183 - Die Hexe und die Bestie
raschen Schritt.
Draußen entdeckten die Männer ein Mädchen, das sie unverwandt ansah. Ihr Haar glich einer wilden schwarzen Löwenmähne. Die Männer gingen auf sie zu.
»Was willst du hier?« fragte der eine hart.
Sie maß ihn mit einem verächtlichen Blick, würdigte ihn keiner Antwort.
»Hast du mich nicht verstanden? Kannst du nicht reden?« herrschte der Mann sie an.
Wieder dieser beleidigende Blick.
»Vielleicht ist sie die, auf die wir warten«, sagte der andere Mann.
»Das glaube ich nicht. Sie hätte Sobbar bei sich.«
»Keine Namen!«
Der Mann, der das Mädchen nicht für Amphibia hielt, griff nach ihrem Handgelenk. Wenn sie eine Dämonin gewesen wäre, hätte sie sich das bestimmt nicht gefallen lassen.
Der zweite Mann griff ebenfalls zu. Sie führten das Mädchen ins Haus und stießen es auf Mike Munro zu.
»Da ist das verdammt neugierige Ding«, sagte der erste Mann. »Sie spielt die Stumme, aber wenn wir ihr gut Zureden, wird sie uns bestimmt verraten, weshalb sie dort draußen herumstreicht wie eine hungrige Wölfin.«
Kern wollte sich für das Mädchen einsetzen, doch Virginia stieß ihn mit dem Ellenbogen an und zischte: »Misch dich nicht ein, Edward.«
»Ich bin dafür, daß Sobbar sie kriegt, wenn Amphibia mit ihm eintrifft«, sagte der Mann, dem die Anwesenheit des Mädchens zuerst aufgefallen war. »Wir könnten durch sie Unannehmlichkeiten haben, wenn wir sie laufenlassen.«
Kerns Herz krampfte sich zusammen. Der Kerl war wahnsinnig. Er konnte das Mädchen doch nicht dem Alligator zum Fraß vorwerfen, bloß weil es zufällig an diesem schäbigen Haus vorbeigegangen war.
Mike Munro hob die Hand, und keiner sagte mehr etwas.
Der Prediger umrundete das schöne Mädchen und wollte anschließend wissen, wie sie hieß.
»Amphibia«, antwortete sie.
Munro grinste. »Sie kann also doch reden.«
»Ja, aber was sie sagt, ist Quatsch!« meldete sich der andere Mann gleich wieder zu Wort. »Sie hat diesen Namen soeben aufgeschnappt. Die richtige Amphibia ließe nicht so mit sich umspringen, und Sobbar ließe das schon gar nicht zu.«
Er trat vor, hob die Hand und wollte das Mädchen ohrfeigen.
Da griff Sobbar ein!
***
Der Alligator kam durch die Wand. Seine Schnauze durchstieß sie, als bestünde sie aus Papier.
Amphibia hätte den Teufels-Alligator nicht zu ihrem Schutz gebraucht. Es wäre dem Mann niemals gelungen, sie zu schlagen, dafür hätte ihr Abwehrzauber gesorgt. Die Männer hätten sie auch niemals so hart anpacken können, wenn sie es nicht zugelassen hätte.
Sie kontrollierte und diktierte jederzeit das Geschehen. Ihr Wille geschah. Sie wollte zu Munro gebracht werden, deshalb hatten die Männer das geschafft.
Sobbar zeigte den Menschen seine Stärke.
Mit beängstigender Kraft durchbrach er die dicke Mauer. Mörtel und Ziegelsteine krachten vor ihm auf den Boden, eine Staubwolke stieg hoch, und aus dem riesigen offenen Alligatormaul kam ein dumpfes, feindseliges Knurren.
Virginia Stevens wich erschrocken zurück. Jetzt war ihr Edward wieder recht. Sie klammerte sich an ihn.
Mike Munro hob die Arme, als wolle er sich ergeben, und der Mann, der die Absicht gehabt hatte, mit einer Ohrfeige zu beweisen, daß das Mädchen nicht Amphibia war, sah seinen furchtbaren Irrtum ein und ergriff Hals über Kopf die Flucht.
Sobbars langer, harter Schwanz peitschte hinter ihm her und traf schmerzhaft seinen Rücken.
Er schrie und stürzte. Das Kratzen der Krallen ging allen durch Mark und Bein, als sich der Teufels-Alligator zu dem Mann begab.
Verstört starrte der Mann in den Schlund des Reptils.
Er brüllte um Gnade, schrie, er habe doch nicht wissen können, daß er sich an einer Dämonin vergriffen hatte.
Dieser Horror raubte Edward Kern beinahe den Verstand. Was Munro angezettelt hatte, war also doch nicht bloß leeres Gerede gewesen, sein Tun hatte grausige Früchte getragen!
Kern hatte gehofft, daß es Amphibia und Sobbar entweder gar nicht gab, oder daß es für Menschen unmöglich war, mit ihnen Verbindung aufzunehmen und sie auf die Erde zu holen, aber Munro, dieser Wahnsinnige, hatte es geschafft!
Die Hexe und der Teufels-Alligator waren da!
Der Mann flehte Amphibia an, ihm sein Leben zu lassen. »Ich werde dir bis ans Ende meiner Tage treu ergeben sein!« schrie er, während er auf die langen Zähne des Horror-Reptils starrte.
Ein kaltes, mitleidloses Lächeln umspielte die Lippen der Dämonin.
Als Sobbar zubeißen wollte, brüllte der Mann seine panische
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