1830 - Der Tod lässt grüßen
und war überzeugt. »Wenn das so ist, kann ich Ihnen helfen.«
»Danke.«
»Ich habe einen Schlüssel zu Frank Deckers Wohnung. Einen Moment noch, bitte.«
»Ja, ja, kein Problem.«
Harry jubilierte. Er konnte es kaum glauben, so ein Glück gehabt zu haben. Egal, manchmal stand das Schicksal eben auf seiner Seite.
Die Frau kehrte zurück. »Ist mir ja selbst nicht geheuer, dass er nicht öffnet.«
Harry zuckte mit den Schultern. »Kann auch sein, dass er eingeschlafen ist.«
»Er hatte doch gerade noch Besuch.« Sie schüttelte den Kopf. »Daran glaube ich nicht.«
Harry musste der Nachbarin recht geben, aber das behielt er für sich und schaute zu, wie die Frau versuchte, die Tür zu öffnen. Sie war nervös und zitterte ein wenig. Schließlich klappte es doch, und sie wollte der nach innen gleitenden Tür nach, was aber nicht klappte, denn Harry Stahl hatte etwas dagegen.
Er hielt sie an der Schulter zurück. »Bitte nicht, gute Frau. Ich bin der Polizist.«
»Meinen Sie denn, da drin ist was Schlimmes passiert?«
»Man kann ja nie wissen.«
Harry hatte die Frau nicht losgelassen. Sie nickte und gab nach. »Also gut. Ich weiche.«
»Danke.«
Die Nachbarin ging, und Harry wartete, bis sie verschwunden war. Dann zog er die Tür zu, blieb in dem kleinen Vorraum stehen und lauschte, wobei es eigentlich nichts zu lauschen gab. Es war einfach nur still, und darüber machte er sich seine Gedanken. Stille konnte gefährlich sein.
Noch stand er im Flur und spürte, wie ihm der Schweiß allmählich ausbrach, und das bedeutete nichts Gutes.
Er ging in das erste Zimmer. Es war ein großer Raum, der fast die gesamte Wohnfläche einnahm.
Und hier fand Harry den Gesuchten.
Er saß in einem Sessel, und er sah wirklich aus, als würde er schlafen.
Harry war zwei Schritte gegangen, da wurde er eines Besseren belehrt.
So wie dieser Mann saß kein Mensch in einem Sessel. Der Kopf war in einem völlig unnatürlichen Winkel zur Seite gedreht. Das konnte bei einem Lebenden nicht der Fall sein.
Harry kam näher.
Er sah die Augen, deren Blick gebrochen war. Da stand für ihn fest, dass Frank Decker nicht mehr am Leben war. Er hatte einen grausamen Tod erlitten, und als Harry ihn anfasste, da stellte er fest, dass die Haut noch warm war.
Lange konnte er noch nicht tot sein. Und wieder sah er den jungen Mann vor seinem geistigen Auge, und Harry ging davon aus, dass er der Mörder war.
Und jetzt?
Es war klar, wie die Dinge ablaufen würden. Er musste seine normalen Kollegen anrufen, und sie würden die vordergründigen Arbeiten erledigen. Alles andere blieb an ihm und seiner Organisation hängen.
Als Erstes telefonierte Harry Stahl. Erst dann wollte er weitersehen …
***
Der Mittag war da, wir hatten noch immer wunderbares Wetter, und Suko hatte sich auch eingefunden. Er war von mir über den neuesten Fall informiert worden.
Gute Ratschläge konnte er auch nicht geben, wir mussten erst mal abwarten, was sich noch ergab.
Ich wollte nicht unbedingt aus dem Büro, weil ich einen Anruf von Harry Stahl erwartete.
Suko fragte: »Setzt du auf ihn?«
»Nun ja, was heißt setzen? Ich hoffe, dass er in Deutschland eine Spur findet.«
»Für dich hängen die beiden Fälle also zusammen?«
»Das kannst du mir glauben. Sie gehören zusammen.«
»Mal sehen.« Suko zog ein bedenkliches Gesicht. »Wenn da jemand international agiert, wird das für uns nicht leichter.«
»Das weiß ich. Wir bleiben trotzdem am Ball. Ich habe das Gefühl, dass da was Unwahrscheinliches und auch Unglaubliches aufgebaut wurde. Das ist der glatte Wahnsinn.«
»Sicher, John.«
Ich sah Suko in die Augen. »Denk doch mal nach. Da werden Killer losgeschickt, um jemanden zu töten, und noch am Tatort kommen die Killer ebenfalls um. Sie werden getötet, möglicherweise durch das Licht, das unser Zeuge gesehen hat.«
Suko hob die Schultern. »Wie sieht es bei dir mit einem Verdacht aus, John?«
Das war eine gute Frage. Ich dachte über eine Antwort nach, die gar nicht so leicht war.
»Ich habe keinen konkreten Verdacht, weil ich keine lebenden Menschen kenne, die hier mitmischen.«
»Und die Vergangenheit der Toten? Wie steht es damit?«
»Keine Ahnung, Suko. So weit sind wir noch nicht. Das kommt aber noch.«
»Nichts geschieht ohne Motiv. Haben wir uns zumindest immer gesagt.«
»Und dabei bleibe ich auch.«
Und dann war es wieder mal das Telefon, das unseren Dialog unterbrach. Es meldete sich mit seinem typischen Geräusch, einem
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