1818 - Testfall Lafayette
vergeblich auf sich genommen hatten. Der erwartete Lohn für ihre Mühen blieb aus.
„Mist!" stöhnte Pepe. „Wir hätten uns das alles sparen können. Wir hätten bleiben können, woher wir gekommen sind."
Wie recht der Junge hatte!
Immer wieder blickte Joseph sich um, und bei jedem Mal erkannte er deutlicher, daß sie nicht entkommen konnten.
Unter diesen Umständen wäre es sinnvoller gewesen, einfach stehenzubleiben und abzuwarten, bis die Gazkar bei ihnen waren, um sie gefangenzunehmen. Doch er konnte nicht. Irgend etwas trieb ihn voran, als ob Hoffnung bestünde.
Er bemerkte einige der langgestreckten Reptilien, die in den Sümpfen dieser Gegend lebten. Für einen Moment spielte er mit dem Gedanken, sich einfach in den Sumpf zu werfen und sich von den Bestien töten zu lassen. Das war wohl allemal besser, als in die Klauen der Gazkar zu geraten.
Doch Joseph sprang nicht in den Rachen der Raubtiere. Er rannte weiter. Dabei brachen seine Füße immer wieder durch den aufgeweichten Boden, und einige Male sank er bis beinahe zu den Knien ein.
„Es hat keinen Sinn mehr!" schrie Pepe verzweifelt, flüchtete aber weiter.
Sekunden später blieb der Junge wie angewurzelt stehen.
Mit geweiteten Augen blickte er auf die mit grünen Algen überzogene Wasserfläche hinaus.
Der flache Kopf eines Steinfressers hob sich aus dem Sumpf!
Joseph Broussard jr. glaubte, seinen Augen nicht trauen zu dürfen. Er hatte von diesen Wesen gehört, doch er hatte sie noch nie gesehen.
Er wußte, daß der Planet Lafayette unter dem Einfluß einer geheimnisvollen Strahlung stand, die von den Invasoren ausgesendet wurde. Er selbst spürte nichts davon, doch ihm war nicht entgangen, daß die Siedler in erheblichem Maße darunter litten.
Auch Pepe klagte über Übelkeit und Schwindelgefühl. Im Gegensatz zu den Siedlern war er jedoch zeitweilig in der Lage, sich in sinnvoller Weise zu äußern.
Die Kolonisten hatten behauptet, daß es rätselhafte Wesen auf Lafayette gäbe. Diese lebten tief unter der Planetenoberfläche in verborgenen Höhlen und ernährten sich hauptsächlich von den im Gestein enthaltenen Mineralien.
Angeblich kam es nur etwa alle hundert Jahre vor, daß sich mal eines dieser Steinfresser genannten Tiere an die Oberfläche verirrte, wo es dann zumeist großes Unheil anrichtete.
Einer der Gefangenen hatte ihm aufgezeichnet, wie der Kopf eines Steinfressers aussah. Flach, kantig mit vielen höckerartigen Auswüchsen, etwa drei Meter lang, zwei Meter breit, anderthalb Meter hoch.
Joseph Broussard jr. zweifelte nicht daran, daß er den Kopf eines Steinfressers sah.
Oder spiegelte seine Phantasie ihm etwas vor?
„Komm doch endlich!" schrie Pepe und winkte ihm verzweifelt vom Ende des Damms her.
Joseph spürte, wie seine Beine zitterten. Er war überzeugt davon, daß der Steinfresser sich auf ihn stürzen würde, um ihn zu fressen.
Einer der Gazkar schoß auf das bizarre Wesen. Joseph sah, daß der Energiestrahl vom Kopf des Steinfressers wie von einem Spiegel abgelenkt wurde. Er schlug sich die Hände mit den flachen Innenseiten an den Kopf und rannte auf seinen Freund zu.
Ich werde verrückt! Es kann nicht wahr sein! Ich sehe etwas, was überhaupt nicht existiert!
Plötzlich begann das unheimliche Wesen zu brüllen. Dann wälzte es sich aus dem Sumpf und griff die Gazkar an. Die Käfer feuerten ihre Waffen auf den Steinfresser ab, aber Joseph sah nicht, ob sie trafen oder ihn verfehlten. Die Ohren dröhnten ihm von dem Lärm der Schreie.
Energiestrahlen schlugen offensichtlich in die Bäume und rissen die Baumstämme auf. Das sich unter der Hitze explosionsartig ausdehnende Holz krachte so laut, als ob Bomben neben dem ehemaligen Beausoleil detonierten. Lianen stürzten aus der Höhe herab. Myriaden von Vögeln und Insekten stoben lärmend auf und flüchteten in die tiefhängenden Wolken hinein. Chaos ...
Joseph blickte über die Schulter zurück, und er bemerkte, daß die Gazkar so gut wie nichts gegen den Steinfresser ausrichteten. Entweder feuerten sie ihre Waffen überhastet ab, so daß sie nicht trafen, oder das Wesen aus den geheimnisvollen Tiefen des Planeten war mit ihrer Ausrüstung nicht zu überwinden!
Der Morast spritzte unter seinen Füßen auf, von den Bäumen regnete es vermoderte Pflanzenreste. Sie fielen ihm ins Gesicht, und er wischte sie achtlos hinweg.
Irgendwann packte Pepe ihn am Arm und zerrte ihn tiefer in den Wald hinein, wo sie im Gewirr der Luftwurzeln Unterschlupf fanden.
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