwig, seiner selbst nicht mehr mächtig, auf die Knie vor der Entschleierten nieder. Es war Bianka!
    Bebend ergriff er ihre Hand mit seinen beiden; er neigte sein Haupt darüber, seine Tränen strömten – er wähnte in diesem Übermaß der Wonne sein Dasein zu enden. »So konnte ich doch vergelten!« sprach sie und hob das blaue, in Tränen schwimmende Auge gen Himmel. »O, allmächtiger Vater, deine Hand leitete meine Schritte! Wenn ich zu spät gekommen wäre!« Die Umstehenden betrachteten die Gruppe mit lautlosem Erstaunen. »Was bedeutet das?« fragte plötzlich eine rauhe männliche Stimme. Ludwig erwachte aus seiner seligen Betäubung und sprang auf.
    Ein Reiter war in den Kreis gesprengt; das edle Roß, seine reiche Kleidung gaben einen Führer zu

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