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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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weil es vollkommen außer Frage stand, sich darauf zu berufen. Ebenso Sebastians Gruß mit der Bitte, aus dem Fenster zu sehen. Das waren Albernheiten, die zu nichts führten. Die Nachricht, die von Trebra ihr aus Leipzig geschrieben hatte, um sein plötzliches Verschwinden zu erklären und ihr seine neue Anschrift mitzuteilen. Sie hatte nicht darauf geantwortet.
    Nur den Geleitbrief des Majors, ein Empfehlungsschreiben Dr. Bursians und die zwei Briefe von Maximilian Trepte trug sie noch bei sich, auch wenn ihr selbst unerklärlich blieb, warum sie die Zeilen des preußischen Premierleutnants nicht ebenfalls verbrannt hatte. Sie würde ihn ja doch nie wiedersehen.
    Das Schwierigste an ihren Reisevorbereitungen war der Abschiedsbrief an ihren Oheim, die Tante und Franz. Mehrere Entwürfe zerriss sie und warf sie ins Kaminfeuer.
    Schließlich schrieb sie: »Sucht nicht nach mir. Sorgt euch nicht. Kümmert euch um Franz. Das ist alles, worum ich euch bitte. Ich liebe euch und gehe dorthin, wo ich Gutes tun und euch nicht schaden kann.«
    Daneben hatte sie das Medaillon mit dem Bildnis ihrer Mutter gelegt. Für Franz.
    Und während sie in der Liebertwolkwitzer Kirche darauf wartete, dass sie und die Dorfbewohner hinaus ins Gewehrfeuer geschickt wurden, malte sie sich die Szene im Hause Gerlach aus, wie Tante und Oheim diesen Abschiedsbrief und das Medaillon entdeckten.
    Die beiden hatten sich gewiss Sorgen gemacht, als sie am Abend nicht vom Lazarett zurückkam. Vielleicht war der Oheim losgegangen, um sie in der Dunkelheit abzuholen, und erfuhr von dem erstaunten Dr. Bursian, dass sie an diesem Tag gar nicht erschienen war.
    Die Tante hatte sich bestimmt schrecklich aufgeregt. Jette sah das Bild förmlich vor Augen: Johanna mit dem Brief in der Hand, fassungslos auf das Medaillon zeigend: »Sie wird sich doch nicht etwas angetan haben? Und warum in aller Welt? Um Gottes willen, müssen wir etwa die Schlossteiche nach ihr absuchen lassen?«
    Dann würde der Oheim die Kommode öffnen, in der sie ihre Wäsche aufbewahrte. »Dafür braucht sie kein zweites Kleid. Sie ist fortgegangen.«
    »Aber wohin denn? Wir müssen sie suchen!«
    »Und wo? Sie hat die Stadt anscheinend schon vor einem halben Tag verlassen und alles so geplant, dass wir sie nicht aufspüren können. Ich habe keine Ahnung, was in ihr vorgeht und wohin sie will. Vielleicht zurück nach Weißenfels? Sie kennt doch nirgendwo jemanden außer uns. Hat sie dir etwas gesagt, Franz?«
    Hoffentlich gab Franz nicht Eduard die Schuld an ihrem Weggang nach den Streitigkeiten der letzten Zeit!
    Und Eduard? Würde er vielleicht manch hartes Wort inzwischen bereuen? Oder aber glauben, sie sei mit einem der Franzosen durchgebrannt?
    Früher oder später würde Nelli verraten, vielleicht sogar gleich und mit heimlichem Genuss, dass Henriette schwanger war. Angesichts dieser schockierenden Enthüllung würden die Gerlachs insgeheim sicher sehr erleichtert sein, dass sie fortgegangen war, und nie wieder ein Wort über sie verlieren. Das wäre das Beste für alle.
     
    Wieder wurden die Kirchentüren geöffnet, doch nicht der verwundete Offizier trat herein, sondern ein junger Seconde-Lieutenant, vielleicht seine Ordonnanz. Ob der Offizier inzwischen gefallen war oder mitten im Gefecht steckte?
    »Sie müssen jetzt gehen!«, rief der junge Leutnant.
    Doch keiner der Dorfbewohner wollte in den Kugelhagel hinaus. Unter dem Kirchendach fühlten sie sich immer noch geschützt, auch wenn dieser Mann da das Gegenteil behauptete.
    »Gehen Sie! Schnell!«, schrie der Franzose und wies mit dem Arm nach draußen. »Gleich wird die Kirche beschossen!«
    Felix stand schon, half Henriette auf und wollte vorangehen.
    Da rannte die Tochter des Sattlermeisters als Erste Richtung Tür. »Ich halte das nicht mehr aus!«, schrie sie. »Ich will wissen, was da draußen los ist und ob meine Mutter noch lebt!«
    Ihre letzten Worte gingen unter, als eine Kanonenkugel pfeifend und krachend in das Mauerwerk der Kirche einschlug.
    Das scheuchte auch die letzten Dorfbewohner auf. Nun drängelten sie zur Tür, aber Felix hielt sie mit ausgestreckten Armen auf.
    »Lassen Sie mich erst schnell nachsehen, ob draußen Füsiliere stehen!«
    Er spähte hinaus, lief die paar Schritte hinab bis zu der hohen Mauer, die die Kirche umgab, sah sich dort um und kam schon nach wenigen Augenblicken zurück.
    »Gehen Sie rasch hintereinander, nehmen Sie die Kinder fest an der Hand, die Kleinen auf den Arm! Und dann

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