1841 - Der Engeljäger
schüttelte sich. »Aber ich will nicht von diesen Zähnen gebissen werden.«
»Ich auch nicht.«
»Und was machen wir jetzt? Kannst du mir sagen, warum es denn überhaupt hier sitzt?«
»Nein, das kann ich nicht. Ich glaube nur nicht, dass es aus eigener Initiative geschehen ist.«
»Ja, da gibt es noch einen anderen Typen. Der heißt Sariel.«
»Das denke ich auch.«
»Und was machen wir jetzt, John?«
Er hatte eine gute Frage gestellt, auf die er auch eine Antwort bekam. »Du machst erst mal nichts, Julian. Alles Weitere werde ich übernehmen.«
»Bitte.« Das Wort hatte sich sehr froh angehört. Ich zog meine Waffe, wurde dabei von dem jungen Mann beobachtet, der sich aber nicht traute, etwas zu sagen.
Das tat ich dann. »Bleib du im Wagen.«
»Und was machst du?«
»Ich steige aus.«
»Aber das Wesen …«
»Eben Julian, darum geht es mir. Nur um das Wesen. Ich will sehen, wie es reagiert.«
»Und wenn es dich angreift?«
»Weiß ich mich zu wehren.« Losgeschnallt hatte ich mich bereits. Ich öffnete die Tür und schob mich nach draußen. Dabei schielte ich gegen die Frontscheibe und sah, dass sich das Wesen auf der Kühlerhaube nicht bewegte. Es saß dort wie eine Statue.
Und ich wartete mit dem Aussteigen und lauerte auch auf eine Reaktion des Wesens.
Sie kam nicht.
Okay, wenn das so war, dann eben nicht. Ich stemmte mich in die Höhe und drehte mich nach links. Den rechten Arm und die Hand mit der Waffe hatte ich nach unten gestreckt und gegen meinen Körper gedrückt, sodass die Beretta nicht sofort zu sehen war. Auch nicht für die hundeähnliche Kreatur.
Ich ging einen Schritt vom Rover weg. Jetzt hatte ich eine bessere Ausgangsposition.
Ich wartete darauf, dass mich das Tier angreifen würde, aber das trat nicht ein. Es blieb auf der Kühlerschnauze sitzen. Nur den Kopf hatte es gedreht, damit es mich anschauen konnte.
Ich hob den rechten Arm an.
Jetzt wurde die Waffe sichtbar. Ob die Gestalt sie kannte und ob sie die Beretta auch gesehen hatte, das wusste ich nicht. Jedenfalls war das Tier irritiert, und es sprang wie von einem Skorpion gestochen in die Höhe. Bevor ich abdrücken oder etwas anderes tun konnte, schnellte es hoch, und ich bekam es in seiner vollen Größe zu sehen.
Das nur für einen Moment, denn im nächsten Augenblick war es verschwunden.
Zu hören war nichts mehr, nur meine eigenen Atemgeräusche. Das Aufklatschen der Pfoten war verstummt, und eine seltsame Stille oder Stimmung breitete sich aus. Julian kletterte aus dem Wagen, weil er einen Blick in die Runde werfen wollte. Er sah ebenso viel wie ich.
»Und?«, sprach er mich über das Roverdach hinweg an.
Ich zuckte mit den Schultern. »Was soll ich dazu sagen? Er ist weg, aber ich denke, dass dies nur sein erster Besuch war. So etwas wie eine Premiere.«
»Meinetwegen muss er nicht mehr kommen.«
»Das sind fromme Wünsche.«
»Und was hältst du von ihm?«
»Das kann ich dir nicht sagen. Jedenfalls ist er nicht ungefährlich, und ich denke, dass er wiederkommen wird.«
»Allein?«
»Hoffentlich nicht, Julian. Ich will nämlich den erleben, der zu ihm gehört, und ich gehe davon aus, dass dieser Typ dann zwei Beine haben wird.«
»Sariel.«
Ich nickte. »Zum Beispiel.«
Julian stieg wieder in den Wagen. »Alles klar«, sagte er, »und jetzt bin ich froh, dass ich dich als Schutzengel an meiner Seite habe.«
»Oh, danke.« Auch ich stieg in den Rover. Dabei nickte ich Julian zu. »Es geht weiter.«
»Darf ich mal was fragen?«
»Bitte.«
Er gab sich etwas verlegen, als er die Worte aussprach. »Was machen wir eigentlich in London? Ich weiß ja, dass ich mit zu dir soll. Und was passiert dort?«
»Das kann ich dir nicht sagen, denn ich bin kein Hellseher. Es kann alles Mögliche passieren, denn ich weiß jetzt, dass uns die Gegner oder Feinde auf der Spur sind. Jetzt wollen sie nicht nur dich, sondern auch mich.«
»Und warum uns beide?«
»Ich habe keine Ahnung. Da müsstest du mehr wissen. Sie sind ja mehr hinter dir her. Hast du dich schon mal gefragt, warum das so ist?«
Er zuckte mit den Schultern.
»Wussten deine Eltern mehr?«
Mit dieser Frage hatte ich einen wunden Punkt bei ihm getroffen. »Nein, das glaube ich nicht«, erklärte er kratzig. »Meine Eltern haben damit nichts zu tun.«
»Woher weißt du das?«
»Weil ich sie nicht kenne.«
Ich schaute ihn an und fragte: »Tatsächlich?«
»Ja, sie haben damit nichts zu tun, und ich will deshalb auch nicht darüber
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