183 - Die Stadt Gottes
Gefangenschaft geraten. Andere Offiziere des Bunkers jedoch schnitten grimmige Mienen und forderten die Präsidentin mit finsteren Blicken auf, den ehemaligen Rebellenchef in seine Schranken zu weisen; allen voran General Garrett.
»Wir pflegen Befehle nur von unserer Präsidentin entgegenzunehmen«, sagte er kühl.
»Mr. Black hat Recht«, sagte Dr. Alexandra Cross, und obwohl sie sich um größte Sachlichkeit bemühte, klang ihre Stimme verräterisch weich. »Beginnen Sie mit der strategischen Planung, Mr. Black. General Garrett wird Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.«
***
Es war Nacht. Kampflärm drang aus der Stadt herauf, und das wenige Licht der Öllampen, das aus den Zellen nach draußen fand, versickerte schon eine Armlänge nach dem Fenstergitter im weißen Geglitzer des Schneetreibens. Honeybutt Hardy hatte einen alten Zementkübel umgedreht und unter das Zellenfenster geschoben. Auf dem stand sie und sog begierig die kalte Luft ein, die durch die schmale Öffnung hereinströmte.
Fast achtzig Männer und Frauen hatten die Rev’rends in drei Zellen zusammenpferchen lassen. Die Zellen waren durch rostige Gitterwände voneinander getrennt und hatten im Schnitt nicht mehr als fünfzehn Quadratmeter Grundfläche. Mit anderen Worten: Es war verdammt eng, und es stank nach Schweiß und Blut und Schlimmerem.
Einige Gefangene tuschelten, ein paar Frauen weinten leise, ein paar Männer fluchten oder schnarchten.
General Crow, Sergeant Peterson und ein Captain der WCA, ein hünenhafter schwarzer Kerl namens Amoz Calypso, unterhielten sich in gedämpftem Tonfall. Sie planten den Aufstand und anschließenden Ausbruch.
Mr. Hacker hatten die Rev’rends zwei Stunden zuvor zum Verhör abholen lassen.
»Macht euch doch nicht gleich ins Hemd«, sagte ein Junge von höchstens siebzehn Jahren. Er hieß Gunny und gehörte zu Trashcan Kids Gang. »Morgen ist der Spuk vorbei.« Gunny versuchte zu grinsen. »Spätestens übermorgen. Das glaubt ihr doch auch, oder?«
»Er hat Recht«, sagte eine bleiche Frau mit weißblondem Haar. »Ganz bestimmt hat er Recht. Wir sollten auf keinen Fall unüberlegt handeln, Gentlemen.«
Honeybutt wusste, dass die Frau Hannah Sirwig hieß und ein ziemlich hohes Tier im Pentagonbunker war.
Aber das hatte sie nicht vor der Gefangenschaft bewahrt.
»Man muss doch mit diesen Männern reden können…«
»Haben Sie nicht gehört und gesehen, was sich im alten Stadion abspielte, Dr. Sirwig?«, blaffte Crow. »Das sind Fanatiker! Haben Sie je versucht, mit Fanatikern zu reden?«
»Ihr Anführer hat diese einäugige Frau eiskalt erschossen«, sagte Miss Hardy von ihrem Fensterplatz aus. »Deutlicher hätte uns dieser Stahlhelmprediger nicht demonstrieren können, mit wem wir es zu tun haben.«
Mit einer Kopfbewegung deutete sie zum Zellenfenster hinaus. »Und der Lärm da draußen hört sich auch nicht gerade nach einer Schneeballschlacht an.«
Sie lauschten. Tatsächlich hörte man Kampfgebrüll und sogar Hilferufe. Man hörte auch das Klirren von aufeinander treffenden Klingen, und hin und wieder Schusslärm. Die Männer um den kahlköpfigen Arthur Crow steckten ihre Köpfe zusammen und setzten ihren Kriegsrat fort.
Honeybutt blieb am Fenster stehen und spähte hinaus ins nächtliche Schneetreiben. Der kleine Zellentrakt war im vierten Stockwerk einer Hochhausruine untergebracht, von der seit Jahrhunderten nur die ersten acht Stockwerke bewohnt wurden. Früher residierte hier angeblich einmal eine der WCA ähnliche Organisation, die in ganz Meeraka Jagd nach Gesetzesübertretern machte. Das hatte Miss Hardy von Mr. Black gehört; es fiel ihr jedoch schwer, sich so etwas vorzustellen.
Seit ein paar Jahren hauste die Sippe eines gewissen Louis Stock in dem Gebäude. Einer der Mitgefangenen hatte das erzählt. Stock handelte angeblich mit scharfen Getränken und hatte seinen Laden, seine Destillieranlagen und sein Lager in der Ruine untergebracht. Honeybutt konnte nicht glauben, dass die rabiaten Gottesmänner ihr Hauptquartier ausgerechnet zwischen Schnapsflaschen und Whiskyfässern einrichten würden.
Eine Zeitlang hörte man nur den Lärm des Kampfes, doch als es irgendwann aufhörte zu schneien, sah sie auch die Fackelzüge der Kämpfer durch die nächtlichen Straßen von Waashton ziehen. »Was, bei Orguudoo, geht dort unten vor?«, fragte sie murmelnd.
»Wahrscheinlich erschrecken sie die Sünder ein wenig«, knurrte Amoz Calypso.
»Sie werden doch nicht noch mehr Leute
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