188 - Der Rattenkönig
alles. Zum Beispiel auch, daß du der nächste bist!«
Bei diesen Worten krümmte sich der Mann. Er wurde zu einer Kugel, schrumpfte, schwebte hoch, und Raymond hatte einen grauenerregenden Totenschädel vor sich.
»Hast du gehört?« knurrte Rat-Tar. »Du bist der nächste!«
»Neiiin!« Mit diesem verstörten Angstschrei schreckte Tom Raymond aus seinem Alptraum hoch und stellte erleichtert fest, daß er allein war.
Das Nachthemd klebte klatschnaß auf seiner Haut. Er zitterte und hatte Angst, denn er glaubte die Aussage seines furchtbaren Traums: Er würde enden wie Mike Totter!
***
Mr. Silver hatte die magische Lockspur gelegt, nun blieb zu hoffen, daß die Ratten so darauf reagierten, wie wir es von ihnen erwarteten. Würden sie der Spur bis in den abgemauerten Kanalstollen folgen, wenn sie erst einmal darauf gestoßen waren?
Wir lagen im Keller hinter einer großen Betonmauer auf der Lauer.
»Ratten sind angeblich intelligente Tiere«, sagte ich.
»Es wäre auf jeden Fall ein Fehler, Rat-Tars Nager zu unterschätzen«, gab Mr. Silver zurück.
Würde die Versuchung, der magischen Spur zu folgen, groß genug sein, oder würden die Ratten das falsche Spiel durchschauen? Und da war ja auch noch Rat-Tar, der die Tiere warnen konnte.
Unsere Erfolgsaussicht stand auf ziemlich wackligen Beinen.
Der Ex-Dämon wagte einen Blick zur Treppe, und im nächsten Moment gab er mir mit Handzeichen zu verstehen, daß der Trick funktionierte.
Ich riskierte ebenfalls ein Auge und sah eine Ratte die Stufen hinunterlaufen. Sie blieb immer wieder kurz stehen, um zu schnüffeln, dann lief sie weiter, auf die Wendeltreppe zu.
Eine zweite, dritte, vierte Ratte tauchte auf. Die ersten waren noch vorsichtig, doch die anderen waren dann schon vertrauensselig. Sie blieben kaum noch stehen, strebten eifrig unserer Falle und ihrem Verderben zu.
Wir bewegten uns nicht, denn wenn uns die Tiere zu früh bemerkt hätten, wäre es nicht möglich gewesen, sie einzuschließen, und das war die Voraussetzung für ihren gemeinsamen Untergang.
Etwas an dieser Spur, die Mr. Silver gelegt hatte und die nicht zu sehen war, schien ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu verlangen.
Kurze Zeit war die Treppe mit Rattenleibern zugedeckt.
Macht schon, macht! dachte ich ungeduldig. Beeilt euch!
Der Rattenstrom riß ab, der letzte Nager lief die Wendeltreppe hinunter. Mir lachte das Herz im Leibe. Jetzt haben wir sie! schrie es in mir.
Ich stürmte los, packte mit beiden Händen die schwere Metalltür und schleuderte sie zu. Riegel vor! Die Ratten saßen fest!
Jetzt war Mr. Silver dran. Er drehte an einem großen Schieberrad, und das Wasser begann zu rauschen. Es strömte aus einem schenkeldicken Rohr in den abgemauerten Kanalstollen und war versetzt mit Silbermagie, die der Ex-Dämon durch das Rad einfließen ließ.
Ich stand auf der Tür und hörte die wütenden Pfiffe der schwarzen Ratten unter mir. Ihre Körper trommelten gegen die Tür wie Popcorn gegen den Pfannendeckel.
Sie versuchten auszubrechen, konnten das jedoch niemals schaffen.
Ihre scharfen Zähne schabten über die Ziegel, und ich glaubte zu hören, wie sie den Mörtel aus den Fugen kratzten. Die Zeit würde nicht reichen, denn das Wasser schoß mit hohem Druck in den unterirdischen Raum und stieg sehr schnell.
Teil eins des Mr.-Silver-Planes funktionierte hervorragend!
***
Ich bin der nächste! dachte Tom Raymond verzweifelt. Dieses widerliche Gesicht hatte es gesagt, und er glaubte ihm. Wie soll ich mich schützen? fragte sich Raymond aufgeregt. Die Angst war sogar größer als das Serum, das man ihm injiziert hatte. Er schlief nicht wieder ein. Ich brauche Hilfe! dachte der Patient zitternd. Allein stehe ich das nicht durch, aber an wen soll ich mich wenden?
Mr. Silver fiel ihm ein. Er kannte den Namen dieses Krankenpflegers nicht, glaubte aber, daß er ihm helfen würde. Der Mann sah nicht nur vertrauenerweckend aus, er hatte außerdem etwas an sich… etwas Undefinierbares.
Raymond läutete, und Augenblicke später erschien eine junge, zierliche Krankenschwester. Erster Klasse wurde man rascher und freundlicher ›bedient‹.
»Was kann ich für Sie tun, Mr. Raymond?« erkundigte sich die Schwester. Sie hatte einen Teint wie Milchkaffee und dunkle, fast schwarze Augen.
»Ich möchte mit diesem großen Krankenpfleger reden«, stieß Tom Raymond nervös hervor.
Die Schwester schaute ihn nachdenklich an.
»Seine Haare glänzen wie Silberfäden«, sagte Raymond. »Er hat
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