Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
182 - Im Dorf der Telepathen

182 - Im Dorf der Telepathen

Titel: 182 - Im Dorf der Telepathen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
Vom Netzwerk:
dort konnte er den Kombacter verloren haben.
    Als er sich jenseits des letzten Hauses einen Weg durchs Gebüsch bahnte, prallte er mit jemandem zusammen, der unverhofft von der Seite zwischen den Bäumen hervorstürzte. Matt hatte Mühe, auf den Beinen zu bleiben. Der Mann, der ihn fast umgerannt hatte, schenkte ihm keinen Blick, sondern wankte auf staksigen Beinen wie ein Storch im Kreis und schließlich durch ein Gemüsebeet.
    Im Gegensatz zu den Einheimischen war er ein relativ hellhäutiger Asiat mit schulterlangem, blauschwarzen, in der Mitte gescheitelten Haar.
    Als Matt das Gesicht des Mannes sah, wurde ihm klar, dass mit ihm etwas nicht stimmte: Er war mit seinen ungefähr fünfzig Jahren nicht nur altersmäßig ein Fremdkörper in diesem Nest – auch seine leeren, ungewöhnlich hellen Augen deuteten seinen Außenseiterstatus an. Dazu kam ein tollpatschiger Gang: Er latschte daher wie jemand, der gar nicht wusste, dass er unterwegs war. Er wirkte wie ein Schlafwandler; schlimmer noch: Wie einer der legendären Südsee-Zombies.
    Matt wich erschreckt zurück, als der Mann in seine Richtung kam. Plötzlich packte eine Hand seinen Arm und zog ihn in ein Haus hinein. Matt war so verdutzt, dass er erst zu sich kam, als die Tür zugezogen wurde.
    »So, das dürfte ihn beruhigen.« Lylah stand neben ihm in einem muffig riechenden Gang und gab Matt mit Gesten zu verstehen, dass er sich ruhig verhalten sollte.
    Etwa eine halbe Minute lang lauschte Matt dem Pochen seines Herzens, dann sagte er leise: »Wer, um alles in der Welt, war das?«
    »Einer unserer verwirrten Gäste.«
    Matt atmete aus. »Gibt’s noch mehr von denen?«
    Lylah spitzte die Lippen und nickte. Dreißig Sekunden später öffnete sie die Tür. Matt schaute hinaus. Die merkwürdige Gestalt war verschwunden.
    »Ist er gefährlich?« Matt trat ins Freie. Lylah folgte ihm. Irgendwo in der Gegend, in der er zuvor gewesen war, sah er die Schöpfe Nasenrings und des Messerhelden zwischen den Büschen verschwinden.
    »Nein, weder er noch die anderen. Sie wissen offenbar nicht, wo sie sind. Sie werden aber immer ziemlich nervös, wenn sie mit jemandem zusammenprallen. Dann klammern sie sich an einem fest und brabbeln unverständliches Zeug.«
    »Eine fremde Sprache?«
    Lylah schüttelte den Kopf. »Glaub ich nicht. Es klingt eher so, als würden sie rückwärts sprechen. Ich wette, in den Hirnen dieser Leute ist allerhand durcheinander geraten.«
    »Wie viele sind es, und wo kommen sie her?«, fragte Matt.
    »Etwa zwei Dutzend. Ich weiß nicht, woher sie kommen. Sie sprechen ja nicht mit uns. Das heißt, sie sprechen schon. Oder sie glauben zu sprechen. Manchmal klingen sie sehr verzweifelt, aber eigentlich weiß ich nicht, ob sie wissen, dass wir überhaupt da sind und uns um sie kümmern.«
    »Wer sind wir?« Matt schaute Lylah an. »Und was heißt kümmern?«
    »Ich und drei, vier barmherzige Schwestern.« Lylah räusperte sich. Ihr Blick richtete sich auf Matts Gesicht.
    »Kümmern heißt, dass wir ihnen hin und wieder eine Suppe einflößen und dafür sorgen, dass sie sich nicht den Hals brechen, wenn sie durch die Gegend staksen, wie der Mann eben.«
    »Eure… Brüder kümmern sich nicht um sie?«
    Lylah schüttelte den Kopf. »Die meisten sind ziemlich hartherzig. Was an dem harten Leben liegt, das sie führen. Uns wird nichts geschenkt, sagen sie. Sie würden diese Leute am liebsten im Fluss ersäufen. Aber sie befürchten wohl…«
    »Ja?«
    »… dass irgendwann die Anangu kommen und sie zurück haben wollen – denn die haben sie uns gebracht.«
    »Die Anangu, hm?«
    Hinter ihnen knackte es. Matt, der annahm, dass Roohan und seine Freunde nun eine Chance sahen, fuhr herum. Doch da standen nur drei schokoladenbraune Männer. Einen kannte er persönlich, die beiden anderen immerhin vom Sehen.
    »Hallo Doc«, sagte Matt. »Wie war der Braten?«
    Doc winkte ab. Er deutete auf seine Begleiter. »Das sind Sammy der Schmied und Jerry der Schreiner. Wir bilden zusammen so ‘ne Art Stadtrat.«
    »Tach«, sagten Sammy und Jerry wie aus einem Munde.
    »Freut mich, Gentlemen.« Matt nickte den Männern zu, und Doc meinte: »Ich hab euch doch gesagt, der Mann hat ‘ne Bildung.« Er nickte Lylah zu. »Hast du ihn schon gefragt?«
    »Nein.« Lylah schüttelte den Kopf. »Ich wollte gerade.«
    »Was ist denn?«, erkundigte sich Matt.
    »Frag du ihn, Doc«, sagte Lylah. »Von Mann zu Mann geht das sicher besser.«
    Sammy und Jerry nickten.
    Doc räusperte sich.

Weitere Kostenlose Bücher