1865 - Zeit des Terrors
jede Grausamkeit zutrauen mußten.
Kaif verbrachte auch die letzten Stunden in ihrem Haus. Sie trug nun einen der gelben Schutzanzüge, auf die sie sich schwarze Schulter- und Brustembleme hatte schweißen lassen. In einem großen, breiten Gürtel waren Taschen untergebracht, und in einer dieser Taschen konnte sie hervorragend ihren Energiestrahler verbergen.
Einer Eingebung folgend, zog sie sich noch einmal allein auf ihr „Sternenzimmer" zurück und legte sich wieder auf den Rücken. Sie wollte noch einmal versuchen, in sich einzutauchen.
Sie wollte sehen, wie tief sich die Geister von gestern in ihr verkrochen hatten oder ob sie ihren Körper und ihre Seele endlich freigegeben hatten.
Nach einer Weile stieß sie auf sie; zuerst Ce Rhioton, dann Muum Dugesm, Seda Goloer, ihre Kindheitsfreundin Dauw ...
Gib es auf, Kaif, appellierte Rhioton an sie. Kehr um, komm zu uns zurück. Deine Aufgabe ist es, den Frieden zu bringen und nicht Krieg und Zerstörung.
Du hattest Zeit genug, Bote von Thoregon, dachte sie als Erwiderung. Warum hast du es nicht getan?
Wenn du nur wüßtest, hörte sie aus sich heraus. Ein schrecklicher Gegner versucht uns zu vernichten, und du bist auf dem besten Wege, ihm dabei zu helfen!
Kaif, erklang die mentale Stimme von Dauw Cballah. Tu es für reich! Komm zurück auf die richtige Seite!
Ja! Das war Seda Galoer. Ich nehme es dir nicht übel, mich getötet zu haben. Ich war es ja selbst, die mit dem Messer zu dir kam.
Das höre ich mir nicht länger an! sagte Kaif Chiriatha in ihren Gedanken und floh.
Zurück an die Oberfläche, zurück in die wirkliche Welt, wo sie sich stark schwitzend und mit rasendem Herzen wiederfand.
Sie ging in die Kabine und reinigte sich. Als sie dann in den Kom-Raum zurückkam, war sie gefaßt wie immer.
Sie ließ sich vom Syntron Pool Tammen erschaffen und beratschlagte mit ihm.
„Ich habe dir von Pega Mrion und seinen Verrätern erzählt", sagte sie. „Du weißt also, daß sie mit fünf Schiffen der Sternenflotte geflohen sind. Meine Frage an dich lautet: Kann die KEMPEST sie aufspüren, wenn ich mit ihr zur Verfolgung aufbreche?"
„Das kann sie" antwortete das Kunstgeschöpf. „Die KEMPEST kennt alle anderen 18.000 Schiffe der Flotte. Solange Pega Mrion mit seinem gestohlenen Kriegsschiff im Normalraum und noch innerhalb Plantagoos ist, wird sie seine Position erkennen."
Kaif lehnte sich zufrieden zurück.
„Das ist gut. Ich werde in ... zwei Stunden aufbrechen, also drei Stunden früher als die anderen Galornen. Ich werde sofort mit der KEMPEST losfliegen, während sich die anderen erst viele Stunden lang auf die Schwarze Flotte verteilen müssen. Wenn wir großes Glück haben, bin ich sehr bald wieder zurück, um die Flotte nach Plantagoo zu führen. Mein Stellvertreter wird keine große Arbeit damit haben, die Aufbruchwilligen solange ruhig und in Schach zu halten."
„Hast du schon jemand zum Stellvertreter bestimmt?" fragte Tammen.
Kaif sah ihn eindringlich an.
„Wenn ich wüßte, daß du dir das zutraust - natürlich nur von hier aus ..."
„Ich traue es mir zu", sagte die Nachbildung des ehemaligen Flottenführers.
„Dann ist es gut", sagte Kaif und lächelte kalt. „Dann ist es sehr gut ..."
Kurz darauf gab sie den vollkommen verblüfften Ratsmitgliedern den Namen ihres Stellvertreters bekannt.
*
Sie betrat die KEMPEST und spürte sofort wieder die übermächtige Aura des Bösen, die über ihr zusammenschlug und ihr Herz einen Moment stillstehen ließ. Natürlich empfand sie die Aura des Kampfes und der Zerstörungswilligkeit nicht als „das Böse"; dieser Begriff soll nur der Vereinfachung von mannigfachen Ausstrahlungen und Gefühlen dienen, die sich mit Worten unserer Sprache kaum beschreiben ließen.
Sie hatte sich entschlossen, die KEMPEST vorerst allein zu steuern. Als Mannschaft hatte sie hundert Galornen mitgenommen. Sie nahm Kontakt zudem Schiff auf und ließ sich von ihm bestätigen, daß es die Raumer von Pega Mrion und den anderen Verrätern jederzeit finden würde, solange sie sich im Normalraum bewegten.
Kaif Chiriatha wußte natürlich, daß sie ihren ganz persönlichen Rachefeldzug eigentlich der Sache unterzuordnen hatte, als deren Feldherrin sie sich fühlte.
Andererseits sagte sie sich, daß es nicht falsch sein konnte, vor dem großen Aufbruch die Kampfkraft der Schwarzen Schiffe persönlich testen und einschätzen zu können.
Anfangs unendlich langsam, dann immer schneller werdend, erhob
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