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1852 - Die Galornin

Titel: 1852 - Die Galornin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Chiriatha", kam es wie von ferne. „Du wirst wirre und schlimme Träume haben, doch sie werden deinen Geist reinigen. Du wirst aufwachen und schreien, weil du die Träume nicht mehr ertragen kannst. Dann wirst du mich an deinem Bett sitzen sehen, Kaif. Ich möchte dich auf deinen Schritten ins Erwachsenendasein begleiten. Ich weiß nicht, ob es mir gelingt, denn noch nie in meinem ganzen Leben sah ich ein Kind so geschlagen aus dem Schacht zu uns herüberkommen wie dich. Du bist in Sicherheit, Kaif, hörst du? Daran mußt du immer denken. Du bist in Baaken Bauu, und du wirst leben."
    „Wozu denn?" waren die ersten Worte, die über ihre Lippen kamen.
    Sie drehte den Kopf zu ihm um und wollte die Frage wiederholen. Doch da senkte sich der samtene Schleier des Schlafes auf sie herab und nahm ihr für viele gnädige Stunden die Qualen der Leere und des Nichtwissens, wer sie war und wozu sie war.
     
    *
     
    Als sie zum erstenmal aufwachte, lag sie in einem Bett, mit zerwühlten Decken und nassen Laken. Sie hatte schreckliche Dinge geträumt, von Dauw und von dem Drachen und von einer Frau, die Galornenschiffe befehligte und in den Kampf gegen andere Galaxien und Völker schickte. Sie hatte ihr furchtbare Angst gemacht. Das Gesicht dieser schrecklichen Frau hatte sie nicht sehen können, es war wie ein schwarzer Schatten.
    Das Gesicht des Galornen, der bei ihr Wache hielt, erkannte sie dagegen wieder. Wie war sein Name gewesen? Muum Dugesm? Er mußte sie hierhergebracht haben.
    Sie war ganz allein in einem Raum, nicht so wie in der Stadt der Kinder mit vier anderen zusammen.
    „Es ist alles gut, Kaif", sagte der Ältere. „Du hast vier Tage geschlafen. Dein Körper hat sich weitgehend erholt, jetzt kommt es darauf an, daß sich dein Geist regeneriert."
    Sie sah, daß sie an einige Geräte angeschlossen war, von denen dünne Schläuche Flüssigkeiten in ihren Leib führten.
    „Ich ... möchte das nicht", sagte sie.
    Muum Dugesm lächelte zum erstenmal, seit sie ihn kannte.
    „Du zeigst Lebenswillen", sagte er. „Du glaubst, daß du es allein schaffen wirst. Ich freue mich, Kaif.
    Aber du bist nicht die erste, die ich auf dem Weg in das neue Leben geleiten darf. Ich weiß daher, daß du noch viel, viel mehr Schlaf benötigen wirst. Ich möchte dir einige Dinge sagen, solange du wach bist, damit du deine Träume besser zu deuten vermagst."
    Früher hätte sie aufgeschrien, wenn ihr jemand - ein Erzieher - so hochgestochen und gebalsamt dahergekommen wäre.
    Jetzt registrierte sie fast dankbar die höflichen Formen der Rede des älteren Galornen. Überhaupt fühlte sie nicht mehr die Distanz, die sie stets allen Erwachsenen gegenüber gespürt und aufrechterhalten hatte. Die Unterschiede von dem hinter Schleiern verborgenen Früher waren nicht mehr vorhanden. Sie sah in Muum Dugesm keinen Feind.
    „Du darfst ruhig wieder einschlafen, während ich zu dir rede", sagte Dugesm. „Du wirst es dennoch hören. Ich will dir etwas über die Kindheit und Jugend der Galornen sagen, Kaif, damit du die Zusammenhänge begreifst und im Schlaf verarbeiten kannst."
    „Zusammenhänge?" flüsterte sie. Irgendwo tief in ihr erwachte so etwas wie Neugier. Eine noch winzige Flamme, aber sie hatte soeben begonnen zu brennen.
    „Nur diejenigen, die dich momentan direkt betreffen." Dugesm lächelte."Später, wenn du wieder gelernt hast, an das Leben zu glauben, werde ich dich in vieles mehr einweihen, was ihr in der Stadt der Kinder nicht gesagt bekommen habt. Vorerst sollst du nur wissen, daß die Galornen nicht immer so friedfertig waren wie heute. Sie mußten ihre immense Aggressivität besiegen und lernen, in Frieden zu leben, um sich nicht selbst als Volk auszulöschen. Doch in den Kindern ist diese Aggressivität noch vorhanden. In den ersten Jahren dürfen sie sie frei ausleben. Danach, in der Stadt der Kinder, ist es die Aufgabe der Erzieher, sie zu kanalisieren und Mord und Totschlag untereinander zu verhindern."
    „Aber sie sind so schwach", dehnte Kaif müde und gleichzeitig gierig nach jedem weiteren Wort. „So hilflos."
    Sie hatte recht gehabt mit der Vergangenheit der Galornen und den Lügen der Erzieher - ein ganz leiser, vorsichtiger Triumph.
    „Gleichzeitig", fuhr Dugesm fort, „erhalten die Kinder bereits dosierte Gaben des Hormons Kasch-Phee - du erinnerst dich, zu jeder Mahlzeit. Das Kasch-Phee stammt von einem Planeten namens Tasch-Term und wird von den dort lebenden Tasch-Ter-Man auf biologischem Weg produziert.

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