1814 - Zombiejagd
allerdings nicht, ob sie sich die Stimmen einbildete oder nicht. Sie waren da, und sie waren zugleich so weit weg. So unendlich weit. Irgendwo zwischen Himmel und Erde, und sie verstand auch nicht, was die Stimmen sagten.
Sie konnte nicht mal unterscheiden, ob Männer oder Frauen gesprochen hatten.
»Das viele Blut«, sagte jemand.
»Hat nichts zu sagen. Da ist wohl eine Ader getroffen worden. Aber die Frau lebt.«
»Und was machen wir?«
»Verbinde die Wunde, dann werden wir sie auf die Trage legen und wegfahren.«
»Und die Kopfwunde? Kannst du dir vorstellen, woher sie gekommen ist?«
»Nicht vom Fallen.«
»Sieht aus wie angeschossen.«
»Aber wer soll da geschossen haben?«
»Das weiß ich nicht. Unser Chef sagt, dass er einen Wagen hat wegfahren sehen. Der hatte es sogar recht eilig.«
»Ist nicht unser Bier.«
»Meine ich auch.«
»Dann heben wir sie mal hoch.«
»Ja, aber sei vorsichtig. Es darf nichts passieren. Ich glaube, dass sie eine wichtige Persönlichkeit ist.«
»Ach, in der Partei?«
»Keine Ahnung, mach jetzt …«
Karina Grischin hatte die Stimmen gehört, aber kaum etwas verstanden. Vor ihrem Gehör lag eine dichte Nebelwand, die das meiste schluckte, was gesagt worden war.
Und dann traf es sie erneut.
Sie hatte das Gefühl, einen Schlag erhalten zu haben. Etwas erwischte ihren Kopf, und dieser imaginäre Treffer sorgte dafür, dass sie bewusstlos wurde …
***
Das zweite Erwachen!
Es war nicht mit dem ersten zu vergleichen, denn jetzt lag Karina Grischin nicht im Freien, sondern in einem Bett. Als sie die Augen aufschlug, sah sie nicht mehr den dunklen Nachthimmel, sondern eine Zimmerdecke, wobei sie nicht registrierte, dass es eine Decke war. Sie wusste nur eines: Sie lebte, und sie lag nicht mehr in der Kälte, sondern in einem fremden Zimmer, in dem es aber warm war.
Es waren nur Gedankenfetzen, die sie durchzuckten, aber schnell wieder vorbei waren. Dann sackte sie weg und hatte das Gefühl, von einem saugenden Loch verschlungen zu werden.
Es folgte das erneute Erwachen. Das erlebte sie schon intensiver. Sie spürte ihren Körper und war sich klar darüber, dass etwas mit ihm geschehen war. Was es genau war, das wusste sie nicht, bis sie das Ziehen an ihrem Kopf verspürte. Es war kein wilder Schmerz, aber doch einer, den sie als nicht eben angenehm empfand. Sie hob den rechten Arm und wollte die Stelle an ihrem Kopf berühren. Karina fand sie auch, aber ihre Hand zuckte sofort wieder zurück, als die Fingerspitzen gegen eine weiche Masse stießen.
Es war Mull.
Verbandmull, der eine bestimmte Stelle an ihrem Kopf umgab. Und das nicht ohne Grund. Es musste etwas passiert sein, das dazu geführt hatte.
Sie tippte noch mal dagegen, spürte einen schwachen ziehenden Schmerz an der Haut und wusste sofort, dass es dort eine Wunde gab, die behandelt und verbunden worden war.
Deshalb dieser Verband. Es war die einzige Stelle am Körper, die so in Mitleidenschaft gezogen war. Das dachte Karina, bis sie ertastete, dass jemand auf ihre rechte Hüfte ein Pflaster geklebt hatte. Auch da musste sie etwas abbekommen haben. Als sie sich bewegte, erlebte sie den Schmerzstoß, der von dieser Stelle aus in ihren Körper eindrang.
Das sah alles nicht gut aus, aber der Schmerz hielt sie wach. Und er sorgte auch dafür, dass ihr Erinnerungsvermögen zurückkehrte. Irgendwie musste sie ja in diese Lage gekommen sein.
Ihr Gedächtnis hatte nicht gelitten. Sie konnte sich wieder daran erinnern, was passiert war. Sie hatte ihren Partner Wladimir Golenkow im Krankenhaus besucht, um ihn nach Hause zu holen, denn er war ihr dort nicht mehr sicher genug. Es hatte einen Angriff auf ihn gegeben. Es waren vernichtete Zombies bei der Abwehr des Angriffs zurückgeblieben, und da hatte Karina Grischin endgültig entschieden, dass Wladimir nicht mehr sicher in dieser Klinik war.
Sie hatte einen Krankenwagen besorgt, der den gelähmten Mann zu einem anderen Ziel bringen sollte. Es war auch zuerst alles gut gelaufen, bis dann der Überfall erfolgt war. Und das hatte in einem Chaos geendet.
Chandra war erschienen, Karinas Todfeindin. Sie und ihre Leute hatten Wladimir entführt, nachdem sie den Krankenwagen gestoppt hatten. Karina konnte sich noch daran erinnern, dass der Fahrer getötet worden war, und dann war die Kugelfeste erschienen, um auch mit Karinas Leben Schluss zu machen.
Hätte sie sofort geschossen, dann wäre auch alles in ihrem Sinne abgelaufen. Aber das hatte sie nicht getan. Sie
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