188 - Der Rattenkönig
wirklich erleben !«
»Wenn du schon mal hier bist, solltest du die Gelegenheit nützen und auch gleich etwas gegen deinen Dachschaden unternehmen«, meinte Raymond grinsend.
»Das war verdammt nicht lustig, Tom, und es kommt noch etwas hinzu: Während der Visite starrte mich Dr. Hodac genauso an wie… wie… diese Ratte!«
***
»Wie geht es meiner Tochter?« fragte der grauhaarige, etwas übergewichtige Chefarzt schmunzelnd.
»Gut«, antwortete Philip Hodac knapp.
»Ich bekomme sie kaum noch zu Gesicht«, beschwerte sich Don Pidgeon. »Ich verstehe ja, daß sie verliebt ist, ich war ja schließlich auch einmal jung und von dieser gräßlichen Krankheit befallen, aber sie könnte mich wenigstens mal anrufen.«
»Ich sag’s ihr.«
Dr. Pidgeon musterte seinen zukünftigen Schwiegersohn eingehend. »Sie überfordert dich hoffentlich nicht. Ein Chirurg braucht eine ruhige Hand.«
»Die habe ich.«
»Heute mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden?« erkundigte sich der Chefarzt verständnisvoll lächelnd. »Solche Tage gibt es. Ich möchte dich nur bitten, es dir bei den nächsten Visiten nicht mehr anmerken zu lassen. Du verschreckst mir sonst noch alle Patienten. Und wir können es uns nicht leisten, ihr Vertrauen zu verlieren.«
Das Telefon läutete, und Dr. Hodac nahm die Gelegenheit wahr, das Büro des Chefarztes zu verlassen. Er holte sich Insulin und zog es in eine Einwegspritze.
Sie war für Mike Totter bestimmt.
Rat-Tar wollte diesem Patienten sterben helfen , und Dr. Philip Hodac war sein verlängerter Arm!
***
»Jetzt ist er total übergeschnappt!« stöhnte Tom Raymond und griff sich kopfschüttelnd an die Stirn. »Wie kann ein Mensch dich wie eine Ratte ansehen? Sag mal, tickst du nicht richtig?«
»Dr. Hodac sah mich an, als würde er mich hassen.«
»Jetzt weiß ich Bescheid«, sagte Raymond grinsend. »Sobald deine Operationsnarbe verheilt ist, überstellen sie dich in die psychiatrische Abteilung und rücken deinem ausgewachsenen Verfolgungswahn zuleibe.«
Totter winkte ab. »Mit dir kann man nicht reden. Bei dir sind eine Menge Schrauben locker.«
»So. Findest du? Naja, Hauptsache, du bist normal, nicht wahr?«
Schwester Loretta brachte den Patienten Tee.
»Ein wunderschöner antiseptischer Tag heute, was?« begrüßte Raymond sie. »Ich liebe und genieße den Aufenthalt hier, Schwester Loretta. Draußen hat sich noch nie jemand in dieser bemerkenswert aufopfernden Weise um mich gekümmert. Ich glaube, ich werde eine Verlängerungswoche buchen - allein schon Ihretwegen.«
Die Krankenschwester lachte. »Andere sind froh, so bald wie möglich wieder nach Hause gehen zu dürfen, und Sie…«
Totter sagte nichts, er wies nur mit dem Daumen auf seinen Bettnachbarn und tippte sich dann verstohlen an die Stirn.
Plötzlich fror sein Gesicht ein. Er hatte zufällig an der Schwester vorbei zur Tür gesehen. Sie war offen. Dr. Hodac stand im Rahmen, und er starrte ihn wieder mit diesem schrecklich durchdringenden Blick an.
Tom kann sagen, was er will, dachte Totter aufgeregt. Dieser Mann haßt mich!
***
Wir hatten uns in der Nähe der Klinik umgesehen, waren den Weg, den die von Cruv verletzte Ratte eingeschlagen hatte, zurückgelaufen, hatten auf Tucker Peckinpahs großem Anwesen und im Haus gründlich nach schwarzen Spuren gesucht - wobei Mr. Silver seine übernatürlichen Fähigkeiten einsetzte -, jedoch nichts gefunden, was uns weitergebracht hätte.
Woher kamen die Ratten? Wurden sie von jemandem befehligt? Wenn ja, wo verbarg er sich? Wohin war unser Freund Tucker Peckinpah verschleppt worden?
Mit einem Wust von Fragen, die wir nicht beantworten konnten, fuhren wir nach Hause.
Ich bot Cruv an mitzukommen, denn genaugenommen gab es keinen Grund, weshalb er allein in Peckinpahs Haus blieb, aber der Gnom sah das Gebäude als sein Zuhause an und wollte es nicht verlassen.
Unsere Stimmung war nicht gerade euphorisch, als wir nach Hause kamen. Mr. Silver schlug vor, die Sache zu überschlafen. »Morgen kommt uns vielleicht die zündende Idee«, meinte er.
Ich war sicher, kein Auge zutun zu können, und ich lag tatsächlich sehr lange wach, während Vicky neben mir friedlich mit tiefen, regelmäßigen Atemzügen schlief.
Erst als der Morgen graute, fielen mir die Augen zu. Wenig später weckte mich Mr. Silver. 45 Minuten danach verließen wir das Haus am Trevor Place.
Wir begaben uns zu Cruv. Er hatte den Schaden am durchnagten Hauptstromkabel inzwischen behoben, und wir
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