Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
ist aufgehoben, es herrschen Gewerbefreiheit und die Freiheit des Glaubens. Das ist der Fortschritt, das bringt Napoleon seinen eroberten Gebieten, und ihr beklagt euch? Worüber? Wenn hier jemand Grund zur Klage hat, dann ich, denn nun muss auch ich als Adliger allgemeine Steuern zahlen. Das gefällt mir nicht, es kostet mich eine Menge Geld. Doch Sie sollten es gerecht finden. Und obwohl die Krämer mächtig murren über Meter und Kilo, finden sie insgeheim die einheitlichen Maße ganz praktisch. Wenn in Sachsen auch der Code Napoleon gelten würde, wären sogar Ehescheidungen möglich. Ist
das
nicht Fortschritt?«
    Dann erst wandte er sich wieder seinem Braten zu.
    Niemand im Salon sagte etwas. Es kam auch niemand dazu, denn schon nach ein paar Bissen meinte der Major, nun deutlich liebenswürdiger, zu Henriette: »Obwohl – wenn Sie meinen Sohn erhören würden, Demoiselle, der offensichtlich ganz bezaubert von Ihnen ist …«
    Henriette verschluckte sich an dem Rotwein, obwohl sie nur daran genippt hatte, und musste husten.
    »Sie machen sie ganz verlegen, Vater!«, meinte Étienne vorwurfsvoll und wandte sich ebenfalls Henriette zu. »Seien Sie ihm nicht böse! Er liebt diese Art von Späßen. Allerdings hat er recht. Ich
bin
bezaubert von Ihnen.«
    Er nahm ihre Hand und beugte sich erneut darüber.
    Jette merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und fortgerannt.
    Friedrich Gerlach beschloss, dass es höchste Zeit war einzugreifen. »Meine Nichte ist sehr schüchtern. Lassen Sie Ihren Braten nicht kalt werden, Messieurs. Unsere Köchin hat ihr Bestes gegeben, um Ihre Gaumen zufriedenzustellen.«
    »Ja, wirklich köstlich«, bestätigte der Major, ohne sich vom Thema abbringen zu lassen.
    »Étienne wird einmal eine Frau sehr glücklich machen. Ich bin so stolz auf meinen Sohn, wie ein Vater nur sein kann. Lützen war seine erste große Schlacht, seine Feuertaufe, und er hat sich tapfer geschlagen. Und als wir Freiberg endgültig zurückeroberten, führte er mit großem Erfolg das Kommando über die Einheit, die die russische Arrièregarde vernichtete.«
    Dann hat er vielleicht jenen jungen Reiter getötet, der die Nachricht vom Anrücken der Feinde auf den Obermarkt brachte, dachte Henriette schaudernd. Und wer weiß, wie viele noch.
    »Wieso schauen Sie auf einmal so finster, Demoiselle?«, bohrte der Major nach, während er sich den nächsten Bissen vom Kaninchenschlegel schnitt. »Ich wüsste gern, was in Ihrem hübschen Köpfchen vor sich geht!«
    »Haben Sie denn keine Angst, dass Ihrem Sohn etwas zustößt? Er verwundet wird oder fällt? Ich schlafe nachts kaum, weil ich ständig an die Männer mit ihren schrecklichen Wunden denken muss, die ich in Weißenfels pflegte.«
    »Du hast Chancen bei der hübschen Henriette – sie sorgt sich um dich«, meinte der Major vergnügt zu seinem Sohn.
    »Das ist nun einmal unsere Arbeit, Demoiselle: der Krieg. Wem die Kugel bestimmt ist, den wird sie treffen. Doch bis dahin tut jeder seine Pflicht. Wer will schon im Bett sterben, wenn das Vaterland ruft? Außerdem haben wir ein vorbildliches Sanitätswesen in der Grande Armée. Chirurgen, die sogar aufs Schlachtfeld kommen und den Männern das Leben retten. Ich selbst bin in Spanien schwer verwundet worden. Aber man hat die Kugel entfernt und mich zurück nach Frankreich geschickt. Nun bin ich genesen und hier.«
    Mit einer eleganten Bewegung spießte der Major den letzten Bissen auf die Gabel, kaute und wischte sich den Mund mit der Serviette ab.
    »Sie waren in Spanien?«, brachte Jette bewundernd heraus. Die Bewunderung in ihren Worten galt allerdings nicht dem Major. Spanien war ein Leuchtfeuer. Das spanische Volk hatte sich vor fünf Jahren gegen die französischen Besatzer erhoben, die mit Massenerschießungen einen bewaffneten Volksaufstand provozierten, der bis heute anhielt. Gerüchteweise sollten die von England unterstützten Rebellen das Land fast völlig zurückerobert haben. Vielleicht war Spanien inzwischen bereits frei? Es hatte schon lange keine Nachrichten mehr aus diesem Teil Europas gegeben.
    »Ja, ich war in Spanien. Noch so ein Fall von Undankbarkeit!«, entrüstete sich der Major. »Wir gaben denen ein Stück von Portugal und schafften die Inquisition ab. Stellen Sie sich vor, dort vollstreckte man Todesurteile noch mit der Garotte! Wie barbarisch!«
    Die vierzigtausend Menschen, die ihr während der Schreckensherrschaft auf die Guillotine geschickt

Weitere Kostenlose Bücher