184 - Das Kreuz der blinden Göttin
zwei Tage in Las Canadas zu campieren, hatte er aufgegeben. Obwohl die Gefahr gebannt war, wollte er Teneriffa mit dem nächsten Schiff verlassen.
Wir wünschten ihm Glück, und er jagte durch die karstige Mondlandschaft davon.
Wieder in Puerto, hatte Vicky zwei Stunden Zeit, sich auf den Abend vorzubereiten, dessentwegen wir nach Teneriffa gekommen waren.
Sie legte sich eine Stunde hin.
Autogenes Training half ihr, völlig abzuschalten. Als sie sich nach erholsamem Kurzschlaf erhob, wirkte sie ausgeruht und vital. Die Anstrengungen und Aufregungen des Tages waren ihr nicht mehr anzusehen.
Ich küßte sie. »Du siehst großartig aus.«
Lee Shackleford schickte seinen Wagen, und ich begleitete Vicky. Konzentriert absolvierte sie die Lesung, und die Mitglieder des Literaturkreises spendeten ihr zum Schluß begeistert Beifall.
Tags darauf besuchten wir Paco Fuegas im Krankenhaus.
Wir hatten ihm viel zu erzählen, doch zuerst wollten wir wissen, wie es ihm ging. Die Ärzte hatten, auch ohne Numas Hilfe, ein kleines Wunder an ihm vollbracht.
Er würde seine Beine behalten.
Allerdings würden mehrere Operationen nötig sein, damit er wieder einigermaßen normal gehen konnte. Er war bereit, alles zu ertragen.
An Numas Untergang ließ sich leider nichts beschönigen. Paco sah uns traurig an. Er hatte sich Hilfe von der blinden Guanchengöttin erhofft.
Nun mußte er sein Schicksal allein meistern.
Ich war davon überzeugt, daß es ihm gelingen würde. Paco war ein zäher Bursche, der sich nicht unterkriegen ließ, wenn es auch noch so knüppeldick kam.
Als wir in unser Hotel zurückkehrten, erwartete uns Manuel Sarrantes, der Manager, mit zwei finster blickenden Männern. Sie wiesen sich aus.
Polizei.
Drogenfahndung.
Sie wollten sich mein Gepäck ansehen. Da ich nichts zu verbergen und ein reines Gewissen hatte, gestattete ich es ihnen. Ich nahm an, daß sie von jemandem einen falschen Tip bekommen hatten.
Sie fanden zu meinem Erstaunen im Hemdfach meiner Reisetasche ein Päckchen. »Gehört das Ihnen?«
»Nein«, antwortete ich wahrheitsgetreu, doch sie glaubten mir nicht.
Ein Pfund Heroin war Grund genug für sie, mir unfreundlich zu erklären, mit welchen Konsequenzen ich zu rechnen hätte, und mich festzunehmen.
»Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst!« empörte sich Vicky, als die Finstermänner mich abführen wollten.
Ich bat sie, sich zu beruhigen.
»Hör mal, du bist doch kein Dealer!« sagte meine Freundin leidenschaftlich.
»Daß hier ein bedauerlicher Irrtum vorliegt, werden Sie wohl kaum behaupten können«, sagte einer der beiden Beamten zu Vicky.
»Sie haben kein Recht, Mr. Ballard wie einen Verbrecher zu behandeln!« brauste Vicky gleich wieder auf.
»Sie tun nur ihren Job«, verteidigte ich die Beamten.
»Jemand hat dir dieses Päckchen untergejubelt!«
»Können Sie das beweisen?« fragte der Beamte.
»Ich würde für Mr. Ballard jederzeit meine Hand ins Feuer legen!«
Der Beamte lächelte dünn. »Ohne Gefahr zu laufen, sich dabei die Finger zu verbrennen?«
»Das ist eine Unverschämtheit! Ich werde mich über Sie beschweren!« kündigte Vicky an.
»Reg dich nicht auf, Vicky. Das hat keinen Sinn. Ruf Tucker Peckinpah an, vielleicht kann er etwas für mich tun.« Vicky nickte eifrig. »Er wird dich aus dem Gefängnis holen, Tony, ganz bestimmt. Er kennt Gott und die Welt. Vielleicht ist er sogar mit dem Chef dieser beiden unfähigen Beamten gut bekannt. Dann werden sie sich einiges anhören müssen. Sie sollten lernen, einen Verbrecher von einem unbescholtenen Mann zu unterscheiden, Gentlemen.«
»Wenn alle Verbrecher wie Verbrecher aussehen würden, wäre unsere Arbeit ein Kinderspiel«, sagte der Beamte trocken zu Vicky. Und zu mir: »Können wir gehen?«
Sie führten mich ab.
Und ich fragte mich, wer mir dieses faule Ei gelegt hatte.
ENDE
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