Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
Vom Netzwerk:
sagen?«
    »Die volle Wahrheit, lieber Freund,« entgegnete Rasinski; »denn sind die Ihrigen gar nicht oder falsch unterrichtet, so können sie leicht wider Willen Ihre Verräter werden. Zwar scheint man bis jetzt nur Ihre Person, nicht Ihren Namen zu kennen, allein wie leicht kann dieser entdeckt werden! Ich selbst will es übernehmen, Ihre würdige Mutter auf das schonendste von allem in Kenntnis zu setzen, und dann den Stand Ihrer Angelegenheiten untersuchen, wozu ich die besten Mittel in Händen habe.«
    Ludwig reichte dem entschlossenen, vorsichtigen Freunde dankend, aber schweigend die Hand. Bernhard stampfte unwillig mit dem Fuße, Jaromir und Boleslaw zeigten brüderliche Teilnahme. »Wir dürfen keine Zeit verlieren«, sprach Rasinski und stand auf. »Ich will sogleich fort. Sie tun indessen wohl, am besten, hier ins Nebengemach zu treten und sich von niemand erblicken zu lassen. Zuerst, lieber Freund, gehe ich zu Ihrer Mutter; die Umstände werden meinen frühen Besuch entschuldigen. Dann beginne ich meine Nachforschungen; Sie sollen baldigst von mir hören.« Er wollte gehen, doch blieb er an der Tür stehen, als habe er einen plötzlichen Einfall gehabt. »Ja, so geht es am besten«, sprach er. »Ich muß Sie um etwas bitten,« wandte er sich zu Ludwig, »ohne das ich nichts vermag, nämlich um zwei Zeilen von Ihrer Hand, die meine Vollmacht bei Ihrer Mutter bilden sollen.« – »Sie wird Ihnen unbedingtes Vertrauen schenken«, entgegnete Ludwig. – »Schenken Sie es mir zuerst,« sprach Rasinski; »die Zeilen, die ich verlange, sind mir für einen gewissen Fall notwendig.« – »Gern«, antwortete Ludwig.
    »Nun wohl, so setzen Sie sich und schreiben: Teuere Mutter! Dringend bitte ich dich, schenke dem Überbringer dieser Zeilen unbedingtes Vertrauen und folge seinen Anordnungen.« Ludwig stutzte, aber schrieb, was Rasinski verlangte; dieser ging. Bald nach ihm auch Jaromir und Boleslaw, welche in Dienstangelegenheiten Geschäfte hatten, da sie Rasinski behilflich sein mußten, die nötigen Besorgungen für sein neuzuerrichtendes Freibataillon zu machen.
    Bernhard blieb bei Ludwig zurück. Beide gingen eine Zeitlang schweigend im Zimmer auf und ab, Ludwig mit seiner Lage sorglich beschäftigt, Bernhard, weil die ganze Macht jenes, in der Tiefe seines Herzens schlummernden Gefühls in ihm erwacht war. Fast eine Stunde berührten sie nur ganz unbedeutende Zufälligkeiten in dem stets wieder abreißenden Gespräch. Endlich begann Bern- hart»: »Deine Lage ist eine sehr verwünschte; für dich nämlich, denn mir wäre sie vollkommen gleichgültig, da ich auf einem Isolierstuhl in der Welt stehe und die Leitkette, die mich mit den Menschen zusammenhält, jeden Augenblick wegwerfen kann. Du aber sitzest nicht auf einem solchen glasfüßigen Schemel, sondern hast Wurzeln in die heimatliche Erde getrieben, die sich nicht so leicht ausreißen lassen, ohne ein Stückchen Land umher zu verwüsten, wo manche liebe Blume zu blühen dachte, und zuletzt vertrocknet man selbst. Mein Nachen hat keine andere Fracht als mich selbst; ich knüpfe ihn auf jeder Reede an und gehe mit jedem frischen Winde unter Segel. Schlägt das gebrechliche Ding einmal um, so rufen im äußersten Fall ein paar mitleidige Seelen: «O weh!», aber niemand macht sich die Finger naß, um mich zu retten. Und mit dem Schrei ist das Gefühl aus der Brust heraus und verhallt fast so schnell wie er; tauche ich nicht wieder empor, so ist mein Gedächtnis so rasch verwischt als eine Grabschrift, die mir jemand mit einem Stab auf die Wellen gezeichnet hätte. Du hast aber einige Güter, nicht ganz ohne Wert, geladen und steuerst einem erwünschten Ziele entgegen; du siehst mit Freuden den günstigen Wind der Hoffnung deine Segel schwellen, du – nun zum Henker, was schwatze ich, du mußt freilich einige Scheu vor Wetterwolken, Felsenriffen, Sandbänken und dergleichen haben. Aber dennoch – ich glaube, Ludwig, die Tat, die dich und die Deinigen jetzt etwas auf ein Sept-le-va setzt, gereut dich doch nicht. Sieh mir ins Gesicht! ich glaube, solltest du heute dafür an den Galgen und würdest nur begnadigt, weil der Strick risse, du führtest sie morgen zum zweitenmal aus, und wollte man dich wie den Simson in sieben neuen Bastseilen[? Vastseilen ?] aufhängen, die schwerlich reißen. Nun rede doch, Galgenvogel!«
    »Die Pflicht der Ehre –« entgegnete Ludwig.
    »Hol' der Teufel die Pflicht! Wenn es ein dicker, englischer Pair gewesen wäre, den

Weitere Kostenlose Bücher