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189 - Die Regenbogenschlange

189 - Die Regenbogenschlange

Titel: 189 - Die Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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Rover hinüber, der Sicherheit bot. Aber er wollte nicht von diesem magischen Ort weg. Hier war es gewesen, hier hatte man ihn ausgesetzt. Truganis Beschreibungen passten genau, und auch die Karte hatte ihren Dienst geleistet. Dazu kamen seine Träume. Er hatte von diesem Ort geträumt. Keine drei Schritte entfernt stand der Eukalyptusbaum mit der abgerollten Rinde. Chris war es, als wolle dieser Baum ihm seine Geschichte erzählen.
    Er musste hier schlafen und auf seinen nächsten Traum warten. Du bist wahnsinnig, hörte er Joeys Stimme in seinem Kopf. Total verrückt. Du bist kein Auserwählter, Chris Parker, nur ein junger Mann, der langsam durchdreht. Fahr heim.
    Fahr zurück nach Sydney und such dir Hilfe.
    Chris zog die Knie dicht an seinen Oberkörper und umschlang sie mit den Händen.
    »Yurlunggur«, flüsterte er in die Nacht.
    Nur die Grillen antworteten ihm, das Zirpen und Rascheln in Gräsern und Sträuchern.
    Er wartete, bis die Taipanschlange fort war, dann legte er sich auf die Decke an einen Felsen. Die Geräusche der Nacht ängstigten ihn nicht. Er war dort, wo er hingehörte.
    Chris spürte, wie er in den Schlaf hinüber glitt. Ihm war leicht schwindlig, und die Geräusche der Wüste wurden leiser.
    Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als sein Bewusstsein sich plötzlich wieder meldete. Er stand an dem Wasserloch. Vor ihm richtete sich die größte Schlange auf, die er je erblickt hatte. S-förmig erhob sie sich über Sand und Gras. Ihre Augen waren auf seiner Höhe. Es war noch immer Nacht. Wolken trieben über den Himmel und löschten die Sterne aus. Ein fahler Mond stand über ihnen, wie ein unheimliches Auge.
    Chris war allein mit der Schlange an diesem schicksalsträchtigen Wasserloch. Von Angesicht zu Angesicht standen sie sich gegenüber. Die Schuppen des Tieres schillerten weiß und bunt zugleich. Wie ein Schauer, der über einen Körper fährt, wechselten sie die Tönung. Saphirblau, glutrot und smaragdgrün liefen in zarten Abstufungen über die glänzenden Schuppen. Ihr Leib sah aus, als sei er feucht, aber Chris wusste, wie trocken sich Schlangenhaut anfühlte. Er trat näher.
    Sie streckte ihm ihren Kopf entgegen und zischte säuselnd, als wolle sie ihm etwas zuflüstern. Lange Fangzähne ragten aus ihrem Maul. Ihr Körper hatte nun die Farbe von Perlmutt.
    Mondstein und milchigflockiger Opal vereinten sich auf dem glatten Körper.
    »Bist du Yurlunggur?«, fragte Chris zitternd. Die Anmut und Schönheit der Schlange machten ihn zu einem staunenden Kind. Gleichzeitig hatte er Angst.
    Es ist nur ein Traum, sagte er sich. Du träumst, Chris. Und dann: Wach nie mehr auf.
    Der dreieckige Kopf der Schlange fuhr auf ihn zu. Sie glitt lautlos durch den Sand. Schon rieb sie ihr Gesicht an seiner Wange. Chris wagte es nicht, sich zu bewegen. Ihr schwerer Leib wand sich um ihn herum. Chris berührte die schillernden Schuppen. Er spürte das Mal an seiner Schläfe wie eine frische Verbrennung.
    »Was tust du?«, flüsterte er schwach, während sie ihn umschlang. Sie wand sich zärtlich um ihn, mit großer Vorsicht, als habe sie Furcht, ihn zu zerbrechen.
    Dann zog sie ihre Muskeln zusammen. Ihr Gewicht nahm immer weiter zu, je mehr er davon tragen musste. Gemeinsam stürzten sie zu Boden. Wollte sie ihn also doch erwürgen?
    Chris begann sich zu wehren. Er packte den runden Leib um seinen Brustkorb, wohl wissend, dass das kaum einen Sinn hatte. Wenn sie es wollte, könnte sie ihm die Rippen wie Zahnstocher brechen.
    Chris versuchte trotzdem, sich aus der Umklammerung zu winden. Seine Hände fuhren über die ebenmäßigen Schuppen, um sie durch Streicheln zu beruhigen und zu entspannen. Chris wusste nicht, wie er sich sonst gegen sie wehren sollte. Gegen einen Menschen konnte er kämpfen, das hatte er gelernt. Wie aber sollte er eine Schlange besiegen, die mehr als doppelt so groß war wie er selbst? Seine Finger wollten nach ihren Augen tasten, um sie nach innen zu drücken, aber der Kopf war unerreichbar weit fort. Mehrmals lockerte die Schlange ihre Umarmung und ließ ihn fast gehen, als sei alles nur ein Spiel, das ihr Freude bereitete.
    Zu seinem Entsetzen verspürte Chris plötzliche Erregung. Er konnte es sich nicht erklären, wie das ausgerechnet in so einem Moment geschehen konnte. Die Schlange ließ kurz von ihm ab; Chris versuchte sofort, sie wegzudrücken, versuchte davon zu kriechen – und wieder zog sich ihr Leib pulsierend um ihn zusammen. Er glaubte ein Herz schlagen zu

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