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1846 - Kreise

Titel: 1846 - Kreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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weggegangen?"
    Ihr Vater streckte den Kopf zur Tür herein. Er zog mißbilligend die Brauen hoch, schwieg aber zu dem Durcheinander.
    „Weiß nicht", sagte das Mädchen kurz.
    „Was machst du da, Schatz?"
    „Nichts."
    „Nichts? Das ist deine Seidenbluse für Feier..." Zu spät. Mit einer blitzschnellen Bewegung hatte Ilara das mit weganischer Spitze verzierte Stück in einen Putzlappen verwandelt.
    „Mum hat dir nicht gesagt, daß sie weggeht?"
    Illie kritzelte unbeirrt weiter. Aber schon nach wenigen Sekunden stieß sie ein unzufriedenes Brummen aus und fegte die Bluse zur Seite.
    „Ich muß es schaffen."
    „Was? Was mußt du schaffen?"
    Ihre Augen wurden größer, als sie ohnehin schon waren. Es sah aus, als lausche sie in sich hinein. Ihre Hände begannen zu zittern, ihr Atem ging plötzlich stoßweise und keuchend.
    Ronald Clandor verstand nicht, was mit seiner Tochter geschah. Erst als Schweiß auf ihrer Stirn perlte, begriff er, daß sie unter Schock stand. Was diesen Zustand ausgelöst hatte, entzog sich jedoch seinem Zugriff.
    Bevor er Illie erreichte, reagierte sie übergangslos wieder völlig normal. Als wäre überhaupt nichts gewesen.
    „Sybil war da", sagte sie. „Mum und Sybil sind zusammen weggegangen."
    Ron nickte knapp. Das hatte er sich fast gedacht.
    „Dir geht es wirklich gut?" fragte er besorgt.
    „Natürlich", versicherte Ilara sofort. „Mir ist es nie besser gegangen." Trotzig schob sie das Kinn nach vorne. „Ich komme nur hier nicht weiter. Hilf mir, Dad!"
    „Was willst du machen? Ich habe noch einen Packen Folie, die kannst du haben."
    Illie zog die Nase hoch. „Ich, ich weiß nicht. Es muß groß sein ... und schön ... und ..."
    Der Stift flog in die Ecke. Polternd stürzte der Schreibtischstuhl um, weil Ilara ruckartig aufsprang und ihm einen wütenden Tritt verpaßte. Laut schreiend warf sie sich aufs Bett und begann, mit Armen und Beinen um sich zu schlagen.
    „Geh weg!" brüllte sie ihren Vater an, als er sie besänftigen wollte. „Laß mich in Ruhe! Ich muß bauen, bauen, bauen ..."
    Mit einem Fuß erwischte sie Ron voll in der Magengrube. Der Tritt war so heftig, daß ihm ungewollt die Hand ausrutschte. Es klatschte vernehmlich. Für einen kurzen Augenblick war Illie still, wie erstarrt, dann brüllte sie lauter als zuvor.
    Ronald rang nach Luft und starrte seinen Handrücken an. Die Knöchel schmerzten von dem Schlag, den er Ilara verpaßt hatte. Nein, das hatte er nicht gewollt.
    „Hör auf, Schatz", bat er.
    Es war sinnlos. Ilara hörte ihn überhaupt nicht. Zweifellos würde er erst dann vernünftig mit ihr reden können, wenn sie sich ausgesponnen hatte. Es sah nicht danach aus, als würde das rasch der Fall sein.
    Im Gehen sammelte Ron einige der bekritzelten Blätter auf. Es waren wirre Zeichnungen, wie von einem Kleinkind, das zufällig einen Stift ergattert hatte und wild drauflosmalte. Illie hatte schon anderes zuwege gebracht, proportional stimmige Bilder von Menschen und. Außerirdischen, aber das hier war nur wüstes Gekritzel. Und was war nur in sie gefahren? Sie hatte wichtige Urkunden beschmiert. Morgen würde er mit ihr darüber reden müssen.
    Einundzwanzig Uhr inzwischen.
    Ron nahm ein Glas Vurguzz aus der Getränkeausgabe und schaltete den Sessel auf Rückenmassage.
    Schon während der Trividnachrichten spürte er, daß seine Lider schwer wurden. Nur am Rande bekam er mit, daß zur Zeit auf einem der verkehrsreichsten Plätze im Zentrum von Trade City das Chaos herrschte. Einige hundert Personen hatten sich offenbar spontan zusammengefunden und begonnen, mit primitiven Mitteln eine bizarre Skulptur zu errichten. Zwei Lastengleiter blockierten den bodengebundenen Verkehr. Fleißige Hände waren soeben im Begriff, Stahlträger und andere Bauelemente abzuladen.
    Halb schläfrig registrierte Ronald Clandor, daß ein Reporter wahllos Passanten aus der Menge herauspickte und mit Fragen bombardierte.
    „Warum bist du hier?"
    Ein verständnisloser Blick. „Ich muß", lautete die ebenso lapidare wie unverständliche Antwort.
    „Und du?"
    „Es genügt mir nicht mehr, nur zu zeichnen. Hier kann ich mithelfen, eine großartige Zukunft zu gestalten."
    „Von wessen Zukunft sprichst du?"
    Ein verwirrtes Stammeln, dann wandte der Gefragte sich jäh ab und tauchte in der Menge unter. Die Optik erwischte ihn Sekunden später dabei, wie er ein Antigravplättchen an einem Träger anbrachte und diesen zu dem entstehenden Gerippe hinüberwuchtete.
    Ordnungskräfte

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