1833 - Das Killer-Buch
gab zunächst keine Antwort, blieb starr auf meinem Stuhl sitzen und dachte kurz nach. Dann fiel mir etwas ein, und ich sagte: »Erst lesen, dann sterben.«
»He, das ist gut. Du hast es behalten.«
»Schlimm?«
»Nein, Sinclair, es ist dein Schicksal. Ich kenne es, und ich weiß, wann du sterben wirst.«
»Das ist unfair«, beschwerte ich mich.
»Wieso?«
»Weil es um mich geht und du mehr weißt als ich. Oder irre ich mich da?«
»Nein, du irrst dich nicht.«
»Dann kläre mich auf.«
Ein hässlich klingendes Lachen erreichte mein Ohr.
»Was soll das?«
»Ich werde dich aufklären, aber dann, wenn ich es will. Hast du das kapiert?«
»Sicher. Aber wenn man mir solche Dinge sagt, wie erst lesen, dann sterben, dann wird man ja misstrauisch und denkt nach. Oder meinst du nicht?«
»Doch, Sinclair, doch. Ich kann deine Nervosität verstehen. Aber es ist mein Wahlspruch.«
»Gut. Und was hast du gelesen?«
»Ein Buch.«
»Da ist mir klar.«
»Aber ein besonderes Buch«, flüsterte er. »Das Buch mit den Daten, verstehst du?«
»Nicht ganz.«
»Mit den Todesdaten. So etwas gibt es. Und in diesem Buch steht auch, wann du sterben wirst.«
»Und wann ist das?«
Eine Antwort erhielt ich nicht, da hatte er schon aufgelegt. Auch ich legte den Hörer auf, und ich schaute dabei Suko an, der zugehört hatte.
»Soll ich etwas sagen?«
»Ich bitte darum.«
»Ich denke, dass er jetzt konkreter geworden ist. Und bei seinem nächsten Anruf werden wir möglicherweise mehr wissen. So sehe ich die Lage.«
Glenda huschte in unser Büro. Sie nickte in die Runde, bevor sie sagte: »Ich weiß jetzt, woher der Anruf gekommen ist. Aus einer Telefonzelle in Soho, also nicht weit von hier.«
Ich winkte ab. »Das ist trotzdem zu spät.«
»Ja, ich weiß. Immerhin haben wir das Terrain eingrenzen können. Was wollte er denn diesmal?«
Ich sagte es ihr.
Glenda verdrehte die Augen. »Na, ob das alles so stimmt«, sagte sie. »Ich weiß nicht.«
»Zunächst gehe ich mal davon aus.«
»Würde ich auch tun.« Sie ging zurück ins Vorzimmer und ließ Suko und mich allein.
»Und«, fragte Suko, »wird er nochmals anrufen?«
»Ich denke schon.«
»Wenn er das tut, dann frage ihn doch mal nach meiner Todesstunde. Vielleicht kannst du ihn damit durcheinander bringen.«
»Das glaube ich nicht so recht.«
»Ein Versuch ist es wert.«
Ich wechselte das Thema. »Erst lesen, dann sterben, das ist sein Wahlspruch. In was liest man das?«
»In einem normalen Buch«, sagte Suko, »immer noch.«
»Ja. Wenn das so ist, dann muss er ein Buch gefunden haben, in dem meine Todesstunde verzeichnet ist. Eigentlich ein Hammer, und ich gehe davon aus, dass dort nicht nur meine Todesstunde steht, sondern auch die anderer Menschen. Wäre ja möglich, oder?«
»Rede weiter.«
»Wenn das zutrifft, Suko, kann man auch von einem gewaltigen Erpresserpotenzial sprechen. Der Typ kann Menschen anrufen und ihnen mit ihrer Todesstunde drohen. Er kann wohl auch dafür sorgen, dass diese verschoben wird, aber dafür muss die andere Seite etwas tun. Sich mit Geld loskaufen.«
»Das wäre eine Möglichkeit.«
»Die bei sensiblen Menschen greifen würde. Ich für meinen Teil kann mir nicht vorstellen, dass er die Todesstunden kennt. Der setzt zu einem raffinierten Coup oder Bluff an, um möglichst reich zu werden. Wenn nur jeder Fünfte auf sein Gelaber eingeht, kann er schnell reich werden. Menschen sind ja für gewisse Dinge sehr empfänglich, sage ich mal.«
Suko lobte mich. »Nicht schlecht gedacht.«
»Danke. Und was sagst du dazu?«
»Ich denke, dass es so laufen könnte, wobei mich etwas schon stutzig macht. Ich frage mich, warum er gerade dich ausgesucht hat für seine Pläne. Er muss doch davon ausgehen, dass er bei dir auf Granit beißt.«
»Und weiter?«
»Dass es mit dir nicht so einfach sein wird. Jedenfalls sehe ich das so.«
»Da kannst du recht haben. Entweder hat er Pech gehabt, oder er hat sich mich gerade deshalb als Opfer ausgesucht. Und ich wette, dass er noch einen Anruf tätigt.«
»Die Wette wirst du gewinnen.« Suko grinste breit. »Es fragt sich nur, was er damit erreichen will. Das ist die Frage aller Fragen. Und ob er dir ein Buch zu lesen geben will, bevor der Tod eintritt. Das ist alles möglich.«
»Richtig. Aber eines nach dem anderen. Jetzt warten wir erst mal auf den nächsten Anruf.«
In der Tat war die Spannung bei uns gestiegen. Wir ertappten uns dabei, dass wir immer wieder auf die Uhr schauten. Ich
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