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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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bebte schaudernd zusammen und drückte das Angesicht verbergend gegen Ludwigs Brust. Diesem hielt das Grausen Sprache und Bewegung gefesselt; kaum vermochte er es, den Blick von dem gräßlichen Schauspiele ab auf die erblaßten Züge der Geliebten zu wenden, die an seinem Herzen ruhte.
    Als nach dem wilden Getöse einige Augenblicke schauerlicher Stille eintraten, erwachte Feodorowna aus ihrer Betäubung. Sie bebte scheu zurück, als ihr Auge auf den Schauplatz der gräßlichen Tat fiel. Das Haupt wendend, traf sie auf Ludwigs edle, von Schauder und Rührung tief bewegte Züge. Hier weilte ihr Blick mit unaussprechlicher Innigkeit. Nicht ihrer Lippe entfloh das Geheimnis ihres Herzens, welches sich ihr selbst erst in diesem Augenblicke wunderbar offenbarte; aber der Strahl ihres Auges verkündete es. In Ludwigs Brust flammte ein hoher Glaube an die Fügungen des Allmächtigen, ein kühnes Bewußtsein auf. Diese und keine andere war ihm zur Begleiterin des Lebens bestimmt. Auf den wunderbarsten Pfaden führte die Schickung sie ihm entgegen. Er wagte, ihre Winke zu deuten. Eben wollte er die Lippe öffnen, da trat Dolgorow, der von seinem blutigen Richteramte zurückkehrte, zwischen ihn und Feodorowna. Er heftete finstere, forschende Blicke auf das Antlitz der Tochter; es, schien, als argwohne er, daß ihre heftige Erschütterung durch etwas anderes als eben die vollbrachte entsetzliche Strafe an dem Elenden bewirkt sei.
    »Fürstin Ochalskoi,« sprach er vornehm und kalt, »ich habe nicht vergessen, was wir diesem jungen Manne schuldig geworden. Mir deucht aber, unsere Rechnung sei zerrissen, da ich ihn hier als Feind Rußlands unter den Frevlern erblicke, die in das Heiligtum unserer Heimat eingebrochen sind. Doch Großmut ist die Tugend der Russen. Ich werde Sorge tragen, junger Mann, daß man Sie den Ihrigen wieder zusende; doch fallen Sie zum zweiten Male in meine Hand, so trifft Sie das Los aller übrigen, Tod oder ewige Gefangenschaft in den Bergwerken Sibiriens.«
    Ludwigs Stolz erwachte dem Stolze Dolgorows gegenüber; doch er bezwang ihn und erwiderte: »Wenn Sie mich zu dem französischen Heere zurücksenden, so ist mein Tod gewiß, und Sie selbst sind die Veranlassung dazu.« – »Wie das?« fragte Dolgorow erstaunt. – »Was ich an der italienischen Grenze für Sie getan, wurde mir in meiner Heimat von den französischen Behörden zum todeswürdigen Verbrechen gemacht. Jeder Weg zur Flucht war mir abgeschnitten; nur um der Gewalt meiner willkürlichen Richter zu entgehen, trat ich, auf das Anerbieten eines edeln Freundes, in das Heer ein. Diesen Morgen sollte ich, von eben dem Unglücklichen verfolgt und verraten, der in diesem Augenblicke die entsetzliche Strafe seines Verbrechens erduldet hat, den Tod empfangen. Der Überfall der Ihrigen rettete mich. Doch ein teurer Freund –« Dolgorow unterbrach ihn: »Wenn Sie Wahrheit sprechen, sind Sie gerechtfertigt; und ich glaube es Ihnen. In diesem Falle werden Sie Sorge tragen, Fürstin, daß unser Retter auf das Schloß geführt werde. Solanow soll Sie geleiten; mich hält mein Beruf hier zurück, doch treffe ich sobald als möglich ein. Gehen Sie jedoch zuvor die Gräfin zu benachrichtigen.«
    Bianka gehorchte und nahm, von zwei Dienern begleitet, ihren Weg nach einer Art von Hütte, die hinter den Lagerfeuern aufgerichtet war. »Wir werden uns bald wiedersehen«, sprach sie im Gehen zu Ludwig und neigte sich grüßend gegen ihn. Ihr Blick drang in sein tiefstes Herz; sie lächelte schmerzlich und freundlich zugleich und eine milde Hoheit, wie von dem Antlitze einer Heiligen, strahlte aus ihren Zügen. Mit bebender Verehrung beugte er das Haupt; als er es erhob, sah er die edle Gestalt, wie die Erscheinung einer Himmlischen im Kreise gelagerter Wilden, durch die Reihen der sich ehrfurchtsvoll neigenden Krieger dahinschweben.
    Auch Dolgorow wollte gehen, doch Ludwig hielt ihn zurück. »Ich muß Sie noch um Ihre Vermittlung für einen Freund anflehen, der vielleicht wie ich in die Hände der Ihrigen geriet. Er wollte mein Retter werden und lud so den Zorn der französischen Machthaber auf sich; er wollte mein Geschick überall teilen, und so ergriff er denselben Ausweg der Rettung. Heute sollte er an meiner Seite sterben, rettete sich jedoch durch die Flucht.« – »Wenn er in unsere Hände fällt, soll er zu Ihnen gebracht werden,« sprach Dolgorow; »doch wie nennt er sich?« – »Graf Lomond ist der angenommene Name, unter dem er in Dienste trat und

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