1841 - Der Engeljäger
Einsamkeit besonders stark. Da konnte er nur den Kopf schütteln und sich immer wieder fragen, ob das stimmte, was der Bischof ihm da gesagt hatte. So richtig glauben konnte er das nicht. Und wie würde dieser John Sinclair reagieren, wenn er mit ihm darüber sprach? Das war auch die große Frage.
Kaum hatte er einen Gedanken an den Mann verschwendet, da warf er wieder einen Blick auf die Uhr. Eigentlich hätte John Sinclair langsam eintreffen müssen. Er hoffte nur, dass ihm unterwegs nichts zugestoßen war. Ein Unfall oder so.
Er wusste es nicht. Es würde ihn auch niemand aufklären, er musste sich einfach fügen und weiterhin warten und hoffen, dass ihm dieser Sariel nicht zuvor kam.
Auch ihn kannte er nicht vom Ansehen her und konnte sich demnach kein Bild von ihm machen. Als einen positiven Menschen wollte er ihn auf keinen Fall einschätzen. Mörder sind nicht positiv, und es stellte sich zudem die Frage, ob er es überhaupt mit einem Menschen zu tun hatte. Daran zweifelte er, denn er stolperte allein über den Namen Sariel. So hieß kein normaler Mensch. Derartige Namen trugen Engel, aber dass Sariel ein Engel war, das konnte er sich schwer vorstellen. Wenn man den Begriff überhaupt verwenden konnte, dann musste man von einem gefallenen Engel ausgehen. Wie es auch der Teufel war. Dem konnte er eher zustimmen.
Julian wartete noch immer. Manchmal saß er, dann stand er wieder auf. Es gab auch keine späten Gäste, die jetzt noch in die Jugendherberge hinein wollten. Hinter den Fenstern brannte kein Licht mehr. Nur der Eingangsbereich war leicht erhellt.
Warten – noch immer. Hoffen, dass sich die Warterei auch lohnte, und Julian drehte immer wieder den Kopf, um in die Richtung zu schauen, aus der John Sinclair seiner Meinung nach kommen musste.
Und dann sah er etwas!
Es waren Lichter. Zwei, um genau zu sein. Lichter, die sich bewegten. Die sogar leicht tanzten und ihre Richtung beibehielten. Es ließ darauf schließen, dass sie Kurs auf die Jugendherberge nahmen.
War er das?
Julian hoffte es. Sein Herz klopfte plötzlich schneller. Er atmete scharf durch die Nase und konnte es kaum erwarten, den Wagen in seiner Nähe zu sehen.
Er kam.
Dann fuhr er langsamer. Da war er schon zu hören, und Julian löste sich aus seinem Versteck. Er trat ins Freie, und mit den nächsten beiden Schritten ging er so weit vor, dass er vom Licht erfasst werden konnte. Es war ein Risiko, denn in diesem Auto konnte auch ein anderer Mensch sitzen, aber Julian wollte, dass es endlich weiterging, und so stellte er sich dem Wagen in den Weg, sodass dessen Fahrer gezwungen war, auf die Bremse zu treten …
***
Genau das tat ich, als der junge Mann plötzlich im Licht der Scheinwerfer auftauchte. Ich hatte ihn zuvor noch nie gesehen, aber ich konnte mir sofort vorstellen, wer er war.
Der Rover stand.
Ich tat nichts und blieb im Wagen sitzen. Der junge Mann ging zur Seite und geriet so aus dem Licht der Scheinwerfer. Aber er lief nicht weg. Er baute sich an der Fahrerseite auf, und ich ließ die Scheibe nach unten fahren.
»Bist du Julian?«
Er antwortete mit einer Gegenfrage. »Wenn du John Sinclair bist, dann bin ich es.«
»Steig ein.«
Er war noch misstrauisch, was kein Fehler war.
»Bist du denn John Sinclair?«
»Ja, das bin ich.« Ich holte meinen Ausweis hervor und wedelte damit.
»Kann ich ihn sehen?«
»Gern.« Ich streckte meine Hand durch die Öffnung, und Julian kam mir entgegen. Er nahm den Ausweis in die Hand und prüfte ihn im Licht der Scheinwerfer.
»Zufrieden?«, fragte ich.
»Ja, danke. Und es tut mir leid, dass ich so misstrauisch bin. Aber das hat sich so ergeben.«
»Ist klar. Dann steig ein.«
»Gut, das mache ich.«
Er ging um den Wagen herum und stieg auf der anderen Seite ein. Sein Gepäck legte er auf den Rücksitz. Dann schloss er für einen Moment die Augen und nickte vor sich hin. »Ich denke, dass ich noch mal Glück gehabt habe.«
»Inwiefern?«
»Dass ich nicht tot bin wie der Bischof.«
Ich hatte das Gefühl, einen Schlag in den Magen zu bekommen. »Der alte Bischof ist tot?«
»Ja. Man hat ihn umgebracht. Und ich weiß auch, wer es gewesen ist.«
Das überraschte mich. »Wer war es denn?«
»Sein Killer heißt Sariel.«
Ich stutzte. Dann sagte ich: »Welch ein Name. Ungewöhnlich.«
»Und eher einer für Engel.«
»Du sagst es, Julian. Dann ist Daniel Carver möglicherweise von einem gefallenen Engel getötet worden. Das ist ein hartes Ding. Ja, das ist es.«
»Kann
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