1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)
dazu, den Satz zu Ende zu sprechen. Eine Kugel durchbohrte seinen Hals und riss ihn zu Boden.
»Nein!«, schrie Felix, ließ sein Gewehr fallen und versuchte, mit beiden Händen das Blut aufzuhalten, das dem Freund aus der Kehle sprudelte. Vergeblich.
Schönefeld im Nordosten Leipzigs erging es derweil wie zwei Tage zuvor Möckern: Verbissen verteidigte Marmonts Korps das Dorf, das mehrfach von russischen Truppen unter Blüchers Kommando erobert und wieder verloren worden war. Der ungeduldige preußische General war es leid, länger auf den Kronprinzen von Schweden zu warten, und wies Langeron an, Schönefeld zu besetzen, koste es, was es wolle.
Marmont erlitt hohe Verluste. Der Marinegardist Lucien Junot sah seine beiden besten Freunde fallen und verlor mehr als die Hälfte der Männer seines Zuges. Vom spanischen Strafbataillon überlebten kaum einhundertfünfzig Mann. Pícaro hätte es um Haaresbreite auch erwischt – eine Kugel durchschoss seinen Tschako. Er fiel hintenüber und stieß ein paar Flüche aus, die ihm der Pastor seines Heimatdorfes nie vergeben würde.
Marmonts Korps musste sich zurückziehen. Doch dann schickte Marschall Ney noch einmal siebentausend Mann und vierzig Geschütze, gegen die Langerons Artillerie keine Munition mehr hatte. Da erst, der Tag war schon fast zu Ende, ließ Karl Johann von Schweden seine Artillerie ins Kampfgeschehen eingreifen. Nur die Artillerie.
Gar nicht weit von Schönefeld entfernt war auch die Sächsische Division in heftige Kämpfe verwickelt.
Auf dem Marsch nach Paunsdorf gerieten die Sachsen in dichtes Feuer durch russische Reitende Artillerie.
Französische Dragoner kamen als Verstärkung zu ihnen; dann nahm österreichische Artillerie sie mehr als eine Stunde lang unter Beschuss. Österreichische Jäger drangen in das brennende Paunsdorf ein, wurden aber von Sachsen und Franzosen wieder hinausgedrängt.
Doch dann marschierte das Korps Bülow auf Paunsdorf. Eine gewaltige Heeresabteilung eröffnete das Feuer mit Reitenden Batterien und ging zum Sturmangriff über. Reynier musste den Ort unter hohen Verlusten aufgeben und die Frontlinie begradigen.
Die französischen Dragoner kehrten zu ihren Regimentern zurück, die Sachsen sammelten sich westlich von Paunsdorf.
Und hier erfuhren sie Neuigkeiten, von denen Napoleon Bonaparte später fälschlich behauptete, sie seien kriegsentscheidend gewesen. Entscheidend waren sie nur für die Sachsen.
Etwa zu der Stunde, als Zar Alexander im Süden den unglücklichen Angriff auf Probstheida befahl, traf vollkommen unverhofft die sächsische Reitende Batterie unter Hauptmann Birnbaum bei den aus Paunsdorf vertriebenen Infanteristen ein. Und deren Männer berichteten, dass am Vormittag die leichte sächsische Reiterbrigade unter Oberst Lindenau – Husaren und Ulanen – zum Feind übergelaufen war. Die Kavallerie hatte einen sechsfach überlegenen Feind angegriffen, doch sie wurde von feindlicher Artillerie so weit zurückgedrängt, dass weder die Infanterie noch ihre eigene Reitende Artillerie sie decken konnte.
Nun standen sie allein gegen die Kosaken Platows und russische Dragoner. Widerstand war zwecklos. Also besprachen sie sich kurz, dann trabten sie den Gegnern mit eingesteckten Säbeln entgegen, hielten und riefen: »Hurra!« Die Russen jubelten ihnen zu und empfingen sie mit offenen Armen.
Brigadekommandeur Oberst von Lindenau blieb auf französischer Seite; er und zwei seiner Offiziere waren bereit, vor dem König die Verantwortung für diese Tat der ihnen Unterstellten zu übernehmen.
Kurz darauf kapitulierte auch das leichte Infanteriebataillon Sahr, das ansonsten nicht die geringste Chance gehabt hätte, sich lebend zurückzuziehen. Sie standen auf freiem Feld, von feindlicher Kavallerie umzingelt. Also ergaben sie sich.
Die Artilleristen wussten außerdem, dass am Morgen vor Taucha, zehn Kilometer von Leipzig und gar nicht weit von ihnen entfernt, auch württembergische Truppen übergelaufen waren: beinahe sechshundert Reiter unter General Normann.
Dessen Korps war schon vor zwei Tagen zersprengt worden. An diesem Morgen waren die württembergischen Reiter von einem erbarmungslos überlegenen Feind umringt und abgeschnitten von allen Truppen, die ihnen zu Hilfe hätten kommen können. Wollten sie nicht binnen einer halben Stunde bis auf den letzten Mann vernichtet werden, gab es nur eine Möglichkeit. General Normann verständigte sich mit seinen beiden Regimentskommandeuren und befahl
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