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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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entschuldigen, daß Ihnen in der Not dies Anerbieten gemacht wird; aber was läßt sich für den Augenblick anderes tun? Wenn wir in Petersburg wären, würden wir in vierundzwanzig Stunden schon andere Anstalten getroffen haben. Hier aber ist die Not der Meister.«
    »Nur her, Freund!« sprach Bernhard. »Du siehst, wir haben eben keine Prachtgewänder an, und zerrissene Mäntel und Stiefel halten die Kälte nicht so gut ab als ganze. Zeig' her deine Ware! Hm, es wird alles so ziemlich passen! Wenn wir nur nicht eitel werden, Ludwig; wir sind nicht gewohnt, uns so stattlich zu sehen! Sieh' nur, ich sehe fast wie ein russischer Fürst aus in diesem Pelzüberrock.« Bernhard sprach absichtlich viel und scherzhaft, weil Ludwig still und in sich gekehrt war. Er wollte dadurch den Verdacht der Leute, welche diese Gäste schon mit seltsamen Augen betrachteten, ableiten, damit sie nicht auf den Gedanken kämen, es sei hier etwas Ungewöhnliches vorgefallen. Gewohnt, selbst seine tiefsten Empfindungen mit dieser Kraft zu beherrschen, und geübt, mit der Larve des Humors sein natürliches Angesicht zu decken, zumal aber wenn es vor Freude oder Schmerz weinte, gelang ihm dies fast leicht.
    Willhofen erfreute sich des muntern, kräftigen Jünglings. »Wahrlich,« rief er, »es war gut, mein Herr, daß wir euch auf den Schlitten luden, denn zur Beute für die Wölfe in so jungen Jahren zu werden, das wäre doch zu hart gewesen. Wollt ihr aber nicht hier diese Pelzstiefeln anziehen? Ihr seid es vielleicht nicht gewohnt, aber bei uns ist es gut. Der Wind pfeift hier etwas schärfer als in Deutschland.« – »Du warst in Deutschland, alter Kamerad?« fragte Bernhard. Erst jetzt erzählten Ludwig und Willhofen während des Umkleidens abwechselnd die Geschichte ihres Wiederfindens. »Hm!« sprach Bernhard, indem er sinnend stillstand, »verwundersam genug. Und Beaucaire und St.-Luces haben auch ihren Lohn? Es kommen so Zeiten, Ludwig, wo ich ein Pietist werden und glauben könnte, es bekümmere sich jemand dort oben ganz speziell um unsere lumpigen Angelegenheiten und gehe hier unsichtbar neben uns her, um uns durch alle die kreuzenden Irrwege hindurchzuführen, bis an den Punkt, wo die Fäden, an denen wir tanzen, zusammenlaufen. Alsdann erfährt man erst, wer mit uns nach derselben Melodie springen mußte, an demselben Draht regiert wurde. Hm! Wahrhaftig, es ereignet sich allerlei kurioses Zeug in der Welt! Nun, Alter!« wandte er sich zu Ludwig, »weshalb denn so stumm und kopfhängend? Ist dein Glaube noch nicht fest genug? Merkst du nicht, daß dein grüner Schleier aus dem Tal von Aosta hier so gut auf dem Schnee leuchten wird wie am Hospizium des heiligen Bernhard? Es freut mich beiläufig, daß ich sein Namensvetter bin.« Er faßte bei diesen Worten Ludwigs Hand und drückte sie warm. Sein scharfes, geistiges Auge blickte tief in das Herz des Freundes und erkannte den Grund seines schwermütigen Schweigens. Aber mit ebenso hellem Auge sah er auch, daß die verschwiegenen Knospen der Liebe jetzt zu duftenden Blüten aufbrechen mußten, und daß der Bruder die Hand der Schwester in die des Freundes legen könne.
    Beide waren angekleidet; sie gingen in den Saal hinüber, den Willhofen ihnen als Speisesaal bezeichnete. Er war bis jetzt nur durch ein mächtiges Kaminfeuer erhellt, das zur raschern Erwärmung angezündet war. Der für vier Personen gedeckte Tisch stand nahe bei der Flamme. Willhofen setzte den Armleuchter, den er in der Hand trug, um den Gästen vorzuleuchten, auf den Tisch. »Seien Sie übrigens unbesorgt,« sprach er, »der Saal wird schon warm werden, denn die Öfen sind gleichfalls geheizt, nur dauert es damit etwas länger. Ich werde jetzt der Frau Fürstin melden, daß Sie hier verweilen.« Er ging.
    Jetzt waren Bernhard und Ludwig allein. Sie blickten sich lange an; dann sanken sie einander in die Arme und hielten sich stumm umfaßt. »Ludwig,« rief Bernhard endlich, »wenn wir uns erinnern, wo wir diesen Morgen erwachten, und wo wir diesen Abend entschlummern werden – Ludwig, dann fange ich wahrlich an, wie ein frommes Kind an Wunder und Engel zu glauben!«
    »Ein holder Engel ist es, der diese Wunder wirkt,« entgegnete Ludwig bewegt; »sein schützender Flügel war über uns gebreitet, seine sorgende Hand führte uns zurück aus dem finstern Reich des Todes. Das höchste Wunder bleibt dieses wundertätige Heiligenbild selbst!«
    Die Tür nach den innern Gemächern öffnete sich und Feodorowna trat

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