1838 - Der Begleiter
kam ihm nicht so vor, denn seine Gedanken bewegten sich in völlig andere Richtungen. Sehr langsam zog er sich an, aber er entschied sich nicht für ein schwarzes Jackett, sondern für ein dunkelrotes.
Ja, das war okay für ihn. Ein dunkelrotes Jackett passte schon. Es ging ihm zwar um die Trauer, aber er wollte nicht in dieser nur schwarzen Farbe erscheinen.
Elmar war tot. Daran gab es nichts zu rütteln. Er war allein, er würde allein bleiben. So sah das Schicksal für ihn aus. Einen letzten Blick warf er in den Spiegel und stutzte. Er wollte sich abwenden, aber das war plötzlich nicht mehr möglich. Der Anblick des Spiegels bannte ihn. Er sah zwar noch immer normal aus, er hatte sich trotzdem verändert, denn in der Mitte war so etwas wie ein Fleck erschienen.
Man konnte auch von einem milchigen Gebilde sprechen, das sich in der Fläche abzeichnete.
Damit war Jack Warner überfordert. Er wusste nicht, woher der Fleck kam. Natürlich war er jedenfalls nicht. Am Klima lag es auch nicht. Dieser Fleck sah schon seltsam aus, und er hatte auch nichts mit einem Fehler in der Spiegelfläche zu tun.
Und er nahm an Größe zu. Er bekam auch eine andere Form, denn plötzlich zog er sich in die Länge. Und während dies geschah, da bekam er auch eine andere Form. Er brauchte nicht viel Fantasie, um zu erkennen, dass dieser Fleck die Form eines menschlichen Körpers angenommen hatte.
Das war verrückt!
Jack stand vor dem Spiegel und kam nicht mehr weg. Er schüttelte den Kopf, er atmete heftig, er stöhnte auf, er wischte durch sein Gesicht.
Was war das? Wer wollte etwas von ihm? Wer war da gekommen, um ihm eine Nachricht zu hinterlassen?
Er wusste es nicht. Für ihn war alles anders gekommen, als er es sich gedacht hatte. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken, die auch ein Ziel fanden.
Das hieß Elmar Dawson!
Ja, genau das war es. Elmar Dawson. Er war derjenige, um den sich seine Gedanken drehten. Auch jetzt, wo er nicht mehr lebte. Aber konnte man aus dem Jenseits ein Zeichen geben?
Bisher hatte er daran nicht geglaubt. Aber das änderte sich nun. Es war möglich. Ja, das traf zu. Er sah es hier mit eigenen Augen. Ein Zeichen konnte gesetzt werden, da hatte sich Elmar in einer anderen Form gezeigt.
Als er daran dachte, musste er lächeln. Eine Verbindung mit seinem Partner über den Tod hinaus hatte er sich immer gewünscht. Und jetzt schien dieser Wunsch in Erfüllung gegangen zu sein.
Jack Warner blieb vor dem Spiegel stehen und schluckte.
»Bist du es, Elmar?«, flüsterte er.
Er wartete auf eine Antwort, aber er wusste nicht, wie sie ihn erreichen würde. Sie kam, das war sicher, und er stöhnte auf, als er sah, dass sich die milchige Erscheinung innerhalb der Spiegelfläche bewegte.
War das der Kontakt?
Er wusste es nicht, und so blieb ihm nichts anderes übrig, als abzuwarten und darauf zu hoffen, dass sich der Kontakt noch verstärkte.
Das geschah nicht. Die Gestalt blieb so, wie sie war, und dann löste sie sich auf. Nicht sehr schnell, sondern in Etappen, aber sie war plötzlich weg.
Nur noch Erinnerung, aber eine, über die Jack Warner lächelte. Er tat es behutsam, sogar leicht sehnsuchtsvoll. Es hatte ihm gut getan, diesen Kontakt zu erleben, zwar fühlte er sich nicht erleichtert, doch die Trauer war etwas gemildert. Er wusste jetzt, dass es von einem Menschen noch etwas gab und mit dem Tod nicht alles vorbei war. Etwas blieb zurück, und das konnte die Seele sein.
Er sprach den Spiegel an, obwohl dieser leer war. Bei seinen eigenen Worten bekam er eine Gänsehaut.
»Ich werde jetzt verschwinden. Ja, ich gehe. Ich besuche unsere Bar, und ich werde ein Glas oder auch mehrere Gläser auf dich trinken. Das muss so sein. Ich denke an ein Wiedersehen so wie heute. Das alles muss ich dir sagen. Wir bleiben zusammen und wir …«
Nein, es war ihm nicht mehr möglich, seine Stimme zu halten. Sie sackte einfach weg. Er konnte nicht mehr reden. Es war bei ihm vorbei. Tränen quollen aus seinen Augen, und er musste einige Male die Nase hochziehen. Dabei hatte er sich vorgenommen, nicht zu weinen, aber Gefühle zu kontrollieren, das war verdammt schwer.
Bevor Warner das Haus verließ, putzte er seine Nase. Dann wurde es Zeit für ihn.
Sein Auto ließ er stehen. Er entschied sich für ein Taxi, das schnell da war. Er setzte sich hinein, schloss die Augen und versuchte, an nichts zu denken. Sein Ziel lag in Soho. Das Lokal nannte sich Tempel, und das wahrscheinlich nur wegen seiner Säulen, die ein
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