183 - Die Stadt Gottes
seufzte leise, während sie die Beleuchtung und die Stirnwand des Raumes betrachtete. »Noch nicht lange her, da sorgte hier indirekte Beleuchtung für Tageslichtillusion, und ein Beamer projizierte visuelle Daten mit zehntausend Farbschattierungen an die Wand.«
»Das habe ich hier unten auch schon erlebt«, raunte Black. »Ist allerdings schon eine Handvoll Jahre her.« Sie schlossen die Tür hinter sich und gingen zu den Männern und Frauen, die sich am runden Tisch vor der Kartenwand versammelt hatten.
»Ich habe das zuletzt am siebzehnten Oktober 2521 erlebt«, sagte Cross. »Es war hier in diesem Konferenzraum; nichts Besonderes – die Außendienstler lieferten ihre Routineberichte ab. Um halb zwei Uhr in der Nacht auf den achtzehnten Oktober weckte mich der leitende Kybernetiker und behauptete, sämtliche Rechner und Produktionsanlagen seien ausgefallen.«
»Und Sie haben es nicht glauben können, was?« Vor der Wandkarte, inmitten eines Kreises aus Öllampen, die man auf Steinsäulen gestellt hatte, blieb Mr. Black stehen.
Alle Augen richteten sich auf ihn.
»Ich kann es bis heute nicht glauben, Mr. Black.« Dr. Cross wandte sich an die Anwesenden – die Führungselite des Pentagonbunkers, Trashcan Kid, Dirty Buck, Loola und Peewee. »Zunächst Sie.« Cross deutete auf die beiden Mädchen. »Fassen Sie bitte Ihren Bericht noch einmal zusammen.«
Black und Cross setzten sich. Loola machte den Anfang. Die junge, in Leder gekleidete Frau berichtete von ihrer Flucht und ihrem Kampf ums Überleben. Es sprudelte nur so aus ihr heraus.
Nach ihr stand Peewee auf und erzählte, wie sie sich vor den Bußwächtern versteckte, entdeckt und im letzten Moment von Loola gerettet wurde.
Besonders aufmerksam lauschte Black, als sie von einem Zylindertragenden Rev’rend namens Sweat erzählte, der nächtelang Gefangene von der Ruine des alten Polizeigebäudes zum Fordtheater transportierte. Auch Mr. Hacker hatten er und seine Schergen zum Verhör ins Hauptquartier eskortiert.
Als die beiden Mädchen ihre Berichte abgeliefert hatten, ließ sich Mr. Black die Waffe geben, die sie dem toten Rev’rend Flame abgenommen hatten. Es war ein zwölfschüssiger Karabiner. Mr. Black hatte selten ein derart antikes Gerät in den Händen gehalten. Gemessen an den Hieb- und Stichwaffen, die ihm zur Verfügung standen, war es geradezu eine Massenvernichtungswaffe.
»Wir haben dieses merkwürdige Gewehr, wir haben den Waffengurt des weißen Rev’rends, und wir haben knapp hundert Männer und Frauen, die mehr oder weniger gut mit Schwertern, Äxten und dergleichen umgehen können. Wie gehen wir vor?« Er blickte in die Runde. »Ich bitte um ihre Vorschläge für die nächsten Schritte, Ladies und Gentlemen.«
Dr. Alexandra Cross schlug vor, die Stadt im Laufe der nächsten Monate mit Spionen zu unterwandern, Garrett machte sich für eine Guerillataktik stark, und Trashcan Kid und Dirty Buck wollten noch vor Sonnenaufgang das Hauptquartier der Rev’rends angreifen.
Mr. Black hörte nur mit halbem Ohr zu. Seine Gedanken und Blicke schweiften ständig ab – zu Alexandra Cross. Er hatte mit ihr zu Mittag gegessen. In ihren Privaträumen. Christie Calypso, ihr Leibwächter, hatte draußen vor der Tür warten müssen. Black hatte vergessen, was Alexandra Cross gekocht hatte.
Eine niedliche Frau. Eine gut aussehende Frau. Und so klug! Und schutzbedürftig! Dazu noch Präsidentin. Und wie deutlich sie ihn spüren ließ, dass sie einen starken Mann hier unten vermisste…
Einen starken Mann – hier unten und an ihrer Seite…
Die Zeiten haben sich geändert, dachte Black. Und sie ändern sich weiterhin. Gut so.
Wählen würde man ihn hier unten natürlich nicht.
Nicht zum Militärchef und schon gar nicht zum Präsidenten. Dafür war die Fraktion um Garrett einfach zu stark. Noch. Aber Dr. Alexandra Cross könnte ihn ja möglicherweise zum Vizepräsidenten berufen. Nur so als Beispiel…
Auf einmal merkte Mr. Black, dass niemand mehr sprach. Alle sahen ihn an; die meisten erwartungsvoll, einige skeptisch. Er stand auf und ging zur Karte.
»Danke für ihre Vorschläge, Ladies und Gentlemen. Sie sind an sich nicht schlecht, allerdings halte ich sie zu einem Teil für unwirksam und zum anderen für überstürzt.« Die Karte war vergilbt und brüchig, kein Vergleich mit einer virtuellen Projektion. Aber besser eine Lischette in der Hand als einen Bellit auf der Ruinenmauer.
»Unsere Späher berichteten, dass man Flames Leiche
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