1845 - Der Weise von Sargasso
heute ist es wieder so weit. Das Licht ist da, und wir müssen davon ausgehen, dass erneut ein Angriff erfolgt.«
»So ist es.«
»Und wer kommt?«
»Es sind Wesen, die dem Weisen gehorchen.«
»Wesen? Wie sehen sie aus?«
»Ich weiß es nicht. Ich war feige, Bill, ich habe mich immer verkrochen und darauf gewartet, dass alles vorbei ist. Das hat bisher auch gut geklappt. Und ich hoffe, dass es auch heute so sein wird.«
»Kann sein. Aber jetzt bin ich bei Ihnen. Mal sehen, ob wir da nicht was reißen können.«
»Seien Sie vorsichtig.«
»Immer, mein Lieber.«
»Und diejenigen, die zurückkehrten, haben auch von einer fremden Welt gesprochen, in der es Freude, aber auch Grausamkeit gab.«
»Hatte die Welt denn einen Namen?«
»Ich habe keinen gehört.«
»Tja, dann werde ich mir wohl selbst ein Bild machen müssen.« Bill hatte seiner Stimme einen festen Klang gegeben, was ihm schon schwergefallen war. Die Sorge um Sheila bohrte tief in ihm. Er wollte sie nicht in einem Krankenzimmer liegen sehen, in dem sich Menschen umgebracht hatten.
Etwas war anders, das war ihm klar. Hier war die Normalität von anderen Dingen überschattet worden. Es war nicht zu ändern. Bill dachte nur an Schadensbegrenzung. Er hoffte auf seine Frau, und er hoffte auch darauf, diesen Weisen von Sargasso zu sehen.
Der Reporter hielt sich nicht zum ersten Mal in den Bergen auf. Und wieder nahm er staunend zur Kenntnis, wie schnell es in den tiefen Tälern dunkel wurde. Die Dämmerung hatte einen dichten grauen Schleier über den Ort gelegt.
Bill trank noch einen kleinen Schluck und fragte: »Ist das ihre Zeit? In der Dämmerung?«
»So ist es.«
»Dann müssen wir damit rechnen, dass sie gleich erscheinen werden, um sich jemanden zu holen?«
»Genau richtig.«
»Da bin ich mal gespannt.«
»Das dürfen oder sollen Sie auch, Bill. Ansonsten wünsche ich Ihnen viel Spaß.«
»Oh, danke. Den werden wir wohl gemeinsam haben.«
»Kann sein.«
Beide schwiegen. Sie merkten auch, dass die Zeit verging, und es passierte nichts. Bill hatte sich ans Fenster gestellt und blickte auf den kleinen Marktplatz.
Auch dort tat sich nichts. Und es war auch kein Mensch zu sehen. Die Leute schienen zu ahnen, was ihnen bevorstand.
Bill wusste, dass er warten musste. Es würde sich etwas tun, davon war er überzeugt. Und er würde sich nicht verstecken. Er würde sich dem stellen.
Für ihn war es wichtig, dass er seine Frau zurückbekam. Alles andere zählte nur in zweiter Reihe.
Es vergingen einige Minuten in tiefem Schweigen. Niemand sagte etwas. Die Ruhe war wie ein Druck, der auf Bill lastete. Er wollte etwas bewegen, aber das schaffte er nicht, und so etwas ärgerte ihn.
Dann hatte er Glück. Es passierte etwas. Es war kein Schrei, der ihn alarmierte, sondern etwas, das lautlos kam.
Licht!
Blaues Licht!
Und Bill sagte mit leiser Stimme: »Ich denke, dass das Spiel jetzt losgeht, Juan …«
***
Delgado sagte nichts. Er hatte Bill aber gehört und ging auf ihn zu. An seiner rechten Seite blieb er stehen und schaute durch die Scheibe nach draußen.
»Ja«, sagte er, »ja, das ist wohl wahr. Das Licht, das blaue Licht. Jetzt weiß es jeder im Ort.«
»Und weiter?«
»Ab nun beginnt die große Angst, Bill. Daran gibt es nichts zu rütteln.«
»Können Sie das genauer beschreiben?«
»Das liegt doch auf der Hand. Die Menschen sehen das Licht, sie wissen, was es bedeutet, und sie werden versuchen, sich zu verstecken.«
»Nur in den Häusern?«
»Ja, sie werden in die hintersten Winkel kriechen und darauf warten, dass man sie verschont. Keller haben diese Häuser nicht. Es kann auch sein, dass einige versuchen, die Flucht zu ergreifen. Das würde ihnen aber schlecht bekommen.«
»Okay«, sagte Bill und schaute weiterhin zu. Er beobachtete das Licht, das sich als Strahl durch das Dorf bewegte. Aber es konnten auch mehrere Strahlen sein. So genau konnte der Reporter das nicht unterscheiden.
Der blaue Strahl fiel in einer breiten Bahn in den Ort hinein. Wie ein nach unten gekrümmter Suchscheinwerfer tastete er sich weiter und schien nach einem Ziel zu suchen.
Er fand keines, wanderte aber nicht mehr weiter, sondern zuckte hin und her, wobei er immer den ganzen Platz abschwenkte.
»Was bedeutet das?«, fragte Bill.
»Er sucht ein Opfer.«
»Aha.«
»Durch sein Verharren deutet er an, dass er es hier in der direkten Umgebung vermutet.«
»Das ist nicht schön. Und ich kann mir auch vorstellen, wer das sein
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