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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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Aufenthalt erfuhr. Dieser war der erste bei der Abfahrt und wurde von dem wirklichen Kutscher geführt, weil er des Weges und des Fahrens am kundigsten war. Als nunmehr die Männer unter sich waren, berichtete Bernhard in möglichster Kürze das ganze Abenteuer, wenigstens insoweit, um die seltsame Verkleidung Ludwigs als Kutscher zu erklären. Man gab sich das Wort, in der vollsten Übereinstimmung zu handeln, und Rasinski versicherte überdies, seine Uniform werde hinreichen, um für den Augenblick jede Gefahr abzuwenden. Ludwig drückte sich eine von Bernhard mitgebrachte Kutschermütze tief in die Stirn, hüllte sich dicht in den Mantel und schwang sich hinauf auf den Bock. Während des Fahrens setzte Bernhard die Verhältnisse vollends auseinander, so daß durch Mißverständnisse oder Unkunde auch nicht das mindeste mehr verdorben werden konnte.
    Die Fahrt ging glücklich vonstatten. Man kam an die Fähre und setzte über die Elbe ohne Hindernis. Etwa die Hälfte des Weges mochte man zurückgelegt haben, als Bernhard zum Wagen hinaus Ludwig anrief und ihn anzuhalten bat.
    »Es ist zwar ziemlich wahrscheinlich,« sprach er, »daß man dich gar nicht kennt; allein es ist doch nicht so ganz gewiß. Wie, wenn man dich im Hause deiner Mutter aufsuchte? Vorsichtiger wenigstens ist es, wenn du diese Nacht nicht dort zubringst und dich morgen noch versteckt hältst, bis wir das Terrain sondiert haben. Einen Vorwand dazu will ich schon finden; für den Augenblick rufe nur deinem Kollegen, dem ersten Kutscher, zu, daß er anhalte, dann wird sich das übrige leicht machen lassen.«
    Ludwig tat, was Bernhard wollte. Jetzt stieg dieser aus dem Wagen, ging zu den Frauen heran und bat sie, es nicht übel zu nehmen, wenn man sie allein fahren lasse. Aber die Pferde des zweiten Wagens seien so ermüdet, daß sie nicht mehr von der Stelle wollten, und man daher notwendig eine Stunde anhalten und füttern müsse. Den Kutscher zog er beiseite, gab ihm ein Trinkgeld und sprach: »Sei unbesorgt, wir fahren in kurzer Entfernung nach, aber wir haben unsere Gründe, weshalb wir nicht mit den Frauen zugleich eintreffen wollen.« Der Kutscher murmelte ein »Schon gut«, setzte sich wieder auf den Bock und fuhr weiter.
    Gleichsam als falle es ihm jetzt erst ein, lief Bernhard dem Wagen nach und rief in den Schlag hinein: »Noch eins! Da wir mutmaßlich viel später kommen als Sie, so wird Ludwig Sie nicht erst stören, sondern den Überrest der Nacht bei mir zubringen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, eilte er zu den Freunden zurück. »Nun ist alles in Ordnung,« rief er fröhlich, »jetzt haben wir uns vermummt und verlarvt, geharnischt und verpalisadiert dazu. Nun soll einer die Festung stürmen, belagern oder aushungern, ich denke, er wird mit seinem Volk an unsern Mauern verderben.«
    Fünf Minuten später als die Frauen setzten auch die Männer ihren Weg fort, so daß sie sich immer in einiger Entfernung von jenen hielten, die indessen doch nicht groß genug war, als daß sie nicht im Notfall zu einem schleunigen Beistande hätten hinzueilen können.
    Auf dem ganzen Wege begegnete ihnen nichts Verdächtiges; ungehindert erreichten sie das Tor von Dresden. Als sie hier einfuhren (die Frauen waren schon einige Minuten früher passiert), wurden sie jedoch angehalten. Ein Polizeioffiziant und ein Gendarm traten an den Wagen und fragten, woher man komme, wer man sei. Verabredetermaßen übernahm es Rasinski, die Antwort auf diese von Bernhard schon gemutmaßten Fragen zu erteilen. Die Uniform, der Stand des Grafen schienen den Fragern zu imponieren; sie traten einige Schritte zurück und sprachen leise miteinander. Bernhard, der sie nicht aus der Acht ließ, sah, wie ein dritter, der tief in einen Mantel gehüllt war, zu ihnen trat. Sein malerisch geübtes Auge für Faltenwurf wie für Trachten überhaupt erkannte mit ziemlicher Gewißheit Ludwigs Hauptfeind in dem Vermummten; man befand sich also in der Tat in einer sehr gefährlichen Lage. Rasinski beugte sich endlich ungeduldig zum Wagen heraus und rief: »Worauf haben wir noch zu warten? Es ist spät, man fertige uns rasch ab.«
    Man zögerte noch einige Augenblicke, dann trat der Gendarm mit einer Laterne näher, leuchtete in den Wagen und sprach höflich: »Verzeihen Sie, mein Herr Oberst, aber wir sind beauftragt, einer Person, die von Pillnitz kommen muß, wegen einer höchst wichtigen Angelegenheit gleich hier am Tore eine Nachricht zu geben; ich habe also nur den Auftrag, zu

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