1846 - Lockvogel Larissa
ihn gehört. Als er das sah, sorgte er dafür, dass wir mithören konnten.
Es sprach ein Mann, und seine Stimme klang sehr aufgeregt. »Ja, die hat mich sogar zur Seite gestoßen. Sie konnte nicht schnell genug in ihren Wagen einsteigen, was sie auch geschafft hat.«
»Haben Sie gesehen, wohin sie gefahren ist?«
»Nach Norden. Das ist alles.«
»Danke für Ihre Information.«
»Keine Ursache.«
Der Kollege steckte sein Handy wieder weg und gab eine kurze Erklärung ab. So erfuhr ich, dass der Zeuge in der Nähe gewesen war und sich am Empfang gemeldet hatte, weil er auch von unserer Suche gehört hatte.
»Bei einem Wohnmobil stehen die Chancen besser, Mister Sinclair. Mal sehen, ob wir es finden.«
»Ich drücke uns die Daumen.«
»Und was ist mit Ihnen?«
»Ich lasse Sie jetzt wieder allein.«
Er bekam große Augen. »Aber Sie bleiben doch mit am Ball? Oder täusche ich mich da?«
»Keine Sorge. Auch wir mischen mit.«
»Gut, dann hören wir voneinander.«
»Bestimmt. Und grüßen Sie den Kollegen Fox, der hoffentlich durchkommen wird.«
»Das werde ich gern machen.«
Wir winkten einander zu, dann war ich weg.
***
Larissa saß hinter dem Lenkrad und fuhr. Am liebsten hätte sie Vollgas gegeben, aber das konnte sie nicht machen. Erstens herrschte zu viel Verkehr und zweitens hätte sie auch gar nicht so schnell fahren können. Wichtig war, dass sie einen großen Raum zwischen sich und der Polizei bringen konnte. Und dann durfte sie den Wagen auch nicht zu lange fahren. Sie musste damit rechnen, dass man ihre Flucht beobachtet hatte und den Wagen jetzt suchte.
Sie ärgerte sich über sich selbst. Sie hätte ihrem Trieb nicht nachgeben dürfen. Sie hatte sich plötzlich auf den Polizisten gestürzt. Sie hatte ihn töten wollen, um sich dann zu sättigen, aber das war ihr alles nicht gelungen.
Hinzu kam noch etwas.
Sie hatte in diesem Zimmer etwas gespürt, das sie als feindlich einstufte. Eine Atmosphäre, die sie nicht mochte, die aber auch nicht von demjenigen gekommen war, mit dem sie gesprochen hatte. Da war noch jemand anderer gewesen, der ihr nicht aufgefallen war. Aber sie hatte etwas gespürt.
Einer, der ihr gefährlich werden konnte. Einer, den sie allerdings nicht kannte. Ein Unbekannter also, der ihr möglicherweise jetzt auf den Fersen war.
Wohin mit dem Wagen?
Sie musste ihn so schnell wie möglich loswerden, um sich dann in ihrem Apartment zu verstecken. Es befand sich in einem anonymen Hochhaus. Wer hier wohnte, der kannte kaum seinen Nachbarn, und das war ihr lieb.
Und das Wohnmobil? Abstellen. Irgendwo auf einem Parkplatz oder einfach am Straßenrand. Sie wusste es nicht, sie überlegte und suchte noch, und sie hatte auch das Glück, dass sie in einer Seitenstraße einen freien Parkplatz fand. Direkt neben einer Mauer. Was hinter ihr verborgen lag, das interessierte sie nicht. Sie wollte weg, sich verstecken und abwarten. Sie würde auch keine Freier mehr empfangen, denn dafür war das Wohnmobil vorgesehen.
Larissa schlug noch mal gegen die Karosserie, als sie ausgestiegen war, dann machte sie sich auf den Weg. Schade um den Wagen. Er hatte ihr gute Dienste geleistet, aber lange würde sie nicht ohne bleiben, das nahm sie sich fest vor.
Bis zu ihrem Apartment hätte sie auch mit der U-Bahn fahren können, was sie nicht wollte. Ein Taxi war besser. Außerdem wollte sie nicht mit zu vielen Menschen zusammen sein.
Ein Taxi war schnell gefunden. Der Fahrer zog sie fast mit seinen Augen aus, als sie einstieg. Das war sie gewohnt, und darum kümmerte sie sich nicht weiter.
Sie musste nachdenken. Es sollte eine Zukunft für sie geben, und die wollte sie entsprechend gestalten. Ob sie das schaffte, wusste sie nicht, aber sie hoffte es …
***
Als ich das Büro betrat, schaute Glenda mich mit einem seltsamen Blick an.
»Da hast du ja noch mal Glück gehabt«, meinte sie.
»Was meinst du damit?«
»Ich denke an einen weiblichen Ghoul, der es sogar schafft, Männer um den Finger zu wickeln.«
»Soll sie. Bei mir hat sie Pech gehabt.«
»Hattest du denn Kontakt mit ihr?«
Ich schüttelte den Kopf. »So kann man das nicht nennen, Glenda. Ich habe sie gesehen, aber sie sah mich nicht, glaube ich. Dann wollte ich sie mir allein vornehmen, aber da hatte ich mich geirrt. Da war sie besser, als ich es gedacht hatte.«
»So sind wir Frauen nun mal …«
Ich wollte mich auf keine weiteren Diskussionen einlassen und ging in mein Büro, wo Suko schon hockte. Er war dabei zu
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