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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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verzagt finden. Nein, laßt mich bei euch; was uns gemeinsam trifft, ist süßes Leid, wenn es auch das schwerste wäre. Doch nur das starre Grauen der Verzweiflung würde die Einsame umgeben.«
    Es gibt Liebesopfer, die wir mit Schmerz und Bangen annehmen und sie dennoch nicht zurückweisen können. Die Grenze, wo gegenseitige Pflichten sich scheiden, ist dem schärfsten Blick nicht mehr erkennbar. Das Herz ergibt sich endlich willenlos der Zukunft und wagt keine selbständige Entscheidung mehr zu treffen. So auch hier; Bernhard und Ludwig unterwarfen sich den rührenden Bitten Biankas, denn wer hätte es auch ermessen, ob die äußern Gefahren und Drangsale, welche sie abzuwehren dachten, den innern Qualen, die Ferne und Angst der von Freund und Bruder Getrennten auflegen mußten, das Gleichgewicht halten würden?
    An eine Ordnung des Armeekorps, an eine feste Abteilung des Heeres war nicht mehr zu denken. Jeder hielt sich zu den Truppenteilen, bei welchen er die meiste Sicherheit zu finden hoffte, oder wohin der Zufall ihn führte. Rasinski schloß sich wieder an Ney an; teils aus Neigung für den Feldherrn, mit dem er so vieles getragen und überwunden hatte, teils, weil seine kriegerische Ehrliebe ihm die Gefahren des Kampfes immer als die ruhmwürdigern zeigte. Endlich blieb ihm auch keine andere Wahl, da die Erschöpfung seiner Leute, mit denen er bis zum letzten Augenblicke zusammenzuhalten beschlossen hatte, es nicht gestattete, diejenigen Truppenteile zu erreichen, die schon einen Vorsprung gewonnen hatten. Der Feind drängte auf den nächsten Tagemärschen zwar nach, aber er verfolgte noch nicht heftig; nur einige Kosakenschwärme, die man oft mit einem einzigen Kanonenschuß auf Stunden verjagte, belästigten den Rückzug.
    Da kam der Tag, für den der erbitterte Feind des Heeres, der Winter, seinen ganzen Zorn aufgespart zu haben schien. Es war in der Nacht zum 4. Dezember, als der Südwest plötzlich in einen schneidenden Nordost umsetzte und auf seinen Flügeln alle Schrecken des Eispols heranführte, um die letzten Trümmer jenes stolzen Heldenheeres zu vernichten, das sich endlich durch den Strom tausendfacher Drangsale bis zum rettenden Ufer herangekämpft zu haben glaubte. Tückisch lauernd hatte der Winter sich bisher halb verhüllt und nur die ahnenden Schrecken seiner Gegenwart in die grauende Brust gesenkt; jetzt war er durch die finstere Nacht dicht herangeschlichen und überfiel die Wehrlosen im Schlaf. Von seiner starren Hand mit schneidendem Schmerz berührt, schlugen sie das Auge auf, und das erbarmungslose Ungeheuer stand in seiner ganzen Entsetzlichkeit vor ihnen.
    Rasinski hatte mit allen den Seinigen und vielen andern Kameraden in einer großen Scheuer gelegen, wo nur gegenseitige Nähe sie erwärmte, weil der Raum kein Feuer zuließ. Gegen Morgen erwachte er von einem stechenden Schmerz in Händen und Füßen; er wollte aufspringen, fand sich aber wie gelähmt. Mit Mühe beugte seine Willenskraft endlich die starren Sehnen, und er richtete sich empor; da sagte ihm ein Atemzug, daß jetzt der moskowitische Winter vor den Pforten gelagert sei, und sein erstarrender Hauch tödlich über alles Lebende dahinwehe. »He!« rief er sogleich und rüttelte Jaromir, der ihm zunächstlag: »He! Auf! Boleslaw, Jaromir, Bernhard!« Taumelnd fuhren diese aus den festen Banden des Schlafes empor; doch ihre Glieder waren an dem kalten Boden so erstarrt, daß sie sie nicht regen konnten. »Tut euch Gewalt an,« rief Rasinski, »sonst seid ihr verloren. Heute bricht die Morgensonne des wahren Winters an. Bisher hat er nur von fern gedroht, heut, ich fühle es, stürmt er mit seinen alles lähmenden Waffen durch unsere Reihen.«
    Bei diesen Worten schüttelte und rüttelte er die Freunde und war ihnen behilflich, sich emporzurichten. Nach und nach entstand in dem ganz düstern Raum der Scheuer, in den nur der Widerschein einiger draußen angezündeten, halb verglimmenden Feuer hineinfiel, ein dumpfes Murmeln und Bewegen. Dazwischen ertönte ein jammerndes Wehklagen des Schmerzes, welches Kranke und Leichtverwundete oder solche ausstießen, die schon den schleichenden Tod in den Gliedern fühlten, welche die Kälte wie mit einem feinen, furchtbar zerstörenden Gift durchdrang. »Teufel, ist das ein Wetter!« murmelte Bernhard, indem er sich dichter in seinen Pelz einknüpfte; »es packt an wie die Tatzen eines Eisbären! Bianka, liebstes Herz, wie ist dir?« Die Standhafte unterdrückte Schmerz und

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