1813 - Die Mörder von Bröhnder
drei besonders große offene Stellen auf seinem Rücken eingeschmiert hatte, rührte er sich nicht.
„Nun?" fragte ich.
„Angenehm", bekam ich zur Antwort.
Ich rieb die anderen Wunden ein, und er ließ alles willig über sich ergehen. Dann versteckte ich den Behälter mit der Salbe in einer Ecke des Käfigs. Varquasch verfolgte alles ganz genau, aber er schwieg.
Schließlich öffnete ich mit Kaydessels Schlüssel das Getränkefach. Tatsächlich waren alle vier Becher fast voll. In einem Seitenfach entdeckte ich unbeschriftete Becher. Ich nahm zwei davon und füllte sie gut zur Hälfte mit dem stinkenden Zeug auf. Die Fehlmengen ersetzte ich durch Fruchtsaft aus dem großen Kanister an der Oberseite. Die Hautträger würden es kaum merken, wenn die Mischung nicht ganz stimmte.
„Ich komme wieder", versprach ich dem Elefantenartigen. „Ich hoffe, du verstehst mich. Wenn einer von den anderen kommt, maßt du natürlich wieder betteln und stöhnen. Sie dürfen nicht merken, daß ich dich besser mit Nahrung versorge."
„Ja, danke", antwortete er.
Ich brachte den Piraten die beiden Becher und löste erneut ein Jubelgeschrei aus. Dann legte ich Kaydessels Schlüssel zurück und suchte meine Privatkabine auf. Hier legte ich mich auch zur Ruhe.
*
Auch in den folgenden Tagen suchte ich regelmäßig Varquasch auf und versorgte ihn reichlich mit Nahrung. Am siebten Tag unserer Reise traf ich beim Betreten des Raumes Settheran an, der sich gerade an der LiquoracMaschine bediente. Varquasch führte sich in seinem Käfig wie ein Verhungernder auf, aber der Hangarmeister würdigte ihn keines Blickes.
„Was suchst du denn hier?" wollte der Sechsarmige wissen. Er war wieder einmal sehr mißtrauisch.
„Vaikhuur sagte mir, du verschmähst das Liquorac."
„Stimmt", entgegnete ich. „Ich habe das Zeug nicht nötig. Außerdem habt ihr das Getränkefach verschlossen. Ich könnte mir sowieso nichts nehmen. Und daß ich hier nach dem Rechten sehen will, ist wohl logisch."
Er war mit der Antwort zufrieden. Mit einem der Arme, die aus dem Kopf wuchsen, deutete er auf den bettelnden Varquasch.
„Findest du nicht auch, daß er zugenommen hat? Außerdem scheint er zu wenig mit der Peitsche bekommen zu haben."
Ich stellte mich dumm, obwohl ich die Gewichtszunahme natürlich längst beobachtet hatte. Sie war logisch, denn ich gab dem armen Burschen regelmäßig ausreichend Nahrung und Wasser.
„Könnte ich nicht sagen", gab ich nur zur Antwort.
Settheran stellte seinen Becher zurück und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. Kaum hatte sich das Eingangsschott geschlossen, da hörte Varquasch mit der Bettelei auf.
„Wie geht es dir, mein Freund?" fragte ich ihn.
„Besser. Brauche viel Körner."
Ich gab sie ihm und füllte die Vorratskiste aus dem Lager im Nebenraum auf. Auch das Trinkwasser erneuerte ich.
„Deine Wunden sind schön verkrustet. Soll ich sie dir noch einmal einreiben?"
„Danke, nein. Selbst gemacht."
Ich hörte draußen Schritte. Auch Varquasch hatte sie wahrgenommen. Sogleich setzte sein Gejammer und Gebettel ein.
Es waren Vaikhuur und Gonzerol. Sie sagten nichts, als sie mich mit einer Elektropeitsche in der Hand am Käfig stehen sahen. Der technische Spezialist öffnete seinen flugfähigen Untersatz und holte den Schlüssel zum Liquorac-Fach heraus. Dabei sah ich, daß er alle möglichen Werkzeuge und Meßgeräte in dem Kasten transportierte.
Der Unan-Kjur lachte plötzlich gemein.
„Sieh dir das an, Gon!" rief er dem anderen Hautträger zu. „Diese Riesenratte wird immer fetter. Ich glaube, wir müssen dem Biest die Rationen ganz streichen."
„Bloß nicht", meinte Gonzerol. „Wenn er verreckt, haben wir kein Liquorac mehr. Und so dick ist er ja nun nicht geworden. Vielleicht bekommt ihm die Atmosphäre an Bord der CANT besonders gut. Unbekannte Einflüsse des Hyperraums. Was weiß ich? Die Hauptsache ist doch, daß unsere Becher voll sind."
Sie schienen nichts anderes in den Köpfen zu haben als die stinkende Brühe.
„Ihr solltet euch lieber Gedanken um unseren Meister machen", sagte ich mit deutlichem Vorwurf.
„Da verlassen wir uns auf dich." Vaikhuur winkte ab.
Auch er trank seinen Becher völlig aus und stellte ihn dann in die Maschine zurück. Varquasch hatte während des Wortwechsels ununterbrochen gebettelt und gestöhnt.
Ich zweifelte längst nicht mehr daran, daß es sich um ein sehr intelligentes Geschöpf handelte. Er spielte genau mit, so daß kein
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