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1844 - Bei Ebbe kam der Tod

1844 - Bei Ebbe kam der Tod

Titel: 1844 - Bei Ebbe kam der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wieder aufgetaucht. Hajo Becker blieb verschwunden. Er war nicht selbst abgetaucht, nein, man hatte ihn verschluckt. Der Mönch hatte ihn sich geholt. Eiskalt und gnadenlos. Er war eingetaucht in das kalte und unheimliche Dunkel, und seit dieser Zeit hatte man nicht mehr von ihm gehört.
    Damit hatte sich Heinz Becker natürlich beschäftigt. Er hatte versucht, etwas herauszufinden, was ihm allerdings nicht gelungen war, und im Laufe der Zeit hatte er auch das Interesse am Verschwinden seines Cousins verloren.
    Doch irgendwann hatte er wieder daran denken müssen und sich entschlossen, nach Sylt zu fahren.
    Nun wollte zu dem Ort hin, an dem sein Cousin verschwunden war.
    Er hatte alles gut geschafft und konnte es kaum fassen, gleich dem Mönch gegenüber zu stehen, den er direkt von vorn sah, denn hinter ihm wuchs das Unterholz in die Höhe.
    Heinz Becker war ein gestandener Mann, doch jetzt schlug sein Herz schon schneller, als er auf den Mönch zuging, den er zum ersten Mal sah. Er war schon eine unheimliche Erscheinung. Das lag daran, dass er nach vorn hin offen war. Man konnte praktisch in ihn hineinschauen und sah nichts. Nur Schwärze.
    Nicht so außen. Da zeigte die Gestalt eine Farbe, die zwischen grau und grün lag. Einige Blätter klebten an der Gestalt, die nicht stand, sondern kniete oder hockte.
    Ja, sie war schon etwas Besonderes. Man hatte sie als Mönch bezeichnet. Das musste aber nicht unbedingt sein, diese Gestalt konnte auch eine Frau sein. Eine Pieta, wie sie in den südlichen Ländern gern verehrt wurde.
    Becker trat noch näher heran. Dann blieb er stehen, und er spürte, dass sich seine Atmung beschleunigt hatte. Es war nichts passiert. Er stand nur vor dieser Figur, schaute sie an und hinein – und er fühlte sich tatsächlich unwohl.
    Da schien es etwas zu geben, was dieser Mönch abstrahlte und das auch vor ihm nicht haltmachte.
    Der Mann bewegte unruhig seine Schultern. Er wollte etwas tun und eigentlich gleich wieder verschwinden, da er das Corpus Delicti doch jetzt gesehen hatte.
    Er konnte nicht.
    Es war schon zum Lachen, aber er schaffte es nicht, sich zu bewegen und sich umzudrehen.
    Er musste bleiben. Und er ging noch näher an den Mönch heran, obwohl er das nicht vorgehabt hatte. Man hatte ihm berichtet, dass Hajo damals hier in dieser Gestalt verschwunden war, doch das konnte er nur schlecht nachvollziehen.
    Er blieb stehen. Aber er starrte in den Mönch hinein, genau in dieses tiefe Dunkel, das ihm schon stofflich vorkam. Er hatte das Gefühl, es anfassen zu können, was natürlich nicht stimmte, aber die Dunkelheit war so dicht, dass ihm schon der Gedanke kam.
    Er traute sich nicht.
    Er blieb stehen. Er glich einem Mann, der auf etwas Bestimmtes wartete.
    Kam es? Kam es nicht?
    Über die Frage ärgerte er sich selbst. Nein, da würde nichts kommen, das war Unsinn. Es gab nur die dichte Schwärze – und es gab die Stimme!
    Plötzlich war sie da. Er sah auch niemanden in der Nähe, der ihn angesprochen hätte. Es war ein Unsichtbarer, der ihm etwas zuflüsterte, und der Klang der Stimme erreichte ihn von vorn.
    Aber da war niemand …
    Doch, da stand der Mönch mit seiner inneren Schwärze. War die Stimme aus ihm geklungen?
    »Heinz …?«
    Jetzt zuckte Becker zusammen, als hätte er einen Schlag bekommen. Da war sein Name gesagt worden. Das konnte er nicht fassen. Er stöhnte auf und wurde bleich.
    Vielleicht hätte der Sprecher eine Antwort von ihm erwartet, aber dazu fühlte er sich nicht in der Lage. Was er hier gehört hatte, das war unglaublich.
    Es wäre jetzt an der Zeit gewesen, so schnell wie möglich zu verschwinden, aber das schaffte er nicht. Er blieb auf der Stelle stehen und fühlte sich wie ein Gefangener.
    »Hast du mich nicht gehört?«
    Wieder zuckte Heinz zusammen. Dann nickte er.
    »Das ist gut«, drang die Flüsterstimme aus der Schwärze. Es folgte eine Frage, die Heinz Becker fast aus den Schuhen haute.
    »Weißt du, wer ich bin?«
    Er schüttelte den Kopf.
    Daraufhin hörte er ein leises Lachen. »Ich bin es doch. Ich bin Hajo, dein Cousin.«
    Heinz wollte schreien. Er konnte nicht. Seine Kehle saß zu, und er hörte das weitere Geflüster.
    »Du bist doch meinetwegen gekommen. Ich habe dich in deinen Träumen besucht, Heinz. Man will mich nicht mehr, aber ich bin noch lange nicht ausgeschieden, auch wenn es so aussieht. Du glaubst gar nicht, wie ich mich freue, dass du den Weg zu mir gefunden hast. Wir Beckers gehören doch zusammen.«
    »Kann sein.

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