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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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gebrechlichen Nachen der Hoffnung, der auf den Wellen schwankt, an, und behält das Gefühl einer Gegenwart mit ihren Schmerzen und Freuden.
    »Also ihm ist das zur Hoffnung und Erhaltung seiner Wünsche geworden, was in jedes andern Brust die Wünsche und Hoffnungen vernichtet?« dachte Bernhard und ließ seinen Blick wehmütig betrachtend auf dem bleichen Antlitz und dem erloschenen Auge des Jünglings weilen. »So gequält bist du Armer?« – Die Ahnungen des scharfblickenden Freundes gingen weiter. Der seiner selbst bewußte Jaromir hätte die Erlösung von seiner Marter, die mit der Vernichtung der Freunde, des Ruhms und des Vaterlandes erkauft ward, nicht mit einem Lächeln begrüßt! Das konnte nur der, dem schon die Bilder des Lebens sich zu verwirren begannen, für den sie in dämmernde Träume übergingen. Ach, schon längst hatte Bernhard es bemerkt, aber den Gedanken wie einen unheimlichen Feind zu verscheuchen gesucht, daß die Nemesis, welche die frevelvolle Alisette ereilt hatte, für Jaromir ein grausenhaftes Spiegelbild geworden war, in dem er sein eigenes Geschick vor sich sah.
    Aber nicht dieses selbst, sondern der Gedanke, daß er es so verschuldet, daß sein Verbrechen die finstern Rachegestalten aufrufe und sie verfolgend an seine Füße hefte, folterte Jaromirs Brust mit namenlosen stummen Qualen, von denen er keine Erlösung sah als die Vernichtung, zu der er selbst den Arm nicht gegen sich aufheben durfte, ohne sich mit neuen Freveln zu belasten. In diesen steten, innern Martern verzehrte er sich, seine Kraft erlag, sein edler Geist verlor die Freiheit des Bewußtseins, das Grauen des Wahnsinns pochte schauerlich leise an die Pforte seiner Seele, und er bebte zusammen bei der eisigen Berührung. Wer will ihn jetzt richten, wenn das dunkle Tor des Todes ihm nur als das der Erlösung erschien, wenn seine gequälte Brust die Fähigkeit verloren hatte, es für andere anders zu denken?
    Bernhard wandte sich mit einem von Schmerz bezwungenen Antlitz ab. Jetzt wäre die offene Freundesmitteilung eine erquickende Wohltat für ihn gewesen, doch er versagte sie sich selbst, um nicht diesen bittersten Schmerz auch auf Ludwigs und Boleslaws Seele, die noch ahnungslos an dem Abgrunde dieses neuen Schreckens hinwandelten, zu häufen. Das Geschick hatte ihre Brust ja schon genug zerschmettert; weshalb ihnen neue tiefe Wunden bohren? Aber zu Jaromir wandte er sich mit warmer Bruderliebe und versuchte, ob Worte des Trostes, der Hoffnung, der männlichen Erhebung zur Pflicht den finstern Raubvogel des Wahnsinns zu verscheuchen vermöchten, der in nahen Kreisen drohend über seiner Seele schwebte und sie mit den vergifteten Fängen zu zerreißen drohte.

Zweites Kapitel.
    Nach unsäglich mühsamen Märschen erreichte das Heer endlich Niamanitza. Tausende hatten in Angst und Entkräftung den Tod auf dieser furchtbaren Straße gefunden, und die schreckenvolle Nachricht, daß Minsk in den Händen der Russen sei, bestätigte sich leider täglich. Das Land wurde jeden Tag düsterer, die Straße zog sich jetzt fast unausgesetzt in unabsehbaren Fichtenwäldern hin, die kaum dann und wann durch einige elende Häuser unterbrochen wurden. Ein grauer Himmel schien drückend bis tief gegen die Erde herabzuhängen und sie mit seinen feuchten Nebelschleiern zu berühren. Es war weder streng kalt noch taute es; doch wehte fortdauernd ein naßkalter verklammender Wind, der durch die elenden Kleidungsstücke der Krieger hindurchdrang und sie in langsamer Qual lähmte und erstarrte. Der Boden überzog sich mit spiegelhellem Glatteis; jeder Schritt kostete eine furchtbare Anstrengung, und fast jeder Fehltritt führte den Tod herbei, denn den Fallenden war es oft unmöglich sich wieder aufzurichten, da sie zumeist aus Kraftlosigkeit niedersanken.
    In dichter Finsternis hatte Rasinski mit den Seinigen ein verlassenes Haus erreicht, welches, zur Seite der Straße gelegen, durch Zufall von einem seiner Leute entdeckt worden war. Die Nacht in dieser engen, aber doch sicheres Obdach gewährenden Hütte würde erträglich gewesen sein, wenn nicht die beunruhigendsten Nachrichten eingetroffen wären. Regnard, dessen eherner, unverwüstlicher Körper von keiner Strapaze erschüttert wurde, und der unermüdlich im Aufsammeln jeglicher Kundschaft war, trat noch spät abends ein, um Rasinski von allem, was er erfahren hatte, in Kenntnis zu setzen, hauptsächlich aber um sein Töchterchen, welches noch immer in Biankas Obhut stand, noch zu

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